# taz.de -- Kleinere Tore für Fußballerinnen: Klein ist das neue Groß | |
> Im Frauenfußball wird über eine Verkleinerung des Tores diskutiert. Die | |
> Ideengeberin trifft allerdings auf wenig Gegenliebe. | |
Bild: Die japanische Nationaltorhüterin Sakiko Ikeda (links) ist 1,68 Meter ho… | |
Berlin taz | Reden wir über das Tor. Es ist 7,32 Meter breit und 2,44 Meter | |
hoch. Wenn Männer drinstehen wie Gianluigi Buffon, (1,92 Meter), Manuel | |
Neuer (1,93) oder Thibaut Courtois (1,99), dann füllen sie den Kasten ganz | |
gut aus. Die Keeperinnen [1][bei dieser Weltmeisterschaft] sind naturgemäß | |
etwas kleiner als die Handarbeiter mit dem Millioneneinkommen. | |
Die Japanerin Sakiko Ikeda ist 1,68 Meter groß, und die Thailänderin | |
Sukanya Chor Charoenying misst gerade mal 1,65 Meter. Sie war die | |
Unglückliche, [2][die im Spiel gegen die USA 13-mal hinter sich greifen | |
musste], und so mancher Beobachter des Torfestivals fragte sich, ob denn | |
die US-Girls so gut sind oder das Tor schlichtweg zu groß ist für die | |
kleine Fängerin aus Fernost, die darin stand wie in einem Hangar. | |
Trotz durchaus guter Torfrauleistungen von Christiane Endler aus Chile oder | |
der Argentinierin Vanina Correa ist nun in England – und nicht nur da – | |
eine Tordebatte aufgekommen, die eigentlich eine Torgrößendebatte ist. | |
Angestoßen hat sie die Trainerin des FC Chelsea London, Emma Hayes. | |
„Das Torwartspiel wird im Frauenfußball oft kritisiert“, sagt die | |
42-Jährige, „ich würde meinen, das Tor ist einfach ein bisschen zu groß.“ | |
Was Hayes da sagt, ist nicht ohne, denn es hat Jahrzehnte gebraucht, bis | |
sich die Kickerinnen das Feld in seiner jetzigen Größe erobert haben. Es | |
sei nur daran erinnert, dass der Deutsche Fußball-Bund erst 1970 das Verbot | |
des Frauenfußballs mit ein paar Auflagen aufhob: So mussten die Frauenteams | |
wegen ihrer angeblich schwächeren Natur eine halbjährige Winterpause | |
einhalten, Stollenschuhe waren verboten, und die Bälle waren kleiner und | |
leichter. | |
## Spielfeld, Halbzeit, Ball – von allem ein bisschen weniger? | |
Das Spiel selbst dauerte nur 70 Minuten. Später wurde die Spielzeit auf 80 | |
Minuten erhöht. Seit 1993 gilt auch bei den Frauen die Spielzeit von | |
zweimal 45 Minuten. Hayes findet zudem, man könne über die Größe des | |
Spielfeldes nachdenken. Auch beliebt: Diskussionen über die Größe des | |
Balles. Ist das nun progressiv oder rückschrittlich? | |
Hayes musste nicht lang auf Reaktionen warten. Ihre Positionen seien | |
sexistisch, sie schade der Graswurzelbewegung des Frauenfußballs, warum | |
sollten die Fußballfrauen auch nur ein Fitzelchen der Errungenschaften | |
abgeben, um die sie so erbittert gestritten hätten, hieß es. „Die Größe d… | |
Tores muss nicht geändert werden“, twitterte die walisische | |
Nationalspielerin Jess Fishlock und bekräftigte ihre Meinung mit einem | |
Augen-roll-Emoji: „Wenn eine Torfrau einen Fehler macht, dann ist es ein | |
Fehler – und hat nichts mit der Größe des Tores zu tun.“ | |
Die englische Torfrau Karen Bardsley findet, eine Diskussion um die | |
Torgröße gefährde womöglich den Kampf um Gleichheit. Sie insinuiert, dass | |
ein kleineres Tor auch die Durchschlagskraft der Equal-Pay-Kampagne | |
verkleinere, dabei sind Hayes’ Gedankenexperimente erst einmal nicht | |
unfeministisch oder gar biologistisch, nur weil sie der körperlichen | |
Spezifik von Frauen Rechnung tragen will. | |
Im Gegenteil: Hayes fragt im Grunde nur, ob die Anverwandlung an den | |
Fußball der Männer, die in den Jahren der Etablierung des Frauenfußballs | |
sinnvoll war, jetzt noch, da der Sport einen gewissen Status erreicht hat, | |
Programm sein sollte. | |
## Leichter: Diskus und Speer | |
„Wenn die körperlichen Unterschiede berücksichtigt werden würden, dann | |
würden wir über großartige Torhüterinnen sprechen – anstatt sie | |
bloßzustellen“, sagt Hayes. Sie findet also, dass kleinere Tore Keeperinnen | |
besser aussehen ließen. Und weiter: „Anstatt das Spiel der Männer nur zu | |
spiegeln, müssen wir den Fußball an unseren eigenen Sport und unsere | |
eigenen körperlichen Erwartungen sowie an die taktischen Implikationen | |
anpassen.“ | |
Es sei die Denkweise, die sich ändern müsse. „Und sobald sie sich ändert, | |
gibt es die Erkenntnis, dass der Frauenfußball seine spezifischen | |
Unterschiede aufweist.“ | |
Anpassungen an unterschiedliche physische Voraussetzungen gibt es ja | |
überall im Sport. Die Hürden der Frauen sind in der Leichtathletik | |
niedriger als die der Männer, die Kugel ist leichter, Speer und Diskus sind | |
es auch. Fußballerinnen und Fußballer spielen in früher Jugend auf einem | |
kleineren Spielfeld, schießen auf kleinere Tore, kicken gegen einen | |
leichteren Ball. | |
Natürlich können Frauen auch einen 2-Kilo-Diskus in den Himmel wuchten, | |
keine Frage, aber die Gewichtsunterschiede wurden gemacht, um die Weiten | |
der Männer und Frauen einander anzugleichen. Ähnlich könnte es im | |
Frauenfußball aussehen. Die Fifa nimmt ein paar geschlechtsspezifische | |
Änderungen vor, um den Frauenfußball besser dastehen zu lassen. Wer könnte | |
etwas dagegen haben? | |
17 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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