| # taz.de -- Aktion gegen verkehrswidriges Parken: Rücksichtslose Rowdys | |
| > AutofahrerInnen ignorieren massenhaft Halte- und Parkverbote. Der | |
| > Verkehrsminister will das teurer machen. Doch es bräuchte drastischere | |
| > Maßnahmen. | |
| Bild: Parkrowdys sehen ihr Handeln nicht als Vergehen, sondern als Lappalie | |
| Berlin taz | Die Bilanz der Berliner Polizei nach ihrer Aktion gegen | |
| verkehrswidriges Halten und Parken ist ernüchternd: „Ein spürbares | |
| Unrechtsbewusstsein war kaum wahrzunehmen.“ Übersetzt heißt das: Viele | |
| AutofahrerInnen sind an einer friedlichen Koexistenz mit anderen | |
| NutzerInnen des öffentlichen Raums nicht interessiert. Rücksichts- und | |
| gedankenlos stellen sie ihre Karren irgendwo ab und finden, dass sich | |
| RadfahrerInnen und andere VerkehrsteilnehmerInnen mal nicht so darüber | |
| aufregen sollen – auch wenn ihr Pkw oder Lkw zu einer mindestens | |
| ärgerlichen und nicht selten auch gefährlichen Barriere wird. | |
| Bei der Aktion, die die Berliner Polizei gemeinsam mit Ordnungsämtern und | |
| den Berliner Verkehrsbetrieben gestartet hatte, ging es vor allem um das | |
| Halten und Abstellen von Fahrzeugen auf Radwegen, Busspuren und in der | |
| zweiten Reihe – also mitten auf der Straße. Ein Massendelikt: Innerhalb von | |
| fünf Tagen wurden 6.484 Verstöße erfasst. | |
| Die OrdnungshüterInnen versuchten es mit Appellen: „In gut 1.100 Gesprächen | |
| wurden die Betroffenen für die aus ihrem Verhalten resultierenden Folgen | |
| für andere sensibilisiert und ihnen die Rechtslage aufgezeigt“, teilt die | |
| Berliner Polizei nach Abschluss der Aktion mit. Dabei durfte die Rechtslage | |
| die ParkrüpelInnen kaum beeindrucken. Wer erwischt wird, muss nur ein | |
| Bußgeld zwischen 15 und 35 Euro zahlen. | |
| Entsprechend waren die Reaktionen der Gestellten. [1][Parkrowdys sehen ihr | |
| Handeln nicht als Vergehen,] sondern als Lappalie. „Das festgestellte | |
| Fehlverhalten wurde durch die Betroffenen unter Verweis auf das nur | |
| kurzfristige Abstellen des Fahrzeugs und die allgemeine Parkplatznot sehr | |
| häufig bagatellisiert und verharmlost“, heißt es in der Erklärung der | |
| Berliner Polizei. Das spiegelt eine leider viel zu verbreitete Haltung. | |
| ## „Wirksame Bußgelder“ | |
| Die Gefahren, die von Autos ausgehen, werden in Deutschland systematisch | |
| heruntergespielt. Mehr als 3.000 Verkehrstote im Jahr werden von vielen | |
| MeinungsmacherInnen in Politik und Gesellschaft als unausweichliche | |
| Notwendigkeit hingenommen. Bei dieser Haltung ist es kein Wunder, dass ein | |
| Tempolimit auf Autobahnen oder eine Regelgeschwindigkeit von Tempo 30 in | |
| Städten, wie es etwa der Fahrradclub ADFC fordert, keine Aussicht auf | |
| Durchsetzung haben – noch. | |
| Denn langsam ändert sich etwas. Das gilt selbst für den autofreundlichen | |
| Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), [2][der sich neuerdings gerne | |
| auch als „Radminister“ bezeichnet.] Noch in diesem Jahr will er eine | |
| fahrradfreundliche Novellierung der Straßenverkehrsordnung auf den Weg | |
| bringen. | |
| Immerhin: Er will ein generelles Halteverbot auf Radschutzstreifen an | |
| Straßen einführen. Bislang dürfen Autos dort bis zu drei Minuten halten. | |
| Außerdem soll es künftig „wirksame Bußgelder“ für das unerlaubte Parken… | |
| Schutzstreifen und in der zweiten Reihe geben. Noch hat Scheuer keine | |
| konkreten Zahlen genannt. Der CDU-Radverkehrsexperte im Bundestag, Gero | |
| Storjohann, hat eine Hausnummer ins Gespräch gebracht: 100 Euro. | |
| Ob das reicht, um Parkrowdys zur Räson zu bringen? Dafür sind eher | |
| drastische Maßnahmen erforderlich: rigoroses Abschleppen, Strafen in | |
| vierstelliger Höhe, und wer regelmäßig andere gefährdend parkt, sollte | |
| genauso wie jene, die notorisch zu schnell fahren, den Führerschein abgeben | |
| müssen. Alternativ könnte ein allgemeines Fahr- und Parkverbot in Städten – | |
| mit Ausnahmen etwa für Menschen mit Handicap – helfen. | |
| 12 Jun 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anja Krüger | |
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