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# taz.de -- EM-Qualifikation im Männerfußball: Auswärtserfolg für Löws Team
> Die deutsche Mannschaft gewinnt in den Niederlanden mit 3:2. Der Start
> mit neuer Aufstellung ist gelungen, wie lange das gutgeht, ist offen.
Bild: Der Bundestrainer am Sonntag in Amsterdam
Amsterdam taz | Joachim Löw mag als Fußballtrainer ein großer Freund der
Offensive sein. Auf seinem Arbeitsfeld jenseits des Rasens kann er aber
durchaus als Defensivkünstler durchgehen. Da saß er und stand er am
Sonntagabend in der Johan-Cruyff-Arena von Amsterdam völlig stabil im
Zentrum des Geschehens und ließ sich keinen Millimeter herauslocken.
Mehrfach wurde ihm von den Medienvertretern, die ihn zuletzt massiv
angegangen waren, der Ball zugespielt für den Gegenangriff. Er wurde
gefragt, was ihm dieser 3:2-Auswärtserfolg über die Niederlande im ersten
EM-Qualifikationsspiel denn bedeute. Und als man seiner Zurückhaltung
überdrüssig war, wurde die Vorlage präzisiert. Empfinde er keine
Genugtuung?
„Ich empfinde manches gar nicht so als Kritik“, sagte Löw und erwähnte
dabei auch die Äußerung von DFB-Präsident Reinhard Grindel, der die
Kommunikationsstrategie bei der Ausbootung von Mats Hummels, Jerome Boateng
und Thomas Müller beanstandet hatte und das dann vor allem als Selbstkritik
verstanden wissen wollte. Diese gering ausgeprägte Empfindsamkeit in Bezug
auf Kritik und Genugtuung ist gewiss eine der Schlüsselerklärungen, warum
dieser so hochemotionale Laden dem Bundestrainer noch nicht um die Ohren
geflogen ist.
Am gleichen Ort schien es vor wenigen Monaten fast soweit zu sein, als Löw
den Neuanfang nach der verpatzten WM ausgerufen hatte, und mit einem nahezu
unveränderten Team eine vernichtende 0:3-Niederlage hinnehmen musste.
Dieses Mal standen nur noch vier Spieler von damals in der Anfangself,
während die Niederländer bis auf eine Ausnahme mit der gleichen Besetzung
antrat.
## Viel Lob
Und auch die Bewertungen von Löw unterschieden sich erheblich. „Die erste
Halbzeit war, was das Fußballerisch betrifft, überragend“, bilanzierte der
Bundestrainer. Für die zweite Hälfte, in der sein Team beinahe die
2:0-Führung verspielte, hatte er ebenfalls viel Lob übrig. Die Mannschaft
habe nicht mehr so brilliert, aber „Kampf, Bereitschaft und auch
Leidenschaft“ gezeigt.
Beeindruckend war gewiss einerseits, wie beherzt sich Anton Rüdiger, Leon
Goretzka und sogar Toni Kroos in die Schüsse der aufkommenden Niederländer
warfen und andererseits, wie man selbst in letzten Minute wieder größte
Spielkultur aufblitzen ließ, und Nico Schulz nach einer Kombination über
die eingewechselten Ilkay Gündogan und Marco Reus, den Siegtreffer
erzielte.
Diese Partie gab viel Stoff für Elogen her, allerdings wäre an diesem Abend
auch ein Szenario des großen Lamento denkbar gewesen. Serge Gnabry
beschrieb die Bedrohungslage so: „Holland war brutal am Drücker.“ Hätte
womöglich ein deutscher Abwehrpatzer den Gastgebern den Weg zum Erfolg
geebnet, hätte das Geschrei nach Boateng und Hummels wieder alles andere
übertönt.
## Jederzeit bereit zum Klagen
Dieses neue deutsche Team wird vermutlich auch künftig einen großen
Interpretationsspielraum lassen. So wie Serge Gnabry und Leroy Sané in der
Offensive mit ihrer Schnelligkeit, Ballsicherheit und Dribbelstärke
verzückten, werden einige womöglich zu dem Schluss kommen, dass die DFB-Elf
auch wieder Anwärter auf den nächsten EM-Titel ist. Der niederländische
Coach Ronald Koeman sagte in seiner Rolle als Niederlagenerklärer: „Die
haben natürlich ein paar hervorragende Stürmer.“ Ebenso hob Löw die beiden
auffälligsten Akteure auf dem Rasen hervor. „Serge und Leroy haben ein
Superspiel gemacht.“
Umgekehrt können die Klagen über die Krise des deutschen Fußballs jederzeit
wieder angestimmt werden, wenn die neu formierte deutsche Defensive
vielleicht noch etwas größere Unsicherheiten aufweist als in den
Niederlanden. Denn mit seinem verspäteten Umbruch hat Löw auch noch seinen
letzten Kredit verspielt. Die gelungene Revanche von Amsterdam beschert ihm
nun wieder ein wenig Kapital, mit dem sich ruhiger wirtschaften lässt.
Wer jedoch Joachim Löw in den Katakomben der Johan-Cruyff-Arena genau
zuhörte, der konnte doch ganz sachte Anklänge der Genugtuung vernehmen.
„Den Glauben an die Mannschaft hatte ich schon letztes Jahr“, sagte er.
Zudem habe man in dieser Partie das Spielglück gehabt, das bei den guten
Auftritten in Frankreich (1:2) und bei der Heimpartie gegen die Niederlande
(2:2) gefehlt habe.
25 Mar 2019
## AUTOREN
Johannes Kopp
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Fußball
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Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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