| # taz.de -- Vor 30 Jahren fiel der Eiserne Vorhang: Reise nach Süden | |
| > Hendrik Voigtländer will 1988 die DDR verlassen und glaubt, über | |
| > Bulgarien sei das einfach. Stoyan Todorov ist Grenzschützer und soll das | |
| > verhindern. | |
| Bild: Geschlossene Welt: Überreste der Grenzbefestigung zur Türkei in Bulgari… | |
| Berlin/Malko Tarnovo taz | Im Frühjahr 1988 ist Hendrik Voigtländer 23 | |
| Jahre alt, ein geselliger Mann, einer, dem die eigenen vier Wände schon zu | |
| eng erscheinen und der gerne die Weite sucht: „Ich war schon in Moskau auf | |
| dem Kreml. Ich habe den Papst in Polen gesehen. Ich war in Bulgarien im | |
| Rilakloster und am Sonnenstrand und ich war in Budapest zur Formel 1. Ich | |
| kannte die Tschechoslowakei, Rumänien, Konstanza, ich kannte Krakau, ich | |
| kannte Kattowitz, Posen, ich kannte Auschwitz. Ich kannte Warschau – die | |
| Altstadt, ich kannte wirklich ganz Osteuropa. Und 1987 wollte ich nach | |
| Kuba.“ | |
| Der Ost-Berliner stellt bei der FDJ-Kreisleitstelle einen Antrag, doch die | |
| Kreisleitstelle lehnt ab. Der Grund: Voigtländer, der als | |
| Elektroinstallateur tätig ist, habe nicht an allen FDJ-Nachmittagen vom | |
| Betrieb teilgenommen. Zweifel, Argwohn, Fragen kommen auf. Ja, er war nicht | |
| an jedem Nachmittag anwesend, beteiligte sich überhaupt nur unregelmäßig an | |
| den obligatorischen Treffen. „Denn wenn du da hingegangen bist, dann | |
| erzählte dir der Direktor, wie schön es in Amsterdam auf dem Flughafen sei. | |
| Er darf da hin. Wir dürfen da nicht hin. Das ist schon ein komisches | |
| System.“ | |
| Anfang 1988 fragt ihn ein Schulfreund, ob er mit ihm nach Bulgarien reisen | |
| möchte. Mehr noch: Er fragt ihn, ob er mit ihm abhauen will. In den Westen. | |
| Über die Fernstraße von Burgas nach Istanbul. Und dann weiter in die BRD. | |
| Ein verlockender Plan. Hendrik Voigtländer sagt ja und glaubt: „Zweitausend | |
| Kilometer von der DDR, das war die Überlegung, wirst du dich gut anziehen, | |
| also westlich, dann stellen wir uns an die Straße von Burgas nach Istanbul, | |
| Türken ohne Ende, Highway, vierspurig und irgendein Türke würde dich schon | |
| mitnehmen. Das Problem: Da fuhr kein Türke vorbei, und die Straße war kein | |
| Highway, von dem ich ein halbes Jahr nachts geträumt habe, sondern eine | |
| bessere Landstraße, die Straßen waren in einem katastrophalen Zustand.“ | |
| ## Stoyan Todorov und die kurvige Landstraße | |
| Diese Landstraße kennt Stoyan Todorov nur zu gut, fast täglich ist er sie | |
| damals gefahren: „Dieser Weg hatte keinen geraden Kilometer, eine Kurve | |
| nach der anderen. Wenn man in Malko Tarnovo angekommen war, war im Wagen | |
| alles drunter und drüber und im Kopf drehte sich alles“, erinnert er sich. | |
| Es ist die alte Strecke von der Küstenstadt Burgas, über Carevo weiter nach | |
| Malko Tarnovo, der kleinen Stadt direkt an der türkischen Grenze, die bis | |
| nach Istanbul führt. Sie verläuft entlang des Strandscha-Gebirges mit | |
| uralten Eichenbäumen und zahlreichen Höhlen. Es ist kein typisches | |
| Wandergebiet, selten sieht man Ausschilderungen. | |
| Viele DDR-Bürger, die in die Türkei flüchten wollten, versuchten entlang | |
| dieser Route die Freiheit zu erreichen. Oft verließen sie kurz vor den | |
| Grenzkontrollen die Straße und bemühten sich darum, durch den Wald in die | |
| Türkei zu gelangen. Viele studierten das Terrain vorher detailliert. | |
| Stoyan Todorov sagt: „Einige DDR-Grenzverletzer, die wir gefasst hatten, | |
| hatten sehr genaue Karten der Grenzregion bei sich. Bei einem haben wir | |
| eine abgerissene Seite aus einem Buch gefunden, darauf genau zu erkennen, | |
| wo der Grenzfluss Weleka entspringt und wo sich die Flussgrenze zwischen | |
| der Türkei und Bulgarien erstreckt. Man konnte genau sehen, welches Dorf | |
| über den Fluss führt. Andere Grenzverletzer haben sich an den Bergspitzen | |
| orientiert. Es gibt ein paar spezifisch aussehende Berge direkt an der | |
| Grenze zur Türkei, die man sogar von Burgas aus sehen kann.“ | |
| ## Bulgarien, Sehnsuchtsland für DDR-Bürger | |
| „Schön, sich auszustrecken im heißen, feinkörnigen Sand. Die Sonne ist hier | |
| unentwegt zugange, die Wellen, die rastlos, leichtfüßig an den Strand | |
| hüpfen, bringen den herben Geruch des Meeres mit sich …“ heißt es in der | |
| Sendung „Bulgarien hin und zurück“, die im Jahr 1987 im DDR-Radio lief. | |
| Bulgarien – das Traumland für ostdeutsche Touristen. Lange Küstenstreifen, | |
| leckeres Essen, heiße Sommertage – vor allem der Goldstrand im Norden und | |
| der Sonnenstand im Süden lockten damals viele Urlauber an. Die Zahl der | |
| DDR-Touristen stieg von Jahr zu Jahr stetig. Im Jahr 1988 waren es 30.000. | |
| Zwei von ihnen waren Hendrik Voigtländer und sein Freund. Doch für sie | |
| sollte Bulgarien nicht nur ein Urlaubsland sein – sondern das Tor zur | |
| Freiheit. | |
| Seiner Mutter sagt Hendrik Voigtländer beim Abschied lediglich, dass sie | |
| sich vielleicht länger nicht sehen werden. Das war’s, mehr nicht. Mit dem | |
| Wartburg Tourist seines Freundes fahren sie zum Flughafen in Leipzig. Sie | |
| lassen das Auto dort stehen und steigen in die Maschine nach Burgas. Drei | |
| Stunden Flugzeit – und schon ist man in Bulgarien. In Burgas gelandet | |
| fahren die Freunde in den naheliegenden Kurort Sonnenstrand. Es ist | |
| Spätsommerwetter, warm und trocken. Sie haben viel Spaß, spielen Tennis, | |
| befreunden sich mit einer Familie aus Hamburg, gehen aus. | |
| ## Stoyan Todorov, der Grenzschützer | |
| Stoyan Todorov ist Mitte 30, er lebt zusammen mit seiner Frau und zwei | |
| Kindern in der Grenzstadt Malko Tarnovo. Er ist Mitglied der Grenzarmee, | |
| ein Soldat. Sein Auftrag lautet, die Staatsgrenze zu bewachen. Die Umgebung | |
| kennt er wie seine Westentasche. Er weiß, wie tückisch und schwer | |
| zugänglich das Gelände ist: „Es gibt sehr viele Steilhänge, außerdem gibt | |
| es den Pontischen Rhododendron, eine Pflanzenart, die typisch für diese | |
| Region ist. Sie wird circa zwei Meter hoch und wächst sehr dicht, ein | |
| Mensch kann sich leicht in ihr verfangen. Das hat viele bei der Flucht | |
| aufgehalten, sie konnten nicht so schnell weglaufen, wenn sie in so ein | |
| Gebiet eingetreten waren.“ | |
| In den 60er- und 70er-Jahren machte sich in der DDR das Gerücht breit, die | |
| bulgarische Grenze sei leicht zu überqueren. Getarnt als Touristen machen | |
| sich viele DDR-Bürger auf nach Bulgarien. Je südlicher, desto größer würden | |
| die Löcher im Eisernen Vorhang, so die Hoffnung vieler. Einigen glückt die | |
| Flucht, doch für die meisten endet sie mit einer Freiheitsstrafe oder gar | |
| dem Tod. | |
| „Die Dokumente bestätigen, dass viele der gefassten DDR-Bürger in ihren | |
| Aussagen davon berichtet haben, dass in der DDR das Gerücht weit verbreitet | |
| war, die Grenze hier in Bulgarien sei leichter zu überwinden gewesen als | |
| jene zwischen Ost- und Westdeutschland. Das ständige Wiederholen dieser | |
| Behauptung ist schon fast aufdringlich“, erklärt Momchil Metodiev. Er ist | |
| Historiker, sein Forschungsschwerpunkt die Rolle und Funktion der | |
| bulgarischen Staatssicherheit. Für den Experten drängt sich eine Vermutung | |
| auf: Dieses Gerücht, so Metodiev, sei gezielt von der Stasi in die Welt | |
| gesetzt worden. Schwarz auf Weiß ließe sich das nicht beweisen, doch anders | |
| könne er sich nicht erklären, wieso sich dieses Gerücht so hartnäckig | |
| gehalten habe, obwohl man wusste, dass es viele Menschen gab, die gefasst | |
| oder gar getötet wurden. | |
| ## 3. Oktober 1988: Der Fluchtversuch | |
| An jenem Montag stehen die beiden Schulfreunde um 6.30 Uhr auf. An der | |
| Rezeption sagen sie, dass sie einen Spaziergang im Strandscha-Gebirge | |
| machen wollen. Sie nehmen nichts mit, jeweils nur eine Flasche Wasser, | |
| Goldkettchen um den Hals, Uhr am Arm, sie sind schick gekleidet. | |
| Hendrik Voigtländer sagt: „Wir liefen in Richtung Istanbul entlang der | |
| Straße, von der ich geträumt hatte – vierspurig, Highway, Türken ohne Ende. | |
| Das war das ganze Gegenteil. Nach einer Stunde kommt auf der linken Seite, | |
| sehr interessant, auf der linken Seite, ein Schild. Darauf: Istanbul 350 | |
| Kilometer. Der Schulfreund war etwas übergewichtig. Ich habe ihn gefragt: | |
| ‚Dicker willst du jetzt mit mir 350 Kilometer bis nach Istanbul laufen – | |
| mit einer Trinkflasche, die wir schon zur Hälfte ausgetrunken haben?‘ Nach | |
| drei Stunden kommt aus Richtung Burgas ein Bus. Ich hatte die großartige | |
| Idee, den Bus anzuhalten. Der hielt an. Woher kommt ihr? Wir kommen aus | |
| Hamburg, sagten wir. Es stand ja nicht eingraviert auf der Stirn ‚DDR‘. Wir | |
| fahren also in Richtung Istanbul zu dritt. Ich hatte den Busfahrer zweimal | |
| gefragt, ob das hier die Straße nach Istanbul wäre. Wir haben nicht | |
| Russisch gesprochen, damit er nicht vermutet, dass wir aus der DDR kommen. | |
| Englisch sprach er nicht. Nach circa 20 Kilometern kam auf der rechten | |
| Seite ein Grenzhäuschen der bulgarischen Armee. Die winkten uns weiter. Ich | |
| strahlte schon wie ein Honigkuchenpferd. Jetzt sind es noch 330 Kilometer. | |
| Nach circa 40, 50, 60 Metern fuhr der Busfahrer aber rechts ran.“ | |
| Stoyan Todorov hat an jenem 3. Oktober Dienst, er fährt Streife mit einem | |
| Jeep der bulgarischen Armee. Auf jenem Grenzstreifen von Mitschurin bis | |
| Malko Tarnovo, wo Hendrik Voigtländer und sein Schulfreund ihren | |
| Fluchtversuch unternehmen wollen. Er bekommt ein Signal und eilt zum | |
| Einsatz: Elf Kilometer von der Staatsgrenze entfernt, in der Nähe des | |
| Dorfes Balgare, so der Vermerk in den Akten. Am Straßenrand stehen Hendrik | |
| Voigtländer und sein Schulfreund. | |
| ## Hendrik Voigtländer: Die Festnahme | |
| „An der Nordseeküste. Am Plattdeutschen Strand sind wir im Wasser und | |
| selten an Land …“, singt Hendrik Voigtländer. | |
| „Ich komme ja aus Hamburg, ich muss authentisch bleiben. Ich hatte meinen | |
| DDR-Personalausweis in den doppelten Boden der Adidas Unterhose eingenäht. | |
| Der Schulfreund leider nicht. Man findet seinen Personalausweis, meinen hat | |
| man nicht gefunden. Sie holen zwei Säcke aus dem Jeep, das geht sehr, sehr | |
| schnell, und ziehen die Säcke nach vorne zu, machen uns die Handschellen | |
| vorne an und verfrachten uns sehr professionell in den Jeep.“ | |
| „Ja, wir haben denen Säcke übergezogen, damit sie sich nicht orientieren | |
| können.“ Ich zeige ihm eine Kopie des Verhörprotokolls der bulgarischen | |
| Grenztruppen und ein aktuelles Foto von Hendrik Voigtländer. Stoyan Todorov | |
| fühlt sich sichtlich unwohl. | |
| „Ja, ich erinnere mich an ihn. (lange Pause) Er hat sich kaum verändert, | |
| nur im Gesicht sieht man das Alter. Wie alt ist er jetzt? Er war noch jung, | |
| als er es versucht hat. Was ist aus ihm geworden? Ich hätte nie gedacht, | |
| dass ein Dokument, also so ein Protokoll, nach 30 Jahren auftauchen könnte. | |
| Kannst du nicht die Namen schwärzen, oder zumindest meinen Namen?“ Stoyan | |
| Todorov heißt in Wirklichkeit anders. | |
| ## Bulgarien zu den Zeiten des Sozialismus | |
| Die Sperranlage, die die sozialistischen Friedensländer vor den | |
| imperialistischen Feinden schützen sollte, wie es im damaligen Jargon | |
| propagiert wurde, erfüllt seit 1989/1990 keine Funktion mehr. Ende der | |
| 1990er-Jahre wurde sie endgültig zurückgebaut. Doch an schwer zugänglichen | |
| Stellen im Wald finden sich immer noch Überreste der alten Grenzanlage – | |
| vom Wald zurückerobert, fast unsichtbar für den unachtsamen Spaziergänger. | |
| Der hohe Grenzzaun wurde damals mit einem stillen Alarm ausgerüstet. Sobald | |
| der Zaun angefasst wurde, löste das ein Signal beim nächsten Wachposten | |
| aus. Zusätzlich gab es Kontrollstreifen auf beiden Seiten des Zauns. Dieser | |
| geharkte Ackerboden diente den Grenzsoldaten zur Spurensicherung, um | |
| unerlaubtes Betreten des Bereichs leicht zu entdecken. Sollte es einigen | |
| dennoch gelungen sein, den Zaun zu überwinden, so befand man sich jedoch | |
| nicht in Freiheit. Denn die Grenzanlage stand etwa zwei Kilometer vor der | |
| eigentlichen Grenze. Flüchtige sollten so gezielt getäuscht werden und nach | |
| der Grenzüberwindung leicht zu fassen sein. | |
| Zusätzlich wurde ein Gebiet zwischen sechs und fünfzehn Kilometern von der | |
| Grenze ins Landesinnere als Grenzzone erklärt. Ein Betreten dieser Zone war | |
| nur mit offizieller Genehmigung möglich. | |
| Schilder mit der Aufschrift „Grenzzone“ fanden sich damals überall im | |
| Strandscha-Gebirge – auch in deutscher Sprache. Alles wurde streng bewacht: | |
| Bereits 1951 und im Sommer des darauffolgenden Jahres wurden Befehle | |
| erlassen, die den Gebrauch der Waffe festschrieben, und zwar auch gegen | |
| Personen, die aus einem Nachbarstaat die Staatsgrenze gesetzwidrig | |
| überquerten und nicht dem Befehl der Grenzeinheit Folge leisteten. | |
| ## Todorov und der Schießbefehl | |
| Stoyan Todorov sagt: „Nein, ich habe nie geschossen. Aber ja, Angeschossene | |
| gab es. Nicht erschossen, angeschossen. Das Schießen passierte an der | |
| eigentlichen Staatsgrenze, wenn er die Sperranlage schon passiert hat und | |
| wenn er sich nicht unseren Befehlen beugte. Wir durften schießen, aber um | |
| ihn zu warnen, nicht zu töten, sondern um ihn dadurch zu stoppen. Aber es | |
| gab Fälle, wo – also mit dem Ziel, den Grenzverletzer aufzuhalten, wurden | |
| alle Mittel genutzt, nur damit er die Grenze nicht überquert. Denn bei | |
| jeder erfolgreichen Grenzverletzung, also Flucht, wo wir ihn nicht fassen | |
| konnten, musste das komplette Team auf dem roten Teppich in Sofia Rede und | |
| Antwort stehen: Wir mussten erklären, wieso das passieren konnte. Und die | |
| Grenzsoldaten wurden sanktioniert. So war das Gesetz.“ | |
| Voigtländer sagt: „Es kam nicht einmal die Nachricht – nicht einmal, dass | |
| irgendjemand in Tschechien, damals noch Tschechoslowakei, oder in Ungarn | |
| oder in Bulgarien aus Ostdeutschland ums Leben gekommen ist.“ | |
| ## Bulgarien nach dem Jahr 1989 | |
| Nach der Wende blieb dieses Kapitel bulgarischer Geschichte unerforscht. | |
| Die Schulbücher befassen sich nur selektiv mit der Zeit zwischen 1944 und | |
| 1989, über die Arbeitslager der Kommunistischen Partei in Bulgarien wird | |
| wenig gesprochen. | |
| Dimitar Ludzev, stellvertretender Ministerpräsident in den Jahren nach der | |
| Wende und bis 1992 Verteidigungsminister, sagt: „Die Bevölkerung war stark | |
| indoktriniert. Während in Ungarn und Tschechien die Grenzanlage mit | |
| Bulldozern einfach abgerissen wurde und die Menschen Rosen aus dem Stahl | |
| angefertigt und verkauft haben, wollte die Bevölkerung hier das alles | |
| nicht. Vor allem hier im Strandscha-Gebirge blieb die Wahrnehmung, dass die | |
| Grenze eine erhebliche Schutzfunktion hätte. Vor was sie schützen soll, das | |
| war mir nicht klar“. | |
| ## Hendrik Voigtländers Rückkehr nach Deutschland | |
| Nach dem Verhör in der Grenzstadt Malko Tarnovo, landet Voigtländer | |
| zunächst im Gefängnis in Burgas. Nach neun Tagen wird er in ein anderes | |
| Gefängnis in Sofia verlegt, wo er zwei Monate verbringt. In einer kleinen | |
| Zelle mit zwei anderen Personen, auf engstem Raum, ohne Toilette, und nur | |
| alle paar Tage frisches Trinkwasser. Danach wird er in Begleitung von | |
| Stasimitarbeitern in die DDR und dort in das Untersuchungsgefängnis | |
| Hohenschönhausen überführt. Dort verbringt er mehrere Wochen, bevor er | |
| erneut verlegt wird. Schließlich löst ihn die BRD kurz vor dem Mauerfall | |
| aus. | |
| Heute macht Voigtländer regelmäßig Führungen in der Gedenkstätte | |
| Hohenschönhausen, dort wo sich früher die zentrale Untersuchungshaftanstalt | |
| der Stasi befand. Er sagt: „Für mich ist das eine Art Aufarbeitung. Als ich | |
| mit den Führungen vor dreieinhalb Jahren angefangen habe, hatte ich ein | |
| leichtes Zucken im Arm. Heute habe ich es überhaupt nicht mehr.“ | |
| ## Stoyan Todorovs Sohn | |
| Er ist heute Mitte sechzig, mit weißem Haar. Stoyan Todorov ist Rentner, er | |
| lebt mit seiner Frau noch immer in der kleinen Grenzstadt Malko Tarnovo – | |
| und denkt nicht gerne an die alte Zeit. Sein Sohn ist ebenfalls Grenzer | |
| geworden – und bewacht nun die neue EU-Außengrenze. | |
| 13 Apr 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Rayna Breuer | |
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