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# taz.de -- Kommentar Algerien im Wandel: Und jetzt die Systemfrage
> Bouteflika ist weg. Restauriert sich das algerische Regime nun von innen
> heraus? Oder erzwingt die Protestbewegung einen wahren Wandel?
Bild: Bis spät in die Nacht feierten AlgerierInnen den Rücktritt Bouteflikas …
Keine fünfte Amtszeit und kein verlängertes viertes Mandat: Abdelaziz
Bouteflika musste nachgeben. Noch nicht einmal bis zum regulären Ende
seiner vierten Amtszeit Ende April konnte sich Algeriens Ex-Präsident an
der Macht halten.
Bouteflika – oder jener Machtzirkel, dessen Frontmann der kranke 82-Jährige
bis zuletzt war – stand unter enormen Druck: seitens der Protestbewegung,
die sechs Wochen lang konsequent friedlich ihre Forderung nach einem Ende
seiner Präsidentschaft aufrechterhielt, aber auch seitens konkurrierender
Machtzirkel innerhalb des Regimes, denen schon zu Beginn der Massenproteste
klar geworden sein dürfte, dass Bouteflika keine Zukunft mehr hat.
Mit [1][Bouteflikas erzwungenem Rücktritt] betritt Algerien den Club von
Staaten wie Tunesien, Libyen, Ägypten und Jemen, in denen Massenbewegungen
die jahrzehntelang herrschenden Autokraten vertrieben haben. Wie jedes
einzelne dieser Länder wird aber auch Algerien einen sehr eigenen Weg
einschlagen.
Nun da Bouteflika die Staatsspitze räumen musste, stellt sich die
Systemfrage. Ab jetzt heißt es: Protestbewegung gegen die Restauratoren im
Machtapparat, in dem auch das Militär eine gewichtige Rolle spielt. Kurz
vor Bouteflikas Rücktritt am Dienstagabend meldete sich Armeechef Ahmed
Gaid Salah mit einer ultimativen Drohung zu Wort: Bouteflikas Zeit sei
abgelaufen. „Wir werden das Volk unterstützen“, sagte Salah, „bis seine
Forderungen erfüllt sind.“
## Algerien ist nicht Ägypten
Vieles erinnert an Ägypten. Auch dort hatte das Militär nach
Massenprotesten 2011 den Langzeitherrscher Hosni Mubarak fallen gelassen
und sich als Vollstrecker des Volkswillens präsentiert. Es folgten
unruhige, aber auch sehr hoffnungsvolle Jahre, die letztlich jedoch in
großer Resignation ob der vollständigen Restauration des Militärregimes
endeten.
Ein großer Unterschied besteht jedoch: In Ägypten waren die islamistischen
Muslimbrüder ein politisch unbeschriebenes Blatt. Nach der Revolution
wählten die ÄgypterInnen sie an die Macht, bevor das Militär diesem
demokratischen Experiment ein frühzeitiges Ende bereitete. In Algerien sind
die islamistischen Kräfte nach dem Bürgerkrieg der neunziger Jahre
vorbelastet. Nichts deutet darauf hin, dass ihre Stunde gekommen ist und
sie sich wie in Ägypten an die Spitze der Protestbewegung setzen werden.
Doch was stattdessen? Überspringt das algerische Regime die demokratische
Phase, restauriert sich von innen heraus und präsentiert den AlgerierInnen
den nächsten Bouteflika? Oder erzwingt die Protestbewegung tatsächlich
einen tiefgreifenden Wandel, der das politische System in Algerien auf
Dauer verändert? Dann stünden auch Algerien hoffnungsvolle, aber auch
ungewisse Zeiten bevor.
3 Apr 2019
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## AUTOREN
Jannis Hagmann
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