# taz.de -- Oldenburger Kino Cine K: Unternehmer*innen wider Willen | |
> Das Cine K in Oldenburg zeigt Filme, die vielen Kinos zu speziell sind – | |
> und ist dabei doch ganz schön geschäftstüchtig. | |
Bild: 42 Sitze für ein Halleluja: Der kleine Saal im Oldenburger Cine K | |
BREMEN taz | „Gestaltung eines hervorragenden Jahresfilmprogramms“: Dafür | |
hat die Nordmedia, die gemeinsame Medien-Fördereinrichtung für | |
Niedersachsen und Bremen, vergangene Woche [1][das Oldenburger Cine K] | |
ausgezeichnet – als eines von insgesamt 58 gewerblichen und | |
nichtgewerblichen Filmtheatern, die man im Rahmen der [2][diesjährigen | |
Kinoprogrammpreise] in unterschiedlicher Höhe würdigte. | |
Interessant daran ist, dass damit ein „gewerbliches Kino“ 2.500 Euro | |
zugesprochen bekam. Denn das kleine Haus mit seinen 42 Sitzplätzen macht | |
ein Programm, wie es andernorts typisch ist für Kommunale Kinos: kulturell | |
oder auch politisch bedeutende Filme, die sogar von den Programmkinos links | |
liegen gelassen werden, weil sie kein ausreichendes kommerzielles Potenzial | |
haben. | |
So ist auch das Selbstverständnis der Cine-K-Macher*innen nicht das von | |
Kinounternehmer*innen – und keiner von ihnen kann vom Kino leben. Auch | |
nicht Marion Fittje und Wolfgang Bruch, die seit den Anfängen in den frühen | |
1990er-Jahren an Bord sind und sich heute die Leitung teilen. | |
Das Ziel war anfangs tatsächlich, ein Kommunalkino in der niedersächsischen | |
Universitätsstadt zu gründen. Die aber mochte partout kein Geld in die Hand | |
nehmen, und die Kulturaktivist*innen wurden sozusagen gezwungenermaßen zu | |
Unternehmer*innen: Marion Fittje war 1992 eines der zehn | |
Gründungsmitglieder eines Vereins, dessen Wurzeln wiederum in der Bewegung | |
der Videowerkstätten lagen; Wolfgang Bruch kam ein paar Jahre später dazu. | |
Der Verein wollte politische Gegenöffentlichkeit schaffen, und ein Mittel | |
waren die Oldenburger Filmtage. Das thematisch eher politisch angelegte | |
Festival organisierte der Verein dann zehn Jahre lang, [3][letztmals 2003]. | |
Schon ab 1994 gab es mit dem [4][Internationalen Filmfest Oldenburg] eine | |
starke Konkurrenz in derselben Stadt, die mit vielen internationalen Gästen | |
und einem Fokus auf unabhängiges amerikanische Kino eine viel größere | |
Außenwirkung hatte. Als die Nordmedia dann nur noch das eine, das größere | |
unter den beiden Festivals förderte, war dies das Aus für die Oldenburger | |
Filmtage. | |
Der dahinter stehende Verein aber machte weiter – und versuchte sich fortan | |
am Betrieb eines eigenen Kinos. Das Timing war sogar günstig: Als im Jahr | |
2000 mit den [5][„Ziegelhof Lichtspielen“] eines der Oldenburger | |
Traditionskinos schloss, übernahm das [6][Kulturzentrum Kulturetage] den | |
35-mm-Projektor, andere Technik und nicht zuletzt die Stühle; in einem der | |
oberen Räume richtete man ein kleines Kino ein. Richtig viel passierte dort | |
aber nicht: Die Betreiber*innen des Kulturzentrums waren mehr an Konzerten | |
und Theater interessiert. | |
Auftritt Fittje und Bruch: Sie boten der Kulturetage an, den kleinen Saal | |
zu bespielen, mietfrei, also zu günstigen Konditionen. Beide arbeiteten | |
ehrenamtlich und in der Tradition von Kommunalkinos: Zuerst zeigten sie | |
dreimal in der Woche Filme, finanzieren konnten sie den Betrieb zum Teil | |
durch Projektgelder. | |
Das Konzept ging auf, das Publikum nahm das Angebot an, obwohl es mit dem | |
„Casablanca“ sogar ein erfolgreiches und gut geführtes Programmkino in | |
Oldenburg gibt – das sogar mehrere Säle hat. Im Jahr 2006 gewann das Cine K | |
dann den ersten Preis des deutschen Kinemathekverbundes. Eine besondere | |
Auszeichnung insofern, als sich damit das deutlich jüngere Kino durchsetzte | |
gegen große, etablierte Kommunalkinos wie das Filmmuseum in München oder | |
auch das Hamburger Metropolis. | |
## Der Verein musste ein Unternehmen werden | |
Weil er weder Miete noch feste Gehälter zahlen musste, konnte der Verein | |
das Kino eine ganze Zeit ohne Verluste betreiben. Das änderte sich mit der | |
Umstellung von der analogen zur digitalen Projektion: Dafür waren | |
Investitionen in Höhe von 60.000 Euro nötig – für den Verein unmöglich. Da | |
Kinoförderung sowohl seitens des Bundes als auch aus Sicht der Nordmedia | |
als Wirtschaftsförderung verstanden wurde, sahen sich Fittje und Bruch | |
gezwungen, den Verein in eine Firma umzuwandeln. | |
Beim Umbau investierte das Cine K gleich in einen zweiten digitalen | |
Projektor, und so gibt es einen weiteren Saal mit 80 Sitzplätzen; dieses | |
„Theater K“ wird allerdings vorrangig von der Kulturetage selbst genutzt – | |
für Theatervorstellungen und nur vereinzelt auch mal Filme. | |
Aber Säle sind ja auch nicht alles. Vom 20. bis 27. Juli organisiert das | |
Cine K wie jedes Jahr das Open-Air-Kinoprogramm im Rahmen des | |
[7][Oldenburger Kultursommers] – also Kino in einer ganz anderen | |
Größenordnung: Bis zu 700 Besucher*innen kommen dann zu Erfolgsfilmen der | |
Saison, etwa „Der Junge muss an die frische Luft“ oder „Rocketman“. Das | |
Cine K ist für die Programmauswahl verantwortlich, trägt aber nicht das | |
wirtschaftliche Risiko, sollte es mal einen verregneten oder stürmischen | |
Abend geben. | |
Als Dienstleister ist es auch für die ehemalige Konkurrenz, das | |
Internationale Filmfest tätig: In Oldenburg kann nur das Cine K mit mobiler | |
Projektionstechnik aufwarten. So nutzt das Festival nicht nur die beiden | |
Leinwände in der Kulturetage, das Cine K baut auch Spielstätten wie die | |
Exerzierhalle und den Theaterhof um in temporäre Kinos mit professioneller | |
Projektion. | |
Dafür, dass Fittje und Bruch nie Unternehmer*innen sein wollten, betreiben | |
sie das Kino bemerkenswert effektiv: Wenn demnächst, in der Sommerpause, | |
auf dem Hof Dinklage bei Oldenburg erstmals vier Tage lang Programm mit | |
einer Mischung aus Konzerten und Kino veranstaltet wird, sind sie dabei. | |
Und weil der gebürtige Pfälzer Bruch entsprechende Kontakte hat, | |
veranstaltet ausgerechnet das kleine Oldenburger Kino in einer Scheune in | |
Rheinland-Pfalz ein Filmfestival – und das seit 15 Jahren. | |
27 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.kulturetage.de/index.php?id=159- | |
[2] https://www.nordmedia.de/pages/presse/pressemitteilungen/subpages/kinoprogr… | |
[3] /!792211/ | |
[4] /!5530918/ | |
[5] http://www.allekinos.com/OLDENBURG%20Ziegelhof.htm | |
[6] https://www.kulturetage.de/ | |
[7] https://www.kultursommer-oldenburg.de/ | |
## AUTOREN | |
Wilfried Hippen | |
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