# taz.de -- Großdemonstration in Georgien: Putin streicht Flüge | |
> Abermals haben am Freitagabend tausende Menschen in Georgien | |
> demonstriert. Aus Russland kommt eine Entscheidung, die Georgien hart | |
> treffen könnte. | |
Bild: Demonstranten und Polizisten vor dem Parlament: Tiflis am 21. Juni 2019 | |
TIFLIS dpa | Nach den [1][jüngsten Ausschreitungen in Georgien] mit fast | |
250 Verletzten hat Präsidentin Salome Surabischwili vor weiterer Gewalt | |
gewarnt. Sie sei bereit, mit allen politischen Kräften zusammenzuarbeiten, | |
um ein öffentliches Einvernehmen zu erzielen, erklärte sie in einer vom | |
Präsidialamt am Samstag verbreiteten Mitteilung. Die „politische | |
Polarisierung“ im Land müsse verringert werden. Es sei leicht zu erraten, | |
wer ein Interesse an Spannungen und einer Destabilisierung Georgiens habe, | |
sagte sie, ohne Russland anders als in früheren Äußerungen direkt zu | |
erwähnen. | |
Am Freitagabend demonstrierten erneut Tausende Menschen in der Hauptstadt | |
Tiflis. In Live-Fernsehbildern war zu sehen, wie sich die Demonstranten vor | |
dem Parlament versammelten. Es blieb zunächst friedlich. Beobachter vor Ort | |
sprachen von rund 10.000 Teilnehmern, dies wären etwa so viele wie am | |
Vortag. Unterdessen verhängte Russland ein vorübergehendes Flugverbot nach | |
Georgien. | |
Ein entsprechendes Dekret unterschrieb Präsident Wladimir Putin nach | |
Angaben des Kremls. Demnach sollen ab dem 8. Juli keine Passagiermaschinen | |
mehr von Russland in die Südkaukasus-Republik fliegen. Reiseveranstaltern | |
werde empfohlen, keine Flüge und Touren mehr in die die frühere | |
Sowjetrepublik anzubieten. | |
Als Grund verwies der Kreml auf Sicherheitsbedenken. Das Außenministerium | |
in Moskau hatte zuvor schon vor Reisen nach Georgien gewarnt und auf die | |
Proteste dort verwiesen. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte russischen | |
Medien, die Anweisung werde erst dann aufgehoben, wenn sich die Lage wieder | |
normalisiert habe. | |
Die Opposition in Georgien hatte erneut zu Demonstrationen aufgerufen. Es | |
wurden Anti-Putin-Parolen skandiert. Redner forderten vor dem | |
Parlamentsgebäude unter anderem, die ursprünglich für nächstes Jahr | |
geplante Parlamentswahl vorzuziehen. Nach dem harten Durchgreifen der | |
Polizei am Donnerstag wurde auch der Rücktritt des Innenministers Giorgi | |
Gakharia verlangt. | |
Sicherheitskräfte hatten Demonstranten in der Nacht zum Freitag daran | |
gehindert, die Volksvertretung zu stürmen. 240 Menschen wurden nach Angaben | |
der Behörden verletzt, darunter 80 Sicherheitskräfte. Die Polizei setzte | |
Tränengas und Wasserwerfer ein. Das Innenministerium sprach von 305 | |
Festnahmen. | |
## Zerrüttetes Verhältnis | |
Auslöser für die Unruhen war der Besuch einer russischen Delegation bei | |
einem Forum im Parlament. Bei dem Treffen von Vertretern aus | |
christlich-orthodoxen Ländern hielt der Duma-Abgeordnete Sergej Gawrilow | |
von der Kommunistischen Partei eine Rede vom Platz des | |
Parlamentspräsidenten aus. Es gab bei vielen Menschen die Sorge, dass | |
Moskau mehr Einfluss in Georgien nehmen könnte. | |
Das Verhältnis Georgiens zum Nachbarn Russland ist zerrüttet. 2008 gab es | |
einen kurzen Krieg. Dabei hatte die Südkaukasusrepublik ihre abtrünnigen | |
Gebiete Abchasien und Südossetien endgültig verloren. Russland erkennt | |
beide trotz internationaler Kritik als unabhängige Staaten an, Georgien | |
dagegen nicht. | |
Georgien strebt in die EU und in die Nato. Zwischen beiden Ländern gibt es | |
keine diplomatischen Beziehungen mehr. Dennoch bleibt der russische | |
Einfluss in dem Land zwischen Europa und Asien groß. Seit einiger Zeit gibt | |
es von verschiedenen Seiten Bestrebungen einer Annäherung. Georgien gilt | |
bei Russen als ein beliebtes Urlaubsziel. Ein Verbot von Flügen aus | |
Russland würde die Wirtschaft treffen. In Russland leben Schätzungen | |
zufolge Hunderttausende Georgier. | |
Als Konsequenz aus den Ausschreitungen trat am Freitag Parlamentspräsident | |
Irakli Kobachidse zurück. Er übernehme die politische Verantwortung, sagte | |
er. Die Demonstranten hatten seinen Rücktritt gefordert. | |
Zu Protesten hatte auch der frühere Präsident Michail Saakaschwili | |
aufgerufen, um die Regierungspartei Georgischer Traum zu entmachten, wie er | |
sagte. „Wir sind sehr nahe an der Entmachtung.“ Gegen Saakaschwili laufen | |
in Georgien mehrere Strafverfahren. Er hält sich zurzeit in der Ukraine | |
auf. | |
22 Jun 2019 | |
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