# taz.de -- WM-Partie gegen Spanien: Wo ein Wille ist, ist auch ein Tor | |
> Das deutsche Team sucht nach dem glücklichen 1:0 gegen Spanien immer noch | |
> nach einer Idee für ihr Spiel. Dafür feiert man die eigene Mentalität. | |
Bild: Ausnahme-Ausputzerin: Alexandra Popp (unten) wirft sich in den Zweikampf | |
VALENCIENNES taz | „Klar war das nicht unser Spiel“, meinte Kapitänin | |
Alexandra Popp nach dem [1][1:0 gegen Spanien] und konnte doch nicht so | |
recht sagen, was es denn nun ist, das deutsche Spiel. Denn das war auch | |
beim zweiten Spiel der DFB-Auswahl nicht auszumachen. Wo ist die Idee? Die | |
Frage stand schon im Raum, als die Startaufstellung eine Stunde vor Beginn | |
des Spiels bekanntgegeben wurde. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg | |
hatte mehr umgemodelt, als die verletzte Dzsenifer Marozsán einfach nur zu | |
ersetzen. Sie hatte das Team munter durchgemischt, so als sei das so | |
wichtige Wettbewerbsspiel eine Testpartie. Sie scheint selbst noch nicht zu | |
wissen, was es nun ist, das Spiel der Deutschen. Sie arbeitet noch daran. | |
Es ist Schwerstarbeit. Nach dem Spiel gegen China hatte sie wohl gesehen, | |
dass Außenverteidigerin Carolin Simon ihren Ansprüchen nicht genügte. Statt | |
ihrer spielte Verena Schwers, die tat sich auf ihrer Seite bis zum Ende | |
wahnsinnig Schweers und war vor allem mit dem Spielaufbau völlig | |
überfordert. Noch unsicherer agiert auf der rechten Abwehrseite Kathrin | |
Hendrich, weshalb sie nur eine Halbzeit spielen durfte. | |
Melanie Leupolz, die gegen China nicht die Schlechteste war, musste erst | |
mal draußen bleiben, was sie schön ärgerte, aber „es geht ja um den Erfolg | |
des Teams und da muss man die Entscheidung des Trainerteams akzeptieren“, | |
sagte sie und musste lachen über dieses Fußball-Bla-Bla. „Was man eben so | |
sagt.“ In der Mixed Zone ist das deutsche Team wesentlich origineller als | |
auf dem Platz. Und weise. Leupolz, die in der 80. Minute eingewechselt | |
worden war, ordnete den 1:0-Sieg ganz einfach so ein: „Wenn wir jedes Spiel | |
mit 1:0 gewinnen, sind wir Weltmeister.“ | |
Dem wird auch die Bundestrainerin kaum widersprechen können. Die versuchte | |
sich an der Seitenlinie in das Spiel hineinzuarbeiten und coachte, was das | |
Zeug hielt. Schon während der ersten Hälfte beorderte Voss-Tecklenburg die | |
17-jährige WM-Entdeckung Lena Oberdorf von außen ins zentrale Mittelfeld, | |
um für mehr Stabilität zu sorgen. Giulia Gwinn besetzte nach der Pause den | |
Platz von Hendrich und nach Oberdorfs Auswechslung spielte dann Stürmerin | |
Alexandra Popp die Rolle der Ausputzerin vor der Abwehr, während vorne die | |
18 Jahre junge Freiburgerin Klara Bühl versuchte, die spanische Abwehr zu | |
übersprinten. | |
## Gefürchtete Mentalität | |
Voss-Tecklenburg versuchte wirklich alles. Es war Schwerstarbeit, die sie | |
da zu verrichten hatte, und vielleicht ein Beleg dafür, dass auch ein Coach | |
versucht, über den Kampf zum Spiel zu finden. Wie schwer das ist ohne die | |
am Zeh verletzte Dzsenifer Marozsán, dürfte ihr schon klar gewesen sein, | |
bevor Nihikari Garcia in der 14. Minute allein vor Torfrau Almuth Schult | |
auftauchte und – warum auch immer – das Tor nicht traf. Sie musste | |
mitansehen, wie die Deutschen bei Einwürfen in der eigenen Hälfte | |
zugestellt wurden, wie sie ein ums andere Mal kein Mittel fanden, sich | |
spielerisch zumindest bis zur Mittellinie vorzuarbeiten. Eine, die gut | |
kicken kann, eine wie Maroszán eben, hätte dem deutschen Spiel gut getan. | |
Es ist nicht so, dass sie es nicht versucht hätten, aber sie haben das | |
Spiel eben nicht gefunden, von dem sie vielleicht selbst nicht wissen, wie | |
es aussehen soll ohne Marozsán. Kein Wunder, dass das Wort Wille eines der | |
am häufigsten verwendeten war nach dem Spiel. Wenn sie schon nicht konnten | |
– sie wollten, das ist keine Frage. So wie Sara Däbritz das Tor unbedingt | |
wollte, das sie in der 43. Minute zur Überraschung aller 20.000 in | |
Valenciennes anwesenden Zuschauer erstocherte. „Wir hatten einen | |
Riesenwillen“, sagte sie und dass es eine „absolute Willensleistung“ | |
gewesen sei. | |
Nach der unbändigen Freude, wie gegen China ein Spiel gewonnen zu haben, | |
das sie eigentlich hätten verlieren müssen, versuchten die Deutschen alles, | |
den Medienvertretern in der nach diesem Auftritt angemessenen Zurückhaltung | |
gegenüberzutreten. Und brav gaben alle das Versprechen ab, dass man das | |
Spiel schon noch finden werde. Nur eine fand es spitze, wie es gelaufen | |
ist. „Das ist die deutschen Mentalität, die alle fürchten“, sagte Keeperin | |
Almuth Schult zur deutschen Fähigkeit, zu gewinnen, auch wenn man | |
spielerisch eigentlich nicht dazu in der Lage ist. | |
Das verheißt erst mal wenig Schönes für das letzte Gruppenspiel am Montag | |
in Montpellier gegen Südafrika. Dort soll der Gruppensieg sichergestellt | |
werden, um im Achtelfinale den USA oder Schweden aus dem Weg gehen zu | |
können. Sara Däbritz erhofft sich dabei auch für sich selbst endlich mehr | |
Spiel als Kampf. „Nach den sechs Punkten können wir mit einer gewissen | |
Lockerheit ins nächste Spiel gehen und zeigen, was wir mit dem Ball | |
können“, meinte sie. Schön wär's. | |
13 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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