| # taz.de -- Spannungen mit Russland: Tausende protestieren in Georgien | |
| > Ein Duma-Abgeordneter hielt im Parlament in Tbilissi eine Rede auf | |
| > Russisch. Es kommt zu Ausschreitungen, 200 Demonstranten sind verletzt. | |
| Bild: Flucht vor Tränengas: Tausende haben vor dem Parlament in Tbilisi demons… | |
| KIEW taz | Über zehntausend Demonstranten haben in der Nacht zum Freitag | |
| versucht, das georgische Parlamentsgebäude in Tbilissi zu stürmen. Um zwei | |
| Uhr nachts ging die Polizei mit Gummikugeln, Tränengas und Wasserwerfern | |
| gegen die Protestierenden vor, die den nationalistischen | |
| Oppositionsparteien zugerechnet werden. Sie hatten zuvor versucht, mit | |
| Straßenbarrikaden die Zufahrt zum Parlament zu blockieren. | |
| Über hundert Personen seien dabei verletzt worden, schrieb die russische | |
| Tageszeitung Kommersant. Georgische Medien meldeten über 200 Verletzte, am | |
| Freitag trat der Parlamentspräsident zurück. Irakli Kobachidse habe | |
| „Verantwortung“ übernommen und sein Amt niedergelegt, sagte der | |
| Generalsekretär der Regierungspartei Georgischer Traum, der Kobachidse | |
| angehört. | |
| Auslöser war der Besuch einer russischen Delegation im Parlament zur | |
| Generalversammlung der Orthodoxie. Der Leiter und Duma-Abgeordnete Sergei | |
| Gawrilow hatte sich auf den Sitzplatz des georgischen Parlamentspräsidenten | |
| gesetzt und von dort aus seine Rede in russischer Sprache gehalten. Die | |
| Abgeordneten der georgischen Opposition verließen wütend die Sitzung, | |
| traten vor das Parlament, wo sich bereits Demonstranten eingefunden hatten. | |
| „Die georgisch-russischen Beziehungen sind wegen der russischen Besatzung | |
| von Teilen Georgiens sehr angespannt“, erklärt Paata Zakareishvili | |
| gegenüber der taz. Er war von 2012 bis 2016 in Georgien Minister für | |
| Versöhnung und Gleichberechtigung und für die Kontakte der Regierung zu den | |
| Separatisten in den abtrünnigen Republiken Abchasien und Südossetien | |
| zuständig. | |
| [1][2008 tobte dort der Kaukasuskrieg] zwischen der georgischen Armee und | |
| durch Russland unterstützte Milizen. Über 800 Menschen starben, fast | |
| 160.000 flüchteten. Unter Führung des damaligen französischen Präsidenten | |
| Nicolas Sarkozy vermittelte die EU, der Krieg endete nach fünf Tagen. Bis | |
| heute unterstützt Russland die Republiken auch militärisch und schafft | |
| beispielsweise durch Straßenbau immer wieder Fakten, sodass sich die | |
| russische Grenze zunehmend ins Innere von Abchasien und Südossetien frisst. | |
| ## „Die Machthaber werden einen hohen Preis bezahlen“ | |
| Für die meisten Menschen in Georgien stellt Russland deshalb ein rotes Tuch | |
| dar. Es sei deshalb ein Fehler und unüberlegt gewesen, eine „zwielichtige“ | |
| russische Konferenz nach Tbilissi in das Parlament einzuladen, findet | |
| Zakareishvili. Der Ex-Minister befürwortet vor diesem Hintergrund wie die | |
| Demonstranten den Rücktritt von Parlamentspräsident Irakli Kobachidse. „Die | |
| Machthaber werden für diese Veranstaltung und das harte Vorgehen gegen die | |
| Demonstranten einen hohen Preis bezahlen müssen“, ist sich Zakareishvili | |
| sicher. | |
| Noch am Abend hatte der ehemalige georgische Präsident und Chef der | |
| georgischen Oppositionspartei „Nationale Einheitsbewegung“, der in der | |
| Ukraine mit ukrainischem Pass lebende Michail Saakaschwili, die georgische | |
| Polizei aufgerufen, die Befehle der Regierung zu verweigern „und sich auf | |
| die Seite des Volkes zu stellen“. Die Regierungspartei „Der georgische | |
| Traum“ und deren Chef Bidsina Iwanischwili seien prorussisch. | |
| ## Russland als „Feind und Besatzer“ | |
| Dem widersprach die amtierende georgische Präsidentin Salome Surabischwili, | |
| die wegen der Proteste vorzeitig von einem Staatsbesuch aus Weißrussland | |
| nach Georgien zurück gereist war. Es sei unerträglich, wenn ein Bürger | |
| eines anderen Landes die Polizei aufrufe, Befehle zu verweigern. Die | |
| Unruhen würden auf das Konto „destruktiver“ Oppositionskräfte gehen, die | |
| „einen Plan Moskaus umsetzen“. Sie halte nichts von einer orthodoxen Union | |
| mit Russland, so Surabischwili laut „newsru.com“. Vielmehr sei Russland | |
| Feind und Besatzer, schreibt sie auf Facebook. „Die Spaltung des Landes und | |
| der Gesellschaft spielen Russland in die Hände.“ | |
| Auch Freitagabend wollten sich Demonstranten vor dem Parlament versammeln. | |
| Sie fordern inzwischen den Rücktritt der gesamten Regierung. | |
| 21 Jun 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernhard Clasen | |
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