# taz.de -- Stasi-Mitarbeit und Beruf: Prüfungen länger als geplant | |
> Die Große Koalition will bis 2030 bei BewerberInnen für den öffentlichen | |
> Dienst überprüfen, ob sie eine Stasi-Vergangenheit haben. | |
Bild: Außenstelle der Stasi-Unterlagenbehörde in Neubrandenburg | |
BERLIN taz | Eigentlich sollte demnächst damit Schluss sein. Nur noch bis | |
Ende dieses Jahres ist es bisher möglich, MitarbeiterInnen im öffentlichen | |
Dienst auf eine mögliche Stasi-Vergangenheit zu überprüfen. Doch das neue | |
Stasi-Unterlagengesetz, das an diesem Mittwoch dem Bundeskabinett vorgelegt | |
wird, wird diese Frist aller Voraussicht nach um elf Jahre bis 2030 | |
verlängern. | |
In dem Entwurf, der der taz vorliegt, heißt es: „Das allgemeine Interesse | |
am Zugang zu den Akten dauert an.“ Um das Vertrauen der BürgerInnen in | |
öffentliche Institutionen und Personen zu stärken, sei gerade im 30. | |
Jubiläumsjahr von Mauerfall und Wiedervereinigung Transparenz erforderlich. | |
Daher werde „die auslaufende Regelung zur Überprüfung bestimmter | |
Personengruppen, die in politisch oder gesellschaftlich herausgehobener | |
Position tätig sind, auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für | |
den Staatssicherheitsdienst bis zum 31. Dezember 2030 verlängert“. Als | |
Alternativen zu dieser Regelung vermerkt das Dokument. „Keine.“ | |
Die Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses, Katrin Budde (SPD), sagte | |
gegenüber dem Redaktions-Netzwerk Deutschland, Menschen, die wie sie selbst | |
jetzt 54 Jahre alt seien, könnten durchaus noch für den DDR-Geheimdienst | |
gearbeitet haben und sich jetzt für den öffentlichen Dienst bewerben. | |
Deshalb müsse man diese Personen überprüfen können. „Im Jahr 2030 wird es | |
derartige Fälle kaum noch geben“, sagte Budde: „Dann müsste das Thema dur… | |
sein.“ Im Jahr 2017 gab es laut Stasi-Unterlagenbehörde 167 Anträge auf | |
Überprüfung im öffentlichen Dienst und 495 Anträge auf Überprüfung von | |
MandatsträgerInnen. | |
Ebenfalls an diesem Mittwoch will die Koalition darüber beraten, die Opfer | |
des SED-Staates auch über das Jahr 2020 hinaus zu entschädigen. | |
Justizministerin Katarina Barley (SPD) sagte dazu dem Evangelischen | |
Pressedienst: „Die juristische Aufarbeitung des SED-Unrechts und die | |
Rehabilitierung der Opfer politischer Verfolgung sind noch immer nicht | |
abgeschlossen.“ Ihr Gesetzentwurf sieht auch vor, dass die Entschädigung | |
für Heimkinder erweitert und erleichtert wird. | |
## Nach wie vor Anträge auf Rehabilitierung | |
Mit dem Ende der Jahre 1919 oder 2020 würden nach derzeitiger Rechtslage | |
auch die sogenannten SED-Unrechtsbereinigungsgesetze auslaufen, die eine | |
Rehabilitierung und Entschädigung für Opfer der SED-Willkür gewährleisten. | |
Der Gesetzentwurf der Justizministerin sieht vor, diese Regelungen zu | |
entfristen. Die Forderung kam vor allem aus den Bundesländern. In den | |
ostdeutschen Ländern werden nach wie vor Anträge auf Rehabilitierung | |
gestellt, darunter von Betroffenen, die nach heutigen Maßstäben | |
rechtsstaatswidrig verurteilt wurden. | |
Unter den Anspruchsberechtigten sind auch Menschen, die als Kinder oder | |
Jugendliche in Heime der DDR eingewiesen wurden. Dies war bei Jugendlichen | |
möglich, die als schwer erziehbar galten, oder bei Kindern, deren Eltern | |
als DissidentInnen verfolgt wurden. | |
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Betroffenen ihre Ansprüche künftig | |
leichter umsetzen können. „Dort wo es schwierig ist, die Gründe für eine | |
Heimeinweisung darzulegen, werden die Gerichte künftig leichter feststellen | |
können, dass diese als Kinder selbst politisch verfolgt wurden“, erklärte | |
Barley. | |
Für damalige Kinder, deren Eltern verfolgt wurden und die damit selbst | |
keinen Anspruch auf Rehabilitierung haben, soll zudem ein neuer Anspruch | |
auf Unterstützungsleistungen eingeführt werden. „Dieser Anspruch gilt auch | |
für die Opfer der SED-Diktatur, die bereits in der Vergangenheit mit dem | |
Versuch, rehabilitiert zu werden, gescheitert sind“, sagte Barley. | |
14 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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