# taz.de -- BKA sperrt Darknet-Plattform: Auf der dunklen Seite des Internets | |
> Im Darknet wird gern mit Waffen, Drogen oder Falschgeld gehandelt – | |
> BKA-Einsätzen zum Trotz. Die Umsätze steigen steil an. | |
Bild: Ein bisschen Licht im Darknet? Ach was, ein Mann benutzt die beleuchtete … | |
Berlin taz | Nach eigener Beschreibung ist er der „kundenorientierteste | |
Marktplatz im Darknet“: Der Berlusconi-Markt bietet Komfort, wie er sonst | |
eher auf regulären Handelsseiten wie Ebay zu erwarten ist. Die Kunden | |
genießen sogar Käuferschutz wie bei Paypal, denn Zahlungen landen erst auf | |
Treuhandkonten des Betreibers. | |
Die illegale Handelswebseite ist tatsächlich nach dem italienischen | |
Politiker Silvio Berlusconi benannt – und trägt dessen Bild als Logo in der | |
Ecke. Die Illegalität der angebotenen Waren geht jedoch weit über die | |
Steuersünden des Namensgebers hinaus: Drogen und Falschgeld gehören dort | |
noch zu den harmloseren Angeboten. Es gibt auch Pistolen, gestohlene | |
Ausweise oder, als besonders florierender Geschäftszweig, E-Mail-Adresse | |
und Passworte normaler Bürger. | |
Das Bundeskriminalamt hat [1][gerade in einer viel beachteten Aktion die | |
Betreiber eines ähnlichen Marktplatzes festgenommen]. Der „Wall Street | |
Market“ wurde von Männern aus Kleve, Bad Vilbel und Esslingen betrieben. Er | |
hatte mehr als eine Million Kunden rund um den Globus – doch jetzt ist er | |
offline. | |
„Wir sehen eine deutliche Zunahme der Straftatenbegehung im Darknet“, sagt | |
Markus Koths, Leiter der Gruppe Cyber-Kriminalität im Bundeskriminalamt. | |
Das Darknet sei heute der Ort der Wahl für jede Art des illegalen Handels. | |
„Hier etablieren sich neue Vertriebswege für eine ganze Bandbreite von | |
Taten“, sagt der BKA-Experte. „Wir sehen eine zunehmende Verlagerung von | |
der analogen in die digitale Welt.“ | |
## Einkaufen wie auf Amazon | |
Auf den Darknet-Seiten finden sich Marktplätze, auf denen sich fast genauso | |
einkaufen lässt wie auf Amazon. Die Käufer bezahlen den Inhalt ihres | |
Warenkorbs mit digitalen Währungen wie Monero oder Bitcoin. Der Versand | |
physischer Produkte erfolgt ganz normal per Paket. Das ist für die | |
Beteiligten erstaunlich gefahrlos. Innerhalb der EU kontrolliert | |
schließlich niemand den Inhalt von Postsendungen. | |
Das Darknet ist eigentlich eine ganz triviale Angelegenheit: ein Verbund | |
von verschlüsselten Rechnern, auf den jeder recht einfach zugreifen kann. | |
Das Besondere ist bloß: Wer es richtig anstellt, kann beim Besuch der | |
Seiten nicht identifiziert werden – selbst mit den Mitteln von Polizei und | |
Geheimdiensten nicht. | |
Im Darknet lässt sich so mit wenigen Klicks ein Sturmgewehr vom Typ AK-47 | |
kaufen; wenn es kompakter sein soll, gibt es auch Maschinenpistolen vom Typ | |
MAC-10. Etwas mehr Wumms gefällig? Es gibt auch Handgranaten und | |
Plastiksprengstoff. | |
Direkt nebenan sind Drogen im Angebot. Ganz offen werden so gefährliche | |
Substanzen wie Crystal Meth oder Fentanyl angeboten. „Hervorragend | |
gedruckte“ 20- und 50-Euro-Scheine finden sich in vielen Varianten, | |
außerdem Diamanten, die nach Aussage des Händlers illegal von Sklaven in | |
Afrika abgebaut wurden und deshalb besonders günstig sind. Angeblich. | |
„Ehrliche“ Bürger müssten mit alldem eigentlich nichts zu tun haben. | |
Allerdings stehen hier häufig auch persönlichen Daten zum Verkauf. Das BKA | |
registriere eine „extreme Zunahme der Zahl der digitalen Identitäten“, die | |
Händler im Darknet anbieten, so Kloth. | |
## Viele hundert Millionen persönliche Daten im Angebot | |
Konkret heißt das: Mailadressen, Kreditkartennummern, Passworte, | |
Handynummern und Zugangsdaten zu Seiten wie Facebook stehen zum Verkauf. | |
Während vor einigen Jahren die Veröffentlichung von 16 Millionen Passworten | |
noch als Skandal galt, haben die Listen heute oft viele hundert Millionen | |
Einträge. „Das zeigt, wie viel Informationen über normale Bürger im | |
Internet kursieren und zum Verkauf angeboten werden“, sagt Alexander | |
Geschonneck, Chef der Abteilung für Wirtschaftskriminalität bei der | |
Unternehmensberatung KPMG. | |
Die Angebote gehen zum Teil richtig ins Detail. Auf dem Berlusconi-Markt | |
sind derzeit Benutzernamen und Passworte von echten Kunden mehrerer | |
Partnersuch-Portale im Sonderangebot – „perfekt geeignet für | |
Dating-Betrug“. | |
Die persönlichen Daten gewinnen Kriminelle nicht unbedingt durch Ausspähen | |
einzelner Personen. Stattdessen nutzen sie die massenhafte Verbreitung von | |
Schadsoftware. Vielen großen Unternehmen, sei es Facebook, Microsoft, | |
Yahoo, Gmail, Last.fm, die Marriott-Hotelkette oder T-Mobile, sind bereits | |
Nutzerdaten von ihren Rechnern gestohlen worden. „Eine gewisse Anfälligkeit | |
wird es immer geben, denn ein hundertprozentiger Schutz ist so gut wie | |
ausgeschlossen“, sagt Geschonneck. | |
Der Schaden geht meist weit über den ursprünglichen Cyber-Diebstahl hinaus. | |
Wenn ein Nutzer auf mehreren Webseiten das gleiche Passwort verwendet hat | |
wie auf einer gehackten Seite, dann hat der Datendieb auch dort Zugang. | |
Schlau ist daher, wer die Anmeldung in zwei Schritten nutzt. Dabei erhält | |
der Kunde bei jeder Neuanmeldung einen Code aufs Handy. Das sperrt Hacker | |
meist aus. | |
## Beamte betreiben Seite weiter | |
Die Polizei verweist derweil auf laufende Erfolge im Kampf gegen die | |
Kriminalität im Netz. Kriminaldirektor Koths nennt hier die Schließung des | |
Hansa-Markts im Darknet vor zwei Jahren. Damals war es der deutschen | |
Polizei gelungen, die beiden Betreiber an ihren PCs zu überrumpeln; | |
niederländische Beamte betrieben die Seite danach noch eine Weile weiter | |
und identifizierten Händler und Käufer. | |
Ebenso spektakulär war zeitgleich die Schließung des Alphabay-Markts. Das | |
Handelsvolumen dort hat bereits das Ausmaß der Darknet-Kriminalität | |
gezeigt. Der Markt zählte 1,8 Millionen Kundenkonten, über 9.000 Verkäufer | |
und einen Umsatz von 630 Millionen Euro. | |
Der Zugang zu solchen Marktplätzen ist denkbar einfach. Wer einen PC hat, | |
muss nur den „Tor-Browser“ im Netz suchen und installieren. Mit Tor lässt | |
sich auf sogenannte Onion-Server zugreifen. Diese schicken die Datenpakete | |
dreimal zickzack über verschiedene Rechner rund um den Globus. Ihre | |
Herkunft und der Empfänger lassen sich dann nur noch schlecht ermitteln. | |
Zahlreiche konkurrierende Marktplätze buhlen inzwischen um Kunden. Sie | |
tragen Namen wie Dream Market, Silk Road 3, Empire Market, Black Market | |
Guns (BMG) oder Majestic Garden. | |
Doch die Szene ist verunsichert. Angeblich ist auch der Berlusconi-Markt | |
längst von der Polizei übernommen und sammelt bloß noch die Daten seiner | |
Nutzer, heißt es in einigen Foren. Wer dort handele, müsse damit rechnen, | |
dass weniger später seine Wohnung gestürmt werde. | |
3 May 2019 | |
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[1] /Illegaler-Handel-im-Darknet/!5592366/ | |
## AUTOREN | |
Finn Mayer-Kuckuk | |
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