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# taz.de -- Liberale nach der Europawahl: FDP sucht Marktlücke
> Am Tag nach der Europawahl suchen die Liberalen nach Erklärungen für ihr
> maues 5-Prozent-Ergebnis. Den Grünen wollen sie sich trotzdem nicht
> annähern.
Bild: Muss dringend „einen Anlauf nehmen“: Christian Lindner
Berlin taz | Als Grüne, Linkspartei und AfD am Montag ihre Auftritte in der
Bundespressekonferenz längst absolviert hatten, kam die FDP an die Reihe.
Was vor der Europawahl ausgemacht worden war, wirkte danach plötzlich
symbolisch. Mit 5,4 Prozent hatten die Liberalen ihr Ergebnis von 2014 (3,4
Prozent) zwar deutlich übertroffen, waren aber hinter den selbstgesteckten
Ansprüchen zurückgebliebenen. Zehn Prozent hatte Parteichef Christian
Lindner vor der Wahl als Ziel ausgegeben.
„Das Ergebnis ist kein großer Triumphzug, aber eine gute Basis“, sagte
Lindner in der Bundespressekonferenz. Die FDP habe sich „als eine stabile
Größe in einem sich fundamental ändernden System“ erwiesen. Wobei „stabi…
relativ ist: Bei der vergangenen Bundestagswahl hatte die FDP mit 10,7
Prozent fast das Doppelte erzielt. Für Lindner, der kaum eine Rede ohne
Sticheleien gegen die Grünen beendet, muss es schmerzhaft sein, dass nun
ausgerechnet die Grünen mit dem Klimathema an den Liberalen vorbeigezogen
sind.
Die FDP wisse, dass man „einen Anlauf nehmen müsse“, um in der Wahrnehmung
der Wähler als kompetent in der Umweltpolitik wahrgenommen zu werden, sagte
Lindner. Erst spät und kurz vor den Wahlen hatten die Liberalen auf ihrem
Bundesparteitag ausführlich über die Klimafrage debattiert, dabei im
Gegensatz zu den Grünen aber auf marktwirtschaftliche Elemente wie den
Emissionshandel gesetzt.
Es gebe eine „Marktlücke“, so Lindner, für ein liberales Konzept „eines
Dritten Weges zwischen Leugnern des Klimawandels und dem Ökodirigismus“. In
der Öffentlichkeit hängen blieb vor der Wahl aber vor allem Lindners
Bemerkung gegen die „Fridays for Future“-Bewegung: Klimaschutz sei „eine
Sache für Profis“.
Eine glücklose Spitzenkandidatin
Dennoch war die Klimapolitik nicht der entscheidende Punkt, warum die FDP
bei der Europawahl hinter ihren Erwartungen zurückblieb. Von den unter
30-Jährigen wählten immerhin noch acht Prozent die Liberalen, von den über
60-Jährigen dagegen nur vier. Lindner sagte, darunter seien „viele
Menschen, die nach der Bundestagswahl von uns erwartet haben, mit Frau
Merkel und den Grünen zu regieren“. Diese Erwartung sei allerdings nicht
realistisch.
Ein zweites gravierendes Problem für den FDP-Wahlkampf hieß Nicola Beer –
die Spitzenkandidatin. Die Liberalen hatten bei der Europawahl auf das
Prinzip gesetzt, entweder altgediente Spitzenpolitiker oder, auf den
Plätzen dahinter, junge, unbekannte Talente nach Brüssel zu schicken.
Nicola Beer war bis Ende April eine eher glücklose Generalsekretärin.
Um sie wegzuloben, musste sie als Top-Kandidatin präsentiert werden. Das
glückte nur bedingt, zumal der Wahlkampf erst spät in Gang kam. Noch Ende
April, fünf Wochen vor der Wahl, standen die meisten zentralen
Wahlkampftermine nicht fest. „Unsere Spitzenkandidatin wurde heute im
Vorstand sehr gewürdigt“, sagte Lindner am Montag dazu. Beer, die daneben
saß, analysierte das Wahlergebnis kaum und präsentierte stattdessen noch
einmal die FDP-Ideen für den Umbau der Kommission aus dem Wahlkampf.
Lindner sagte, die Ergebnisse der europäischen Partnerparteien gäben keine
Hinweise für andere Ausrichtung der deutschen Liberalen – weder in eine
stärkere liberal-konservative noch eine ökologisch-bürgerrechtliche
Richtung. Die FDP habe immer eine Spannbreite gehabt und Weltoffenheit und
Bürgerrechtspolitik mit einem marktwirtschaftlichen Ansatz verbunden. Eine
solche Spannbreite bedeute zwangsläufig auch immer eine Begrenzung.
Mit Grünen und AfD seien zwei Parteien, die von der Europapolitik bis zur
Klimafrage „die Dinge gegensätzlich sehen“, gestärkt worden, sagte Lindne…
Die FDP wolle sich dazwischen als „Kraft der Mitte“ positionieren. Offen
bleibt, wie stark die Nachfrage danach ist.
27 May 2019
## AUTOREN
Martin Reeh
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