Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Soulsängerin Erykah Badu in Berlin: Für die Hustler
> US-Sängerin Erykah Badu spielte etwas zu routiniert in der Berliner Verti
> Music Hall – und dozierte zum Thema Fruchtwasser bei den alten
> Ägypterinnen.
Bild: Gut versteckt: Erykah Badu, hier beim Konzert in Köln am Dienstag
BERLIN taz | Zur Berliner Verti Music Hall geht es vorbei an den härtesten
Bausünden und Touristenfallen von Berlin. Vis à vis des ehemaligen
Todesstreifens an der Mauer hinter der Mühlenstraße, die am Mittwochabend
von Reisegruppen auf Fahrrädern in Beschlag genommen ist, tut sich ein
Sponsoring-Viertel rund um den Mercedes-Benz-Platz auf, mit der Mall East
Side Gallery, der großen Mercedes-Benz-Arena und der neu hinzugekommenen
Verti Music Hall, auch das ein Monster-Schuhkarton aus Klinker, Metall und
Alu-Glas mit Platz für 7.000 ZuschauerInnen.
Annähernd so viele finden sich am Mittwoch auch ein, aus Anlass des
Konzerts [1][der texanischen Soulsängerin Erykah Badu]. Angeheizt wird der
Abend vom US-Jazz-Soul Saxofonisten und Sänger Masego, der das anheimelnde
Kaminfeuerknistern eines Grover Washington Jr auf Kante mit Dancefloor zu
nähen versucht, wobei er das genialische Säuseln seines Vorbilds eher nicht
in Einklang mit den elektronischen Klangerzeugern bekommt. Dennoch fällt
der Applaus für den 25-jährigen Künstler höflich und zugeneigt aus. Ist
auch schwer, weil sich Sitzplätze auf den Rängen und Stehplätze vor der
Bühne erst allmählich füllen. Darunter auffällig viele Schwangere: Die
dreifache Mutter Erykah Badu lebt und arbeitet immer noch in ihrer
Geburtsstadt Dallas und hilft dort Frauen, die Kinder zu Hause gebären, als
Geistheilerin.
Musikalisch hat sie vor wenigen Wochen mit einer geschmeidigen Coverversion
des Squeeze-Songs „Tempted“ von sich reden gemacht. Bei außermusikalischen
Themen ist sie nicht so geschmackssicher: In einem Interview mit dem
US-Magazin Vulture verkündete die 49-jährige Künstlerin im vergangenen
Jahr, Hitler sei ein „guter Kunstmaler“ gewesen. „Hello, hello, hey, hell…
hello“, möchte man ihr zurufen. Den Refrain des mahnenden Songs „Hello“,
den sie zusammen mit ihrem Ex Andre 3000 komponiert hat.
## Cowboyhut und Hexenbesen
Am Mittwoch steht das großartige, das Publikum direkt auffordernde Lied,
als zweite Nummer im Set, wozu Badu im weißen Umhang mit übergroßem weißen
„Montana Peak“-Cowboyhut und Hexenbesen die Bühne betritt. Zuvor hat sich
ihre neunköpfige Band ohne sie mit der Suite „Caint Use my Phone“
warmgespielt: Vor allem Keyboarder RC Williams am Fender-Rhodes und
diversen anderen Tasteninstrumenten gibt mit jazzigen Akkorden den Ton an.
Obwohl die Rhythmussektion mit Bassisten, Drummer und Percussionisten gut
aufgepolstert ist, drängt sie am Mittwoch nicht nach vorne. Dafür wird Badu
in grünen Laserlichtkegeln eingeschlossen, während sie an einer
Drummaschine herumfidelt, die Stolperbeats ausspukt. Sie stellt sich dann
auch selbst vor: „Erykah Badu also known as She Ill“. Ein Raunen geht
durchs Publikum.
Mit „On and On“ von ihrem Debütalbum „Baduizm“ kriegt die Sängerin da…
volle Sympathien und behält diese während 90 Minuten. Bevor eine epische
Version von „Love of My Life (An Ode to HipHop)“ angestimmt wird, erklärt
Badu, woher sie kommt: Mit 25 habe sie eigene Songs komponiert, mit 27 ihr
Debütalbum veröffentlicht, „kann’s nicht fassen, dass ich 22 Jahre später
hier stehe“. Gewidmet wird ihr Auftritt den Hustlern, „that’s an artform
too“.
Zwischendurch scattet Badu mit RC Williams Keyboard-Arpeggios um die Wette,
tanzt über die Bühne, bittet gegen Ende des Sets die belgische Sängerin Zap
Mama zu einer sonderbaren Twerk- und Gesangseinlage und doziert zum Thema
Fruchtwasser bei den alten Ägypterinnen. Alles schön numerologisch, aber
auch etwas sehr routiniert und abgezockt. Und hinterher schießen die
tarnfarbenen Mega-SUVs der Hustler wie Schnellfeuerpatronen aus der
Tiefgarage.
6 Jun 2019
## LINKS
[1] /Mixtape-von-Erykah-Badu/!5257884
## AUTOREN
Julian Weber
## TAGS
Musik
Soul
Konzert
Schwerpunkt #metoo
Jazz
Soul
## ARTIKEL ZUM THEMA
Dokumentation „Surviving R. Kelly“: Das #MeToo der Musikbranche
Seit Jahrzehnten werden dem R’n’B-Sänger R. Kelly sexueller Missbrauch und
Pädophilie vorgeworfen. Jetzt kommen Betroffene zu Wort.
Erinnerung an Afrobeat-Begründer: Der Erlöser ist immun
Erykah Badu, US-Soulstar, kuratiert eine Albensammlung von Fela Kuti. Er
war Afrobeat-Pionier, Unruhestifter, Polygamist – und Händel-Fan.
Mixtape von Erykah Badu: Horrorvision leerer Akku
Die Grande Dame des Soul und Hip-Hop widmet sich auf ihrem Mixtape „But You
Caint Use My Phone“ der Liebe in Zeiten des Smartphones.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.