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# taz.de -- Neonazi verkauft angebliche Ökoware: Rechter Schwindel mit Bioöl
> Ein Neonazi aus Brandenburg vertreibt Bio-Olivenöl in Pfandflaschen aus
> Spanien. Das Produkt verdient jedoch das Siegel nicht.
Bild: Bio oder nicht?
Berlin taz | Die Beschreibung der feilgebotenen Ware soll Vertrauen wecken.
Von jahrhundertealten Olivenbäumen und grasenden Ziegen ist die Rede,
ergänzt durch den Satz: „Von der Ernte bis zur Abfüllung unseres
Olivenöles, sind wir in jeder Phase der Produktion dabei.“ Das Versprechen:
Spanisches Olivenöl zu einhundert Prozent aus ökologischer Erzeugung. Dass
das Öl dazu in Pfandflaschen vertrieben wird, macht das Biogefühl perfekt.
Allein: Es handelt sich um einen Etikettenschwindel; das Öl verdient das
Bio-Siegel nicht. Das Produkt, das die wenig spanisch klingende Firma
Mandelbluete SL unter anderem über die eigene Webseite vertreibt, stammt
von einem konventionellen Hof, dem bisher die ökologische Zertifizierung
fehlt. Über den Schwindel hatte z[1][uerst der Rundfunk Berlin-Brandenburg
(RBB) berichtet].
Doch nicht nur das. Hinter der Firma Mandelbluete verbirgt sich ein
gewisser Udo W. – seines Zeichens einschlägig bekannter Neonazi aus
Brandenburg – und dort wegen des Handels von Nazi-Devotionalien angeklagt.
Er wird als Geschäftsführer von Mandelblüte geführt. Für die taz war er
nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen.
Auch einzelnen Bio- und Unverpackt-Läden ist das angebliche Öko-Produkt
angeboten worden. Bundesweit. So auch dem Naturkostladen von Sigrid
Mautschke in der Uckermark. Sie nahm 25 Liter des Öls ab, teils zum
Verkosten, teils zum Verkauf. „Qualitativ war das Öl gut“, sagt sie. Und
doch bekam sie Zweifel an der Seriosität des Händlers, da Kontaktaufnahme
und Abwicklung schwierig waren.
## Kontrollstellencode des Bio-Produkts gefälscht
Beim genaueren Blick aufs Etikett stellte sich dann heraus, dass der
Kontrollstellencode des angeblichen Bio-Produkts gefälscht war. Nach
RBB-Recherchen existiert der angegebene Oliven- und Zitronenanbaubetrieb in
Andalusien zwar, er befindet sich aber noch in der Umstellung – weshalb der
Verkauf der Ware als Bioprodukt unzulässig ist.
In wie viele Läden das falsch etikettierte Olivenöl bislang gelangen
konnte, ist unklar. Ebenso, ob und wie viel der Ware sich nach wie vor in
Regalen befindet. Denn: Mandelbluete hat seinen Sitz in Spanien. „Damit
liegt die Zuständigkeit bei den spanischen Behörden“, heißt es aus dem
Landwirtschaftsministerium in Brandenburg. Heißt: Ein Rückruf des falsch
deklarierten Öls kann nur von dort aus angestoßen werden.
Sicher scheint indes, dass lediglich kleinere, inhaberInnengeführte
Naturkostläden betroffen sind. Und die großen Bioketten? Nachfrage bei
Branchenriese Alnatura. Eine Sprecherin erklärt der taz, dass das Öl bei
ihnen allein deshalb nicht in den Verkauf gelangt sei, da sie generell
nicht mit kleinen, unbekannten Händlern kooperierten.
Bis vor kurzem war die falsche Bioware auch bei Amazon noch zu haben. Erst
als die taz den Konzern mit dem Fall konfrontierte, wurde er aktiv und nahm
das falsch etikettierte Bioöl, aber auch andere Produkte von Mandelbluete
aus dem Sortiment. Nur: Nach kurzer Zeit war das Öl wieder da, mit anderem
Foto. Woraufhin Amazon abermals löschte.
## Amazon will Händler unter die Lupe nehmen
Dies weckt Zweifel am konsequenten Vorgehen des Konzerns. Kann der Händler
das falsche Bioöl also unbegrenzt neu anbieten? Der Online-Riese gibt sich
auf eine Anfrage der taz hin wortkarg. Nur soviel: Der Händler soll nun
genauer unter die Lupe genommen werden. Dies könne in der Löschung des
Verkäufer-Accounts münden. Über die firmeneigene Website dürfte der Verkauf
aber erst einmal weiterlaufen; der Shop ist nur für registrierte Kunden
zugänglich.
Laut dem Online-Portal bio-markt.info hat sich ein Bio-Händler inzwischen
an das brandenburgische Landwirtschaftsministerium gewandt und gefordert,
diesen Verstoß gegen das Öko-Recht zu ahnden und dafür zu sorgen, dass noch
vorhandene Ware dieses Anbieters bundesweit aus dem Verkehr gezogen wird.
Derzeit muss sich W. vor dem Amtsgericht Prenzlau wegen des Handels mit
Hakenkreuz-Bettwäsche und anderen Nazi-Devotionalien verantworten. Der
Strafbestand lautet „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger
Organisationen“. An diesem Montag soll der Prozess fortgesetzt werden.
Bislang ließ sich W. dort von seinem Anwalt vertreten. Bei Verurteilung
drohen ihm bis zu drei Jahre Gefängnis.
12 Apr 2019
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=8HxCH6bx4sE
## AUTOREN
Daniel Godeck
## TAGS
Schwerpunkt Bio-Landwirtschaft
Schwerpunkt Neonazis
Ernährung
Ernte
China
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Bio-Lebensmittel
BÖLW
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