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# taz.de -- Kryptowährung von Facebook: Haste mal 'ne Libra?
> Bezahlen mit dem Smartphone ist keine neue Idee. Dafür eine eigene
> Währung einführen aber schon. Genau das soll es ab 2020 geben.
Bild: Facebook mit angeschlossener Bank
Libra, was ist das?
Libra (lateinisch für Waage), [1][eine Kryptowährung für jedes Smartphone,
erfunden von Facebook], getragen von einem Konsortium aus
Kommunikationsunternehmen, Finanzdienstleistern, New-Economy-Firmen, aber
auch Nonprofit-Organisationen, soll das Zahlungsmittel der Zukunft werden.
Die Idee ist bestechend einfach: Jeder Mensch soll die Möglichkeit haben,
Libra weltweit zum Erwerb von Waren und Dienstleistungen auszugeben.
Überweisungen werden billiger und unkomplizierter. Wer sich einmal mit
offiziellen Dokumenten wie einem Reisepass angemeldet hat, kann teilnehmen.
Dazu entwickelt Facebook eine eigene elektronische Geldbörse, Calibra.
Andere Anbieter sollen die Möglichkeit haben, eigene Anwendungen zu
programmieren und für den Umgang mit Libra zur Verfügung zu stellen. Wohl
im Bewusstsein um den eigenen schlechten Ruf, was Datenschutz angeht,
verzichtet Facebook aber nicht nur auf die totale Kontrolle über diese neue
Währung und ihren Umsatz, sondern verspricht sogar, dauerhaft auf eine
personalisierte Verknüpfung der Kundendaten von Calibra mit dem
Mutterunternehmen Facebook zu verzichten.
Der Erfolg der Währung wird davon abhängen, inwieweit sie sich als
möglichst flächendeckendes Zahlungsmittel auch außerhalb gängiger digitaler
Spezialinteressen etablieren kann. Die Erfahrungen mit bisherigen
Kryptowährungen wie Bitcoin sind da nicht die allerbesten. Zum Beispiel
akzeptieren nur wenige Stellen in der physischen Welt Bitcoin und zu wenige
Nutzer*innen, mit Interessen jenseits spekulativer Geldanlagen, sind dabei.
Eine Währung mit Verbindung zu Facebook und seinen Töchtern Instagram und
WhatsApp und deren mehr als zwei Milliarden Nutzer*innen ist aber eine
durchaus aussichtsreiche Basis. Zumindest für Visa und Paypal, eigentlich
natürliche Konkurrenten eines neuen Bezahlsystems, ist der Versuch von
Facebook eine erhebliche Investition im Gründungkonsortium wert. Immerhin
10 Millionen Dollar beträgt der Mindesteintrittspreis für interessierte
Unternehmen. krt
Wie funktioniert Kryptogeld?
Libra basiert auf einer Technologie, der Blockchain, die eine hohe
Sicherheit gegen direkte Manipulation bietet, die zumindest theoretisch
anonym verwendet kann, aber in der Anwendung einige Schwächen aufzeigt, die
den massenhaften Einsatz bislang erschweren.
Prinzipiell funktionieren Blockchain-basierte Prozesse so, dass jede
Aktion, also etwa eine Überweisung, einheitlich gebucht wird, und zwar an
jedem teilnehmenden Standort oder ihrer großen Mehrheit. So wird jede
Aktion immer von überall aus nachvollziehbar, was unzulässige Änderungen
quasi ausschließt. Um diesen Abgleich zwischen allen Positionen
abzusichern, dürfen diese Aktionen jedoch nur nacheinander ausgeführt
werden, niemals gleichzeitig, was das System bei zunehmender Zahl an
Aktionen erheblich verlangsamen kann.
Bitcoin nimmt nur bis zu sieben Transaktionen pro Sekunde an. Libra
hingegen soll es auf 1.000 solcher Buchungsvorgänge in der Sekunde bringen,
was unter anderem dadurch gewährleistet werden soll, dass nicht mehr jede*r
Nutzer*in das gesamte Kassenbuch auf dem Smartphone aktualisieren muss,
sondern nur eine begrenzte Zahl rechenstarker Knotenpunkte diese
Kontrollaufgabe übernimmt. Diese Knoten werden von Mitgliedern des
Libra-Konsortiums betreut.
Auch soll das von Bitcoin bekannte Mining, also die private Erschaffung
„neuen“ Geldes durch reine Rechenleistung, bei Libra nicht möglich sein. An
zentraler Stelle wird die Währung immer in der Menge errechnet und
ausgegeben, die durch die Einzahlung lokaler Währung wie Dollar oder Euro
einen Gegenwert hat.
Die technische Sicherheit der Währung dürfte sich genau dort entscheiden.
Die Zentralisierung verlangt sehr viel höhere Sicherheitsvorkehrungen als
das dezentrale Bitcoin. Der Gefahr der Verlangsamung des Systems durch
böswillige Kleinstüberweisungen wird übrigens mit einer Mikrogebühr
vorgebeugt, die einzelne Transaktionen praktisch unsichtbar belastet, bei
Hundertausendfacher Attacke die angreifende Partei aber mit erheblichen
Kosten belasten würde.
All das schützt jedoch nicht vor individuellen Angriffen auf Nutzer*innen.
Eine Geldbörse, egal ob physisch oder virtuell, ist für Kriminelle immer
ein interessantes Objekt. krt
Und wo soll das hinführen?
Die Idee, ins Geschäft mit Finanzdienstleistungen einzusteigen, ist aus
Sicht von Facebook außerordentlich plausibel. Die Kund*innenbasis des
Netzwerks ist zwar riesig, nähert sich aber einem gewissen Sättigungsgrad.
Die Zahl der aktiven Nutzer*innen ist letztlich nur durch den strategischen
Erwerb von WhatsApp und Instagram nicht rückläufig. Das auf den Profilen
der Nutzer*innen aufbauende Geschäftsmodell mit personalisierter Werbung
wirkt zwar stabil, ist aber eine langfristig risikoreiche Wette.
Facebooks derzeitige Marktdominanz zieht dazu immer mehr kritische Blicke
von Behörden und Kontrollgremien auf sich. Insofern muss der Konzern bei
jeder für das Wachstum notwendigen Expansion und Ausdifferenzierung der
Geschäftszweige darauf achten, nicht zu sehr den Eindruck des alles
beherrschenden Monopolisten zu erzeugen. Das Beispiel der versuchten
Zerschlagung von Microsoft Ende der 1990er Jahre ist für alle
technologiebasierten Unternehmen ab einer bestimmten Größe Warnung genug.
Anders als chinesische Konzerne, die in einem großen, aber in sich
geschlossenen Markt mit einheitlicher Währung operieren, muss Facebook den
Blick auf viel diversere Geschäftsfelder halten. Über eine eigene Währung
zum Beispiel Wechselkursverluste zu vermeiden und den Nutzer*innen ein
möglichst unkompliziertes international akzeptiertes Zahlungsmittel zu
geben, ist da nur folgerichtig.
Sollte Libra angenommen werden und perspektivisch sogar im Kreditgeschäft
mitspielen, säße Facebook über die an die Währung gekoppelten
Tochterunternehmen, wie die virtuelle Geldbörse Calibra, dann an der Quelle
praktisch unbegrenzter Profitoptionen. Diese mit anderen Unternehmen zu
teilen, wie das über das Konsortium bereits geschieht, folgt einfach der
Maxime: „If you can’t beat them, lead them“.
Die entscheidende Frage ist nur: wohin? Und wie viel staatliche oder
gesellschaftliche Kontrolle wird noch möglich sein, wenn sich Libra erst
einmal etabliert hat? krt
Wird das auch reguliert?
Wer Libra haben will, muss also echtes Geld, etwa Euro, in die
Digitalwährung umtauschen. Diese Summen sollen die beteiligten
Finanzinstitute in wichtigen Währungen wie Dollar, Euro, Britischem Pfund,
Schweizer Franken oder chinesischem Renminbi und sicheren Staatsanleihen
nach einem bestimmten Mischungsverhältnis anlegen. Dieses Verfahren nennt
man „Währungskorb“. Jede Libra wäre damit durch eine Einheit des
Währungskorbes gedeckt und soll jederzeit wieder in diese zurückgetauscht
werden können.
„Wenn die Libra-Stiftung die Wertreserve so konstruiert wie skizziert,
stellte das einen relativ robusten Wertanker dar“, sagt Ökonom Stefan
Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Die Libra könnte im
Verhältnis zum Korb nicht beliebig vermehrt werden, was der Inflation
Grenzen setzt. Die Digitalwährung wäre dann so sicher wie die Währungen und
Wertpapiere in der Reserve. Wie beim normalen Geld auch, kann jedoch die
Kaufkraft beim Erwerb von Produkten schwanken.
Heute geben die Notenbanken, etwa die Europäische Zentralbank oder Federal
Reserve in den USA, die Zahlungsmittel Euro und Dollar heraus. „Laut
Bundesbankgesetz sind auf Euro lautende Banknoten einziges gesetzliches
Zahlungsmittel“, erklärt Kooths. Gleichzeitig sind ja bereits
Kryptowährungen im Umlauf, Bitcoin ist nur eine davon. Diese Währungen
toleriert die staatliche Finanzaufsicht nur, solange sie keine Gefahr für
den überwiegenden Geldverkehr bedeuten. Grundsätzlich hat der Staat die
Möglichkeit, neue Währungen zu regulieren. Kooths: „Die Finanzaufsicht kann
Banken und anderen Finanzinstitutionen grundsätzlich untersagen, Libra zu
halten, oder so hohe Sicherheitsmargen verlangen, dass sich die
Digitalwährung nicht lohnt.“ Gegen die Kontrolle von Bundesbank und EZB
etwa wird es Facebook deshalb kaum gelingen, sein Internetgeld
durchzusetzen. koch
20 Jun 2019
## LINKS
[1] https://libra.org/en-US/
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
Hannes Koch
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