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# taz.de -- Berlin bekommt Drogen-Check-Stelle: Das ist mehr als überfällig
> Illegale Drogen können bei einer offiziellen Drogen-Check-Stelle
> überprüft werden – die Konsumenten bleiben anonym. Ein Wochenkommentar.
Bild: Beschlagnahmtes Ecstasy
Treffen sich ein CDU-Politiker und sein unsichtbarer Freund in einem Club
an der Bar. Die Unterhaltung geht nur schleppend voran. Denn obwohl sich
der Unsichtbare alle Mühe gibt, das Gespräch am Laufen zu halten, bleibt es
doch etwas unkohärent. Der Politprofi hat einfach schlechtes MDMA erwischt,
wer weiß, was da untergemischt ist. Eben war er kräftig am Labern
(irgendwas mit „bauen, bauen, bauen“), jetzt ist er ganz still. Milchpulver
und Koffein allein werden das nicht sein, vielleicht ist die Dosierung auch
einfach nur ungewohnt hoch … Schweißausbrüche, Atemnot, der Mann braucht
Wasser und frische Luft. Vermeidbar wäre das gewesen, wenn das Pülverchen
nur sauber deklariert gewesen wäre, jedoch: Für illegalisierte Substanzen
gibt es keine Beipackzettel.
Nun lässt sich vieles gegen all die Mittelchen einwenden, letztlich aber
bleibt es dabei, dass der größte Schaden, den illegale Drogen anzurichten
vermögen, in ihrer Illegalität begründet ist. Nichts tun all die Pillen und
Lines, was Alkohol nicht ebenso anrichten kann, außer eben Verbrecher*innen
qua Besitz und Nutzung zu erzeugen. Die Willkür der Verbote liegt auf der
Hand, der weitestgehend harmlose Konsum ist machtvolle Realität.
Der Plan, [1][Drugchecking für Berliner Clubgänger*innen] anzubieten, ist
mehr als überfällig. Ganz sicher wird hier kein Problem so existenziell
drückend wie der Mietenwahnsinn angegangen, die Botschaft ist aber ähnlich
wichtig. Schließlich wird auch an dieser Stelle Politik für Menschen
gemacht, die tatsächlich in dieser Stadt leben und, ja, feiern.
Das ewige Missverständnis, dass Jugendschutz nur als Verbotskatalog wirksam
sein könne, wird endlich zum Schwarzweiß-Fernsehen, zur Kittelschürze und
dem Wählscheibentelefon in die Mottenkiste gelegt. Informierter Umgang mit
dem eigenen Körper ist schließlich die beste Waffe gegen Missbrauch und
gefährlichen Kontrollverlust. So wie gepredigte Enthaltsamkeit noch keine
ungewollte Schwangerschaft verhindert hat, der freie Zugang zu
Verhütungsmitteln aber schon, so wichtig ist die Ermächtigung zum
souveränen Umgang mit berauschenden Substanzen.
Der nächste Schritt nach dem noch immer reichlich komplizierten
Drugchecking kann am Ende nur die Legalisierung sein. Ein Reinheitsgebot
für Speed, EU-Normen für Dope? Gestempelt, versteuert, gekauft! So halten
wir auch noch die paar Legislaturen aus, bis Rot-Rot-Grün alle Wohnhäuser
der Stadt gekauft, sowie den Sozialismus eingeführt hat und chemisch
induzierte Realitätsflucht mithin schlicht unnötig geworden ist.
29 Jun 2019
## LINKS
[1] /Drug-Checking-in-Berlin/!5602433/
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
## TAGS
Drogenkonsum
Ecstasy
Prävention
Drogen
Drogenpolitik
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Loveparade
Drogentote
Drogen
Lesestück Recherche und Reportage
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