# taz.de -- „Vermummungsverbot“ in Online-Foren: Weniger Anonymität, wenig… | |
> Österreichs Bundesregierung will, dass User sich zu erkennen geben – mit | |
> ihrer Handynummer beim Provider. Netzexperten sind skeptisch. | |
Bild: Ist gegen die vollständige Verhüllung der eigenen Identität im Interne… | |
Wien taz | Ein „digitales Vermummungsverbot“ will Österreichs | |
Bundesregierung am Mittwoch im Ministerrat beschließen. Die Einschränkung | |
der Anonymität von Kommentatoren soll dem Hass im Netz Einhalt gebieten, so | |
der Plan. Dies wurde bereits [1][im vergangenen November] bei einer | |
Expertenanhörung im Parlament von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) | |
angekündigt. Der Wortlaut des Entwurfs, der noch vor dem Sommer dem | |
Parlament vorgelegt werden soll, ist noch nicht bekannt. | |
Kolportiert wird, dass alle Nutzer von sozialen Medien beim Provider ihre | |
Handynummer hinterlegen müssen. Die Verwendung von Pseudonymen soll aber | |
weiterhin zulässig sein. „Was macht jemand, der kein Handy hat?“, fragt | |
[2][die Journalistin Ingrid Brodnig,] die 2016 ein Buch über Hass im Netz | |
geschrieben hat. Den Vermarktungsbegriff „Vermummungsverbot“, den die | |
Regierung in die Welt gesetzt hat, hält Brodnig für eine geniale | |
Bezeichnung: „Das klingt gut, nur was das konkret für die Bürger bedeutet, | |
ist eine Identifikationspflicht im Internet – auch für all jene, die | |
vollkommen sachlich und fair posten.“ | |
Sie zeigt sich gegenüber der taz skeptisch, dass die Einschränkung der | |
Anonymität im Netz die gewünschten Erfolge bringt, und verweist auf das | |
Beispiel Südkorea, wo 2007 ein ähnliches Gesetz beschlossen wurde: „Jeder | |
südkoreanische Bürger hat eine 13-stellige Einwohnernummer. Und wer auf | |
großen Webseiten posten wollte, musste diese Nummer angeben. Man durfte | |
zwar weiterhin Pseudonyme verwenden, aber bei Beschwerden war die Person | |
sofort ausforschbar.“ | |
Die Folgen seien „kreativere Beleidigungen“ gewesen. Und Hacker hätten die | |
privaten Daten von 35 Millionen Südkoreanern erbeutet. 2012 habe der | |
Verfassungsgerichtshof das Gesetz aufgehoben. Eine massive Abnahme | |
illegaler Postings habe sich nicht gezeigt, so Brodig. Über Details gab | |
sich Österreichs Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) noch zugeknöpft. Man | |
werde noch über „finale Ergebnisse informieren“, hieß es aus seinem Büro. | |
Betroffen wären vermutlich auch die Online-Foren mehrerer Medien. | |
Darunter Der Standard, ein Pionier auf dem Sektor, der eines der | |
lebendigsten Foren Österreichs betreibt. „Weniger Anonymität hilft nicht | |
gegen Hasspostings“, meint man bei den liberalen NEOS. Die ehemalige | |
Grünen-Abgeordnete Sigi Maurer wurde vergangenes Jahr mit unter Klarnamen | |
geschriebenen [3][sexistischen Postings belästigt]. Ingrid Brodnig meint, | |
es gebe auch mildere Mittel. Denn schon jetzt habe die Polizei die | |
Möglichkeit, die IP-Adressen von Postern zu ermitteln. | |
10 Apr 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Archiv-Suche/!5548972&s=vermummungsverbot/ | |
[2] /Archiv-Suche/!5038998&s=Ingrid+Brodnig/ | |
[3] /Archiv-Suche/!5538486&s=Sigi+Maurer/ | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Österreich | |
ÖVP | |
FPÖ | |
Netzpolitik | |
Soziale Medien | |
Hetze | |
Fake News | |
Social Media | |
Lesestück Meinung und Analyse | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Umstrittenes Schwert-Video: Mehr als ein Verkehrsunfall | |
Vom Schwertmord in Stuttgart zirkuliert ein Video im Netz. Das mag vielen | |
nicht gefallen, doch die Medien haben kein Monopol mehr. | |
Urteil gegen Sigi Maurer aufgehoben: Erster kleiner Sieg | |
Ein Gericht hebt das Urteil gegen die Ex-Politikerin Sigi Maurer auf. Ihr | |
wurde üble Nachrede vorgeworfen, weil sie sich gegen Belästigung wehrte. | |
Sprachforscher über Desinformation: „Keine Zensur, keine Diskriminierung“ | |
Eine neue Software des Fraunhofer Instituts soll in Sozialen Medien | |
selbstlernend Falschnachrichten finden. Unter anderem sollen Sprachfehler | |
darauf hinweisen. | |
Gastkommentar Klarnamenpflich im Netz: Demokratie braucht Anonymität | |
Anonymität ist eine wichtige Voraussetzung für Demokratie – auch im Netz. | |
Eine Klarnamenpflicht für soziale Medien wäre falsch und nutzlos. | |
taz-Debattenserie Digitalisierung: Netz des Irrsinns | |
Kann die Demokratie das Internet überleben? Es entsteht ein Hass, den es | |
ohne die „Echokammern“ in den Online-Netzwerken nicht gäbe. |