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# taz.de -- Kritik an neuer Geburtshilfestation: Zu wenig Platz für Frühchen
> 2012 war nach dem Keimskandal die Geburtshilfe des Klinikums Bremen-Mitte
> geschlossen worden. Ärzte halten die nun neu geplante Station für zu
> klein.
Bild: In jedem Inkubator ist nur Platz für ein Frühgeborenes
Bremen taz | Leitende Kinderärzte an den städtischen Kliniken Links der
Weser (LdW) und Bremen Nord halten die neue Geburtshilfestation am
ebenfalls städtischen Klinikum Mitte für zu klein geplant. Ende 2020 soll
sie nach neuestem Stand eröffnet werden.
Dabei kritisieren die Ärzte unterschiedliche Punkte. So ist der Chefarzt
der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Nord, Gunter Simic-Schleicher,
überzeugt, dass die intensivmedizinischen Plätze für Frühgeborene und
kranke Neugeborene nicht ausreichen werden. Zudem hält er die geplante
Zentralisierung der Frühgeborenenversorgung am Klinikum Mitte für falsch
und hat dabei die Ortsteilpolitiker*innen des Beirats geschlossen hinter
sich. Sie fordern, dass die Klinik in Bremen Nord die Zulassung als
Perinatalzentrum des Levels II (siehe Kasten) behält.
Torsten Körner, leitender Arzt der Abteilung Neonatologie und
Intensivmedizin am Klinikum Links der Weser, hingegen hält die
Zentralisierung in Mitte für richtig und auch die geplante Bettenzahl für
ausreichend. Allerdings befürchtet er, dass die Wochenbettstation zu klein
sein wird, um dort einen „vernünftigen Mix an Geburten“ zu haben, wie er es
nennt.
Die Behörde weist die Kritik der Ärzte an den Planungen zurück, sagt aber
auch, dass am Konzept des neuen Eltern-Kind-Zentrums in Mitte noch
gearbeitet werde. Das sagte eine Sprecherin der Gesundheitssenatorin Eva
Quante-Brandt (SPD) auf Nachfrage der taz. Ursprünglich sollte die
Eröffnung noch im zweiten Quartal dieses Jahres stattfinden.
24 Intensivplätze für Früh- und Neugeborene soll es in Zukunft in Mitte
geben – 13 weniger als derzeit im LdW und in Nord zur Verfügung stehen.
Jedenfalls theoretisch, denn praktisch könnten diese auch nur dann belegt
werden, wenn ausreichend Personal zur Verfügung stehe, sagte die Sprecherin
der Gesundheitsbehörde, Christina Selzer. „Der Vergleich der Bettenzahlen
ist daher schwierig.“
Nach ihren Angaben hat die Gesundheitsbehörde im Jahr 2016 berechnet, „wie
viele Geburten in den kommenden 15 Jahren in den Krankenhäusern von Bremen
und des Umlandes zu erwarten sind und mit welchem Bedarf an
intensivmedizinischer Versorgung für die Neugeborenen zu rechnen ist“.
Damals sei man davon ausgegangen, „dass die Geburtenzahlen auf dem Niveau
der letzten Jahre verbleiben“.
Das hatte sich allerdings nicht bewahrheitet, weil die Geburtenzahl in der
Stadt Bremen zwischen 2015 und 2016 sprunghaft angestiegen war, von 7.279
auf 7.795 Geburten. Die Berechnungsgrundlage sei die Bevölkerungsprognose
des statistischen Landesamts gewesen – laut Selzer die aktualisierte aus
dem September 2016, die den Zuzug der Geflüchteten mit eingerechnet hatte.
2018 waren es dann wieder 7.396 Geburten, sodass die Behörde davon ausgeht,
genug Plätze zu haben.
Der Chefarzt aus Bremen Nord, Simic-Schleicher, ist dennoch skeptisch. „Das
haut nicht hin“, sagt er. Bereits jetzt müssten allzu oft Schwangere an
niedersächsische Kliniken verwiesen werden. Er geht, wie viele im Bremer
Norden, davon aus, dass sich die Platzzahl nicht am realen Bedarf
orientiert, sondern daran, wie viel Raum im neuen Eltern-Kind-Zentrum zur
Verfügung stehen wird. Und der Raum ist begrenzt.
Der Hintergrund: Anfang 2012 war nach dem Keimskandal auf der
Frühchenstation die Geburtshilfe des Klinikums Mitte geschlossen worden.
Drei Kinder waren damals gestorben. Die Frühgeborenen-Versorgung wanderte
daraufhin nach Bremen Nord und ans LdW – erst als Zwischenlösung, dann
endgültig. Im Oktober 2016 kam die Rolle rückwärts. Die rot-grüne Koalition
verkündete, jetzt doch am Klinikum Mitte, wo sich Bremens Kinderklinik
befindet, wieder eine Geburtshilfe eröffnen zu wollen. Das Problem: Seit
2011 wird das Klinikum Mitte neu gebaut, es war nur möglich, das neue
Eltern-Kind-Zentrum um eine Etage aufzustocken. Es fehlte an Geld, das in
Teilen im Krankenhausstrukturfonds des Bundes gefunden wurde.
Voraussetzung: Die Konzentration eines stationären Versorgungsangebots an
einen Standort.
## Wochenbettstation zu klein
Medizinisch sei das sinnvoll, sagt Torsten Körner, leitender Kinderarzt am
LdW. Dort kommen jährlich über 100 extreme Frühchen zur Welt, in Bremen
Nord zwischen 20 und 30. Es sei grundsätzlich gut, dass in Zukunft die
Früh- und Neugeborenen dort geboren würden, wo sie auch operiert und
behandelt werden können, sagt Körner. „Damit spart man sich Transporte.“ …
hält auch die Anzahl der Betten für Frühgeborene für ausreichend.
Bedenken hat Körner dennoch. Zum einen geht er davon aus, dass letztlich
die Plätze nicht ausreichen werden, um tatsächlich alle Kinder bis zum Ende
der Behandlung zu behalten. Einige müssten, sobald sie stabil genug seien,
verlegt werden – was im Interesse der Eltern sei, weil ihre Kinder dann
näher am Wohnort wären. Das ist eine Forderung, die auch hinter den
Protesten in Bremen Nord steckt. „Wir brauchen deshalb dringend andere
Kinderkliniken als Kooperationspartner“, sagt Körner. In Niedersachsen –
oder in Bremen: „Ich bin mir nicht sicher, ob wir dafür nicht neben Mitte
ein weiteres Perinatalzentrum des Levels II behalten müssen.“ Das größte
Problem sieht er darin, genug geeignetes Pflegepersonal zu finden.
Zum anderen hält Körner die vorgesehene Wochenbettstation im
Eltern-Kind-Zentrum für zu klein. Nach Angaben der Behörde können dort in
drei Kreißsälen 1.300 Kinder pro Jahr zur Welt kommen. „Das ist zu wenig
für das Personal, um die notwendige Routine auch im Umgang mit
komplizierten Geburten zu bekommen“, sagt Körner. Zudem reiche der Platz
derzeit gerade aus, um die Risikogeburten zu versorgen. „Dafür finden Sie
aber kaum Hebammen“, sagt Körner, „die wollen zwischendurch auch mal eine
einfache, schöne Geburt begleiten können.“
6 May 2019
## AUTOREN
Eiken Bruhn
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