Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: „Der Knackpunkt ist das A und O“
> Das Wahrheit-Interview: Bundestrainer Jogi Löw kontert Kritik an
> Personalentscheidungen mit starkem Pressing.
Bild: Nicht etwa Mütterchen Russland, sondern Väterchen Bundestrainer sitzt h…
Der Bundestrainer hat es nicht leicht – das WM-Debakel vom vorigen Jahr ist
gerade so aus dem kollektiven Bewusstsein entfleucht und der Fall Özil von
allen Seiten zu Ende ausgeschlachtet, da hagelt es schon wieder Kritik.
Diesmal an seiner Entscheidung, die Nationalspieler Hummels, Boateng und
Müller aus der Mannschaft zu schmeißen. Wie hält er das alles aus?
taz: Herr Löw, Sie haben harte Zeiten hinter sich. Das Vorrundenaus der
deutschen Mannschaft bei der WM in Russland – ein Schlag ins Gesicht für
Fußballdeutschland, dann noch der Fall Özil. Und das nach dem großen Erfolg
der Vorjahre, da haben Sie harsche Kritik einstecken müssen. Sind Sie
mittlerweile darüber hinweg?
Joachim Löw: Sehr offensives Fragespiel, das Sie da gleich in der ersten
Hälfte betreiben. Klar, da kommen Sie jetzt natürlich direkt, will sagen:
zentral auf den Punkt vorgestoßen. Kein Pass, kein Drumherumgedribbel,
einfach abgezogen das Ding. Da muss ich jetzt körperliches Stehvermögen
beweisen, fokussiert bleiben, bloß nicht die Nerven verlieren bei Ihrem
starkem Umschaltspiel.
Also nein?
Ja, nein … Auf dem Platz stellen sich solche Fragen gar nicht erst. Die
großen Fragen werden vorher erörtert. Bist du draußen, heißt es: Leistung
zeigen. Da heißt es: Zieh ich das Ding jetzt durch oder nicht?
Ist das nicht auch eine Ja-Nein-Frage?
Schon, einwandfrei! Da versuchen Sie es jetzt über den weiten Bogen.
Taktisch klug, aber meine Abwehr ist natürlich auf so etwas gefasst, das
ist ja ganz klar. Den Ball im Blickfeld, beobachten, was der Gegner vorhat
und ihn dann im entscheidenden Augenblick ins Leere laufen lassen. Das ist,
worauf es ankommt, wenn eine hängende Spitze auf einen Sechser als
Staubsauger in der Raute vor der Abwehr trifft.
Nun stehen Sie abermals im Kreuzfeuer, weil Sie drei Spieler aus der
Mannschaft entfernt haben. Man wirft Ihnen vor, mittlerweile in Ihrer
eigenen Welt zu leben.
Es wird jeder ausgewechselt, dem schon beim Anblick eines Tors die Lunge
aus dem Hals hängt. Draußen gibt es isotonische Getränke, sanfte Musik von
Chris de Burgh und ein sauberes Handtuch. Das Spiel muss weitergehen.
Wenn man sich so intensiv mit Fußball auseinandersetzt wie Sie, kann man da
eigentlich auch mal abschalten oder verfolgt einen das rund um die Uhr?
Zugegeben: Ich wäre manchmal froh, wenn mein Arbeitstag nur 24 Stunden
hätte, das ist als Bundestrainer natürlich nicht machbar. Aber es bereitet
mir nach all den Jahren noch immer Freude, auch wenn es mal was in die
Weichteile gibt. Am Ende dauert jedes Spiel 90 Minuten, und danach gehen
elf müde Männer duschen, das ist meine Welt.
Aber haben Sie nicht das Bedürfnis, mal abzuschalten?
Ganz klar, Regeneration ist wichtig, das A und O möchte ich beinahe sagen.
Der Knackpunkt im modernen Fußball. Auch der Kopf braucht hin und wieder
mal eine Wadenmassage. Sonst sieht man am Ende des Tages nur noch Bälle,
das wäre natürlich ein klares Eigentor.
Was macht ein Jogi Löw also, um runterzukommen?
Auch ich hab mal Tage, da hab ich genug von Spitzenfußball. Dann schau ich
mir ein Bundesligaspiel an, und dann reicht es mir meistens auch schon
wieder. Wichtig ist: Nicht zu lange im Rückstand bleiben. Auf der Bank kann
man auch versauern, und dann läuft man dem Gegner plötzlich hinterher. Auch
die Sponsoren springen irgendwann ab. Und ohne Nivea-Shampoo verlieren
meine Haare ihren unwiderstehlichen Glanz schneller, als ein junger
Brasilianer in den Strafraum tänzeln kann.
Haben Sie noch etwas, das Sie den Menschen zum Ende dieses Gespräches mit
auf den Weg geben wollen?
Nein, ich bin zufrieden mit meiner Performance. Klar, gerade im Mittelteil
zur Halbzeit hin wäre mehr drin gewesen, das muss man einfach offen und
ehrlich sagen, aber Sie sind mir da nicht von der Pelle gerückt, haben
ordentlich Druck gemacht, mir kaum Raum gelassen und sauber die Außenwege
abgeschirmt. Ich hab alles gegeben, das ist am Ende das, was zählt, und ich
geh mir jetzt entspannt die Haare waschen.
Dann, Joachim Löw, gute Besserung und vielen Dank für das Gespräch!
20 Mar 2019
## AUTOREN
Fabian Lichter
## TAGS
Jogi Löw
Bundestrainer
Deutsche Fußball-Nationalmannschaft
Wolfgang Grupp
Kindererziehung
Christian Lindner
Amateurfußball
Fußball
Zecken
Hubertus Heil
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Der König von Burladingen
Das Familienunternehmen Trigema feierte sein 100-jähriges Bestehen. Was ist
das Geheimnis des schwäbischen Unterhosengiganten?
Die Wahrheit: Krumme Gedanken geradeheraus
Der Deutsche verwechselt Kindererziehung noch immer mit Folter und
Abrichtung. Davon künden zahlreiche Ratschläge, die Eltern ungefragt
erhalten.
Die Wahrheit: „Eigentum muss sexy sein!“
Das Wahrheit-Interview: Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner fordert statt
Enteignungen den koketten Staat, der seine Reize auszuspielen weiß.
Kolumne Pressschlag: Bald neu: die Scheiße-Liga
Im regionalen Fußball streitet man sich über aufsteigende Meister. Und im
internationalen Vergleich wird es immer absurder.
EM-Qualifikation im Männerfußball: Auswärtserfolg für Löws Team
Die deutsche Mannschaft gewinnt in den Niederlanden mit 3:2. Der Start mit
neuer Aufstellung ist gelungen, wie lange das gutgeht, ist offen.
Die Wahrheit: Das geheime Leben der Zecken
Manche Tiere sind nicht hoch in der Gunst des Menschen angesiedelt. Aber
weiter unten ist für parasitäre Insekten immer ein Plätzchen frei.
Die Wahrheit: Heile, heile, alles geil
Der Wahrheit-Hausbesuch: diesmal zu Gast bei Bundesarbeitsminister Hubertus
Heil in dessen Heimatstadt Hildesheim.
Die Wahrheit: Auf dem alten Auge blind
Ich heirate eine Pflegefamilie: Thekla Carola Wied hat eine lange fällige
Diskussion über Altersdiskriminierung angestoßen. Natürlich in der „Bild�…
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.