# taz.de -- Manuela Heim stinkt's: Die Nase im Wind | |
> Vom Zusammenhang zwischen Empörung und Windrichtung: warum sich Berliner | |
> über einen Brand im fernen Westen, aber nicht im nahen Süden aufregen. | |
Bild: Auch wenn's riecht: Gefährlich ist der Waldbrand in Lübtheen für die B… | |
Herrlich simpel der Mensch. Seit Sonntag stinkt es in Berlin. Ursache ist | |
der Rauch, der aus dem 200 Kilometer entfernten mecklenburgischen Lübtheen | |
herüberweht. 430 Hektar Wald stehen dort seit Sonntag in Brand, vermutet | |
wird Brandstiftung. Und weil es sich um einen einstigen Truppenübungsplatz | |
handelt, können dort fatalerweise nicht alle Register der Feuerwehrkunst | |
gezogen werden. Es brennt also vorerst weiter. | |
Den Südbrandenburgern dürfte dieses Szenario unangenehm bekannt vorkommen. | |
Anfang Juni fackelte ein Großbrand bei Treuenbrietzen weit über 700 Hektar | |
Wald ab. Weil es sich ebenfalls um einen früheren Truppenübungsplatz | |
handelte, blieb auch dieser Brand über Tage wegen im Boden liegender | |
Munition unlöschbar. Weil aber offenbar der Wind aus einer anderen Richtung | |
wehte, es also zwar einen Jahrhundertbrand gab, es aber nicht danach roch, | |
blieb den BerlinerInnen dieses nur 70 Kilometer entfernte Ereignis ziemlich | |
schnuppe. Der mediale Aufruhr war jedenfalls kaum mit dem jetzigen | |
vergleichbar. | |
Mich erinnert das ganze an Bitterfeld. Sie wissen schon, diese | |
Industriekloake der DDR („Ein Engel flog über die Welt / und kotzte über | |
Bitterfeld“), die mit 150 Kilometern deutlich näher an Berlin liegt als | |
Lübtheen. Dort stank es zu DDR-Zeiten so heftig, dass selbst den ansonsten | |
unterinformierten BürgerInnen des Landes eine Gesundheitsgefahr nicht | |
verschwiegen werden konnte. Jedenfalls gehört dieser Landstrich inzwischen | |
tatsächlich zu den blühenden Landschaften. Ein netter See mit anheimelnder | |
Natur ist die Touristenattraktion. Faktisch ist ja aber die ganze | |
Bitterfelder Kloake nicht einfach verschwunden, sondern wabert dank | |
abgesenktem Grundwasser unterirdisch vor sich hin. Nur bei Starkregen spült | |
es die stinkenden Umweltsünden in die Keller und damit ins Bewusstsein | |
einiger HausbesitzerInnen. | |
Wem jetzt die Parallelen von dieser vermeintlich alten Geschichte zum | |
aktuellen Geschehen fehlen: Die Umweltsünden – nicht beseitigte Munition | |
auf alten Kampfplätzen, vom menschengemachten Klimawandel mutmaßlich | |
begünstigte Brandgefahr, künstliche Monowälder, die brennen wie nur was – | |
sind auch dann da, wenn sie nicht großflächig Gestank verbreiten. Der Rauch | |
aus Lübtheen ist laut Berliner Feuerwehr übrigens zwar lästig, aber | |
zumindest für die Hauptstädter ungefährlich. | |
1 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
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