# taz.de -- Neues Ankunftszentrum für Flüchtlinge: Ankunft unter einem Dach | |
> Der Tag der offenen Tür im neuen Ankunftszentrum für Flüchtlinge in | |
> Reinickendorf zeigt: Die Stimmung in der Nachbarschaft hat sich | |
> entspannt. | |
Bild: Gemeinschaftsraum im neuen Berliner Ankunftszentrum für Geflüchtete | |
BERLIN taz | Ein neues Ankunftszentrum für Flüchtlinge auf dem Gelände der | |
ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik im Reinickendorfer Ortsteil | |
Wittenau löst die umstrittenen Hangars im früheren Flughafen Tempelhof ab. | |
Am Freitag luden Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) und | |
Reinickendorfs Sozialstadtrat Uwe Brockhausen (SPD) zu einem Tag der | |
offenen Tür. Interessierte und Anwohner*innen konnten sich ansehen, wo neu | |
in Berlin ankommende Flüchtlinge von nun an ihre ersten drei bis fünf Tage | |
in Berlin verbringen sollen, bis sie registriert sind. | |
Die Hangars waren von Flüchtlingsinitiativen als menschenunwürdig | |
kritisiert worden: Es gab dort keinerlei Privatsphäre, die Geflüchteten | |
wohnten in den Riesenhallen zwischen Stellwänden ohne Dach, die sanitären | |
Anlagen waren unzureichend. Hinzu kam: Obwohl die ehemaligen Flugzeughallen | |
eigentlich nur für wenige Tage als Wohnort dienen sollten, sah die Praxis | |
anders aus. Wegen Engpässen bei den Behörden verzögerte sich die | |
Registrierung, Menschen mussten dort über Wochen oder Monate wohnen. | |
Ende vergangenen Jahres hatte der Senat begonnen, nach Alternativen zu | |
suchen. Nach einem Provisorium in der Schmidt-Knobelsdorff-Kaserne in | |
Spandau, wo die Wohnbedingungen allerdings ebenfalls schlecht waren, wurden | |
nun die ehemaligen Klinikgebäude zum Ankunftszentrum umfunktioniert. Es | |
gibt dort 500 Plätze, 130 sind bereits belegt. Doch auch diese Häuser sind | |
zunächst ein Provisorium. Denn die Gebäude auf dem nicht mehr benötigten | |
Klinikareal sollen abgerissen werden und großflächigem Wohnungsbau weichen. | |
Auch das Ankunftszentrum soll nächsten Winter einen Neubau bekommen. | |
Monika Hebbinghaus vom Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten beschreibt | |
das neue Ankunftszentrum als „eine Lehre aus der Flüchtlingskrise 2015“: | |
„Wir haben gesehen, dass wir die gesamte Registrierung und medizinische | |
Erstversorgung, die aufwändiger ist als zuvor, unter einem Dach haben | |
müssen“, sagte sie der taz. Das Zentrum bietet auch eine von der | |
Arbeiterwohlfahrt angebotene Asylverfahrensberatung. Das ist notwendig, | |
weil Asylverfahren oft sehr schnell ablaufen und Geflüchtete dadurch keine | |
Zeit haben, sich extern anwaltlichen Rat zu holen. | |
Unter den Wittenauer Nachbar*innen, die zum Tag der offenen Tür kamen, | |
drückten manche allgemeinen Frust über die Zuwanderung von Flüchtlingen aus | |
– zu hören war etwa die Ansicht, „halb Afrika“ würde sich auf den Weg n… | |
Deutschland machen, das müsse gestoppt werden. Eine Frau hielt der | |
Sozialsenatorin unter großem Beifall vor: „Wir wären gerne gefragt worden, | |
bevor der Senat hier das Ankunftszentrum beschlossen hat.“ Breitenbach | |
hielt dagegen: „Über eins werde ich nicht reden: ob wir | |
Flüchtlingsunterkünfte bauen oder nicht. Wir bauen Flüchtlingsunterkünfte, | |
um Menschen in Not unterzubringen.“ Auch sie erhielt dafür viel Beifall. | |
Denn trotz kritischer Stimmen hat sich die Stimmung der Wittenauer | |
gegenüber Flüchtlingen – verglichen mit dem Jahr 2013, als die ersten | |
Wohnheime für Geflüchtete in dem Ortsteil eröffnet wurden – erkennbar | |
normalisiert. Damals war eine Bürgerversammlung zu einem rassistischen | |
Eklat eskaliert. Anwohner hatten fein säuberlich „Belästigungen“ | |
protokolliert, etwa wenn Flüchtlingskinder auf benachbarten Spielplätzen | |
spielten oder erwachsene Geflüchtete sie auf der Straße nach dem Weg | |
fragten. | |
Als in einer Flüchtlingsunterkunft Kinder an Windpocken erkrankten, diente | |
auch das damals der rassistischen Stimmungsmache. Flugblätter warnten vor | |
„Seuchengefahr“ durch das Wohnheim. Das Bezirksamt stellte nach den | |
Bürgerprotesten zwei Polizisten vor das Heim, die Bewohner daran hindern | |
sollten, es zu verlassen. | |
Reinickendorfs Sozialstadtrat Uwe Brockhausen (SPD) erklärt der taz | |
gegenüber die veränderte Stimmung damit, dass viele Befürchtungen der | |
Anwohner nicht eingetreten seien. Aber auch mit der guten | |
Öffentlichkeitsarbeit des Bezirks: Man reagiere „möglichst schnell auf | |
Bürgeranregungen“. | |
19 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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