# taz.de -- Sichere Räume in der Clubkultur: Chance auf Emanzipation | |
> Jeder hat eine eigene Vorstellung davon, was einen sogenannten „Safe | |
> Space“ ausmacht. Sind diese in Clubs und Parties überhaupt möglich? | |
Bild: Clubräume können als Form einer kollektiven Gegenbewegung genutzt werden | |
Für Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, sind im Alltag | |
sichere Räume wichtig. In diesen sogenannten „Safe Spaces“ können | |
Marginalisierte in Ruhe ihre Themen diskutieren, ohne Angst zu haben, | |
diskriminiert zu werden, denn dort werden alle gleich behandelt. | |
Gerade in einer Diskothek oder einer Feier kann ein sicherer Raum wie ein | |
unmögliches Unterfangen klingen. In Diskotheken wird Alkohol getrunken oder | |
andere Drogen konsumiert. Es ist dunkel, eng und laut. „Als Veranstalter*in | |
sollte man alles dafür geben, einen möglichst sicheren sozialen Raum zu | |
schaffen. Aber einen garantiert sicheren Raum als solchen wird es dort nie | |
geben“, sagt Xavi Thiem, der Repräsentant des Leipziger Clubs Institut für | |
Zukunft (IfZ). | |
Sich im öffentlichen Raum aufzuhalten ist unweigerlich voller | |
Ungleichheiten, die von unserem Gesellschaftssystem produziert werden. Im | |
IfZ wird versucht, dass Safer Clubbing Konzept umzusetzen. Zum einen gibt | |
es sogenannte Feel Good Persons, an die sich von übergriffigem Verhalten | |
Betroffene wenden können. Zum anderen stellen die Veranstalter*innen | |
kostenloses Obst zur Verfügung und verteilen Infomaterial, um Gäste über | |
Risiken und Gefahren von Drogen aufzuklären. | |
Ein weiterer Teil eines sicheren Feiererlebnisses ist die Türpolitik und | |
die Auswahl der Gäste. Es wird nicht anhand von Kleidung, Geschlecht, | |
Sexualität oder Hautfarbe entschieden, ob eine Person auf die Party passt. | |
Stattdessen wird durch ein kurzes Gespräch auf die Regeln des Clubs | |
aufmerksam gemacht und die Reaktionen und der Zustand der Personen in der | |
Schlange überprüft. | |
## Es wird mit Ekstase und Reflexion geworben | |
Xavi Thiem veranstaltet zusammen mit Sarah Ulrich das Balance Festival in | |
Leipzig. Dort gibt es neben dem musikalischen Angebot im Tagesprogramm | |
unter anderem Workshops und Podiumsdiskussionen, dieses Jahr mit dem Fokus | |
auf feministische Körperpolitiken und Empowerment. Es wird gleichermaßen | |
mit Ekstase wie mit Reflexion geworben. Da kommt die Frage auf, inwiefern | |
die Clubkultur Einfluss auf den politischen Ist-Zustand und | |
gesellschaftliche Normen hat. | |
Sarah Ulrich sagt dazu: „Dieser Einfluss muss nicht zwangsläufig öffentlich | |
oder sichtbar, sondern kann auch im Sinne der Stärkung einer Community sein | |
– beispielsweise durch den Austausch über bestimmte Hierarchien oder | |
Diskriminierungsformen und das Diskutieren kollektiver Strategien zur | |
Veränderung dieser und zur Schaffung von selbstbestimmten, | |
emanzipatorischen Räumen. Aber Clubräume bieten ein enormes Potential zur | |
Kollektivität – und damit auch zur Solidarität.“ | |
Clubräume können also als Form einer kollektiven Gegenbewegung zum | |
gesellschaftlichen System genutzt werden. Sie können ein Empowerment für | |
marginalisierte Gruppen bedeuten. Clubkultur besitzt die Möglichkeit, Räume | |
der Subversion zu fördern, gesellschaftliche Strukturen zu hinterfragen und | |
Normen umzudeuten. Sowohl IfZ, als auch das Balance Festival haben diesen | |
Ansatz. Diese Räume mögen nur eine temporäre Utopie für die Gäste sein. | |
Doch das Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Veranstaltungen und die | |
kollektive Akzeptanz von Personen aus verschiedenen Gruppen bietet die | |
Chance, sich kollektiv zu emanzipieren. Und ein Gesellschaftsmodell | |
vorzuleben, dass sich möglicherweise auch außerhalb einer Cluberfahrung | |
multiplizieren kann. | |
17 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Elena Bavandpoori | |
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