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# taz.de -- Flüchtlingsrat klagt gegen Land: Horst verweigert Zutritt
> Unter Hinweis auf EU-Regeln: Hamburgs Flüchtlingsrat will sich den Zugang
> zu mecklenburgischer Erstaufnahmeeinrichtung erstreiten.
Bild: Erstaufnahmeeinrichtung Horst: Manche müssen rein, andere dürfen nicht.
Hamburg taz | Vor dem Schweriner Verwaltungsgericht wird heute Vormittag
eine Klage des Flüchtlingsrats Hamburg gegen das Land
Mecklenburg-Vorpommern verhandelt. Der Flüchtlingsrat hatte bereits im Jahr
2016 Klage eingereicht, weil die von ihnen autorisierten Vertreter*innen in
die Flüchtlingsunterkünfte des Landes und insbesondere in die Zentrale
Erstaufnahmeeinrichtung in Nostorf/Horst keinen Zugang bekommen.
„Sobald man sich dort als Teil des Flüchtlingsrats zu erkennen gibt, wird
der Zutritt verwehrt“, beklagt Vereinsvorstandsmitglied Franz Forsmann.
Dabei müssten nach geltender EU-Richtlinie auch die Vertreter*innen von
staatlich anerkannten Nichtregierungsorganisationen Zugang zu den
Einrichtungen erhalten, um den dort lebenden Schutzsuchenden effektive
Hilfe zu ermöglichen.
EU-Mitgliedstaaten müssen nach der 2013 neu gefassten Richtlinie 2013/33
sicherstellen, dass Familienangehörige, Anwält*innen oder Berater*innen von
Nichtregierungsorganisationen Zugang zu Unterkünften erhalten.
Der Flüchtlingsrat beklagt, dass auch damit den Geflüchteten die Chancen
auf ein faires Asylverfahren genommen würden. Denn dadurch, dass ihnen der
Zugang verwehrt wird, hätten Geflüchtete wiederum einen erschwerten Zugang
zur Rechtsberatung, den der Verein anbietet. „Als eingetragener Verein sind
wir staatlich anerkannt, der Zugang darf uns also nicht verwehrt werden“,
sagt Forsmann.
## Beratung vor dem Tor
Nachdem die Vertreter*innen in der Einrichtung nicht einmal einen Raum zur
Beratung zur Verfügung gestellt bekamen, wurde ihnen 2016 – nach
Einreichung der Klage – immerhin die Möglichkeit gegeben, in einem
Container vor der Einrichtung die Beratung anzubieten.
„Es ergibt sich aber der Eindruck, dass gravierende Verstöße bei der
Umsetzung der EU-Richtlinien durch das Land weiter praktiziert werden
sollen“, sagt Forsmann. Und so die Unterkunft „nach außen abgeschottet“
werde. Auch eine zwischenzeitlich stattgefundene Mediation wurde
ergebnislos abgebrochen.
Dabei ist die Einrichtung in Horst den Geflüchteteninitiativen seit Jahren
ein Dorn im Auge. Die medizinische Versorgung sei mangelhaft. Viele der
Bewohner*innen, die aus Krisen- und Kriegsgebieten kommen, hätten
körperliche und psychische Erkrankungen, die etwa durch Folter oder
Vergewaltigungen verursacht wurden. Die Situation habe sich in den
vergangenen drei Jahren in Horst noch einmal verschlechtert.
Die in der Klage aufgeführten Vorwürfe weist das Innenministerium zurück.
Pressesprecher Michael Teich teilt auf Anfrage der taz mit, dass die
Erreichbarkeit von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten sowie allen
weiteren Gästen in der Erstaufnahmeeinrichtung gegeben sei. Des Weiteren
sei die ambulante medizinische Betreuung vertraglich über die KMG Klinik
Boizenburg abgesichert. „Hier gibt es keinerlei Unterschiede zur
medizinischen Versorgung der einheimischen Bevölkerung.“
Das ehemalige Kasernen-Gelände der Nationalen Volksarmee liegt im
Niemandsland am früheren DDR-Grenzübergang. Die nächstgelegenen Städte
Boizenburg und Lauenburg sind rund sieben Kilometer entfernt – der Kontakt
zur Außenwelt ist für die dort Untergebrachten ein kostspieliges und
zeitintensives Unterfangen. Bewohner*innen wie Unterstützer*innen fordern
deshalb seit Langem die Schließung der Einrichtung.
## Horst soll „Anker-Zentrum“ werden
Doch das Land hat andere Pläne. Caffier hat Anfang dieser Woche mit
Bundesinnenminister Horst Seehofer vereinbart, dass sich die Einrichtung
zum heftig umstrittenen „Anker-Zentrum“ entwickeln wird. Durch
Unterstützung des Bundes sollen die Asylverfahren in solchen Zentren
deutlich beschleunigt werden und damit auch Abschiebungen.
Interessant könnte die Entscheidung des Gerichts, mit der bereits heute
gerechnet wird, auch dahingehend werden, ob das Gericht den Hamburger
Verein als zuständig für Geflüchtete in Mecklenburg-Vorpommern sieht. Der
Verein engagierte sich dort schließlich aufgrund der Tatsache, dass die
Hansestadt „ihre“ Geflüchteten dort ebenfalls unterbringt. 2006 hatte
Hamburg mit dem Nachbarland eine Vereinbarung über die Mitnutzung
abgeschlossen.
Vorigen September hatte die Hansestadt beschlossen, dort keine Menschen
mehr unterbringen zu wollen – zurückgehende Flüchtlingszahlen wurden als
Grund genannt. Wenn es dort keine Hamburger Geflüchteten mehr gibt, so
befürchtet der Flüchtlingsrat eine mögliche Auslegung des Gerichts, sei der
Klage auch nicht stattzugeben. Dabei wäre diese Tatsache aus Sicht des
Flüchtlingsrats völlig irrelevant.
Dies gelte möglicherweise aber für eine zweite Klage, die der
Flüchtlingsrat ebenfalls 2016 gegen das Land Hamburg als Mitnutzer der
Einrichtung in Horst eingereicht hatte – in diesem Fall ist allerdings
immer noch kein Verhandlungstermin angesetzt. Ob es noch zu einer
Verhandlung kommt, da Hamburg sich nun zurückzieht, ist ungewiss.
11 Apr 2019
## AUTOREN
André Zuschlag
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Flüchtlinge
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