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# taz.de -- Betende Sprachassistenten: Alexas Ansprache an den Herrn
> Wenn Sprachassistenten beten können, wer oder was glaubt denn da an Gott?
> Zu einem irritierenden Vorschlag des Medienbischoffs Volker Jung.
Bild: Über der nächtlichen Stadt markiert das Kreuz einen Ort, vielleicht fü…
Wovon träumen Androide? Haben künstliche Intelligenzen eine Seele? Sind
digitale Sprachassistenten gläubige Wesen? Ist gar die Existenzphilosophie
für sie zuständig?
Lange muteten solche Fragen als Thema von Science Fiction Romanen und
Filmen an. Etwa wenn die Androiden in Ridley Scotts „Blade Runner“ von 1982
heimlich alte Fotos sammeln, weil sie sich nach Erinnerungen, einer
Kindheit und Familie sehen. Dass ein Roboter Gott zur Hilfe ruft und nicht
eher den Programmierer, schien dem Bereich der Imaginiation anzugehören.
Doch diese Einschätzung wird jetzt durch eine kleine Meldung vom Rande des
Kirchentages irritiert. Volker Jung, evangelischer Medienbischoff, redete
davon, dass es wichtig sei, dass „Alexa auch ein Gebet sprechen kann“. Er
führte als Beispiel die anglikanische Kirche an. Dort lese die
„Amazon-Sprachassistentin Alexa seit 2018 auf Kommando das Gebet des Tages
vor, bete ein Morgen- oder Abendgebet oder spreche einen Segen vor einer
Mahlzeit“, erklärte Jung der Kirchenpresse. In der Evangelischen Kirche im
Rheinland gäbe es dazu derzeit ein Pilotprojekt.
Der christliche Laie stutzt und staunt. Ist das Gebet nicht eine intime
Zwiesprache mit Gott? Setzt es nicht den Glauben an ein persönliches und
empfängliches Gegenüber voraus, dass in welcher Form auch immer man es sich
vorstellt, außerhalb des Betenden liegt? Kommt es nicht gerade darauf an,
nicht nur einen vorformulierten Wortlaut auswendig zu wiederholen, sondern
sich eben mit Vertrauen an jene göttliche Instanz zu wenden?
Und das soll jetzt ein digitaler Sprachassistent erledigen? Auf Kommando?
Betet er/sie dann für sich? Das wäre ja eigentlich in der Logik des intimen
Zwiegesprächs mit Gott. Ist die Kirche dann auch zuständig für sein
seelisches Wohlergehen? Oder springt der Sprachassistent ein für
ausgefallenes Kirchenpersonal? Wird auch hier die persönliche Ansprache in
der Zukunft an künstliche Intelligenzen ausgelagert?
Mitte Juni stellte die Postbank in einer Studie fest, dass bereits 32
Prozent der Deutschen digitale Sprachassistenten wie Apples Siri, Google
Assistant oder Alexa nutzen. Die meisten davon im Haushalt und im Auto.
Will die Kirche das jetzt als Hintertürchen nutzen, um in jedes dritte Heim
einen Weg zu finden? 21,5 Millionen Mitglieder hat die Evangelische Kirche
noch in Deutschland. Muss man beim Erwerb eines Smartphones demnächst auf
seine Religionszugehörigkeit achten?
Eine kleine Meldung, die viele Fragen aufwirft. Dabei ging es dem
Medienbischoff im Gespräch ja auch darum, dass die Sprachassistenten
Antworten finden auf Fragen nach der Service der Kirche, Fragen zur Taufe
und zu Hochzeiten beantworten kann. Service eben. Nur dass ein Gebet als
Service ein gewöhnungsbedürftiger Gedanke ist.
24 Jun 2019
## AUTOREN
Katrin Bettina Müller
## TAGS
Kirchentag 2023
Digitalisierung
Medienpolitik
Religion
DSGVO
Amazon
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Sascha Lobo
Florian Butollo
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