# taz.de -- Brexit-Streit bei den Torys: Wer folgt auf Theresa May? | |
> Die Premierministerin ist ausgebrannt, ihr Brexit-Kurs ist am Ende. Die | |
> Konservativen sondieren, wie eine Übergangsnachfolge aussehen könnte. | |
Bild: Was nach ihr kommt, ist ungewiss | |
Es hat in Großbritannien schon so viele Wochen gegeben, an deren Ende | |
Theresa May immer noch Premierministerin war, dass jede Prognose über die | |
politische Entwicklung in London waghalsig erscheint. Doch nach der | |
Brexit-Verschiebung, die die EU in der Nacht zum Freitag bewilligte, mehren | |
sich die Anzeichen, dass es diesmal wirklich vorbei sein könnte für die | |
seit Juli 2016 amtierende konservative Regierungschefin. | |
Am Sonntag waren sämtliche Regierungsmitglieder damit beschäftigt, entweder | |
Mays Nachfolge auszukungeln oder entsprechende Berichte zu dementieren. Die | |
eigentliche politische Herausforderung, nämlich das weitere Vorgehen beim | |
EU-Austritt, trat in den Hintergrund. | |
Ausschlaggebend dafür war nicht nur, wie widerspruchslos sich Theresa May | |
am Donnerstagabend fünf Stunden lang in einem fensterlosen Brüsseler Zimmer | |
auf die Wartebank setzen ließ, während die anderen Staats- und | |
Regierungschefs der EU beim Abendessen unter sich ausmachten, wie lange und | |
unter welchen Umständen Großbritannien seinen EU-Austritt verschieben darf | |
– womit deutlich wurde, dass nicht London das Heft in der Hand hat. Es war | |
vor allem Mays bemerkenswerte Fernsehansprache vom späten Mittwochabend, in | |
der sie dem Parlament die Schuld daran gab, dass der Brexit nicht | |
vorankommt, und erklärte, sie teile die Ungeduld der Bevölkerung und „ich | |
bin auf eurer Seite“. | |
Eigentlich ging das politische London da noch davon aus, dass May eifrig | |
daran arbeite, die Abgeordneten doch noch für ihren Brexit-Deal zu | |
gewinnen, der bereits zweimal durch das Unterhaus gefallen ist. Da | |
beschimpft man nicht ebenjene Parlamentarier, um deren Stimmen man wirbt. | |
Aber nun war klar: Die Premierministerin buhlt nicht mehr um Rückhalt für | |
ihren Kurs. Und in Brüssel wurde klar: Sie schmiedet auch keinen anderen | |
Kurs. Es steht nur noch ihre Festlegung im Raum, dass sie für die einzige | |
von der EU zugelassene Alternative – eine lange Verschiebung samt | |
britischer Teilnahme an den Europawahlen – als Premierministerin nicht zur | |
Verfügung steht. | |
## Zeitdruck im Wahlverfahren | |
Das heißt: Großbritannien braucht einen neuen Premierminister. May könnte | |
es sich und anderen einfach machen und bei der Queen ihren Rücktritt | |
einreichen. Vielleicht tut sie das noch, aber May macht sich und anderen | |
nie etwas einfach. | |
In jedem Fall hätten die Konservativen laut Wahlgesetz bei einem | |
Stabswechsel oder einem Rücktritt zwei Wochen Zeit, um im Parlament eine | |
Vertrauensabstimmung für einen neuen Regierungschef zu gewinnen. Das passt | |
zur EU-Frist des 12. April – aber für ein reguläres innerparteiliches | |
Wahlverfahren samt Mitgliederentscheid reichen zwei Wochen nicht. Also muss | |
eine Interimslösung her. | |
In der Sonntagspresse, traditionell in Großbritannien die Bühne für | |
politische Testballons, werden verschiedene Interimspremiers genannt: | |
Kabinettsminister David Lidington, Agrarminister Michael Gove. Beide haben | |
in jüngster Zeit May im Parlament vertreten. Für Gove spricht, dass er das | |
politische Schwergewicht der Brexiteers ist und strategisch denkt, also die | |
Suche nach Mehrheiten der reinen Lehre vorzieht; das heißt aber auch, dass | |
er tendenziell zwischen allen Stühlen sitzt, wo May bereits liegt. | |
Für Lidington spricht, dass er am ehesten einen überparteilichen Konsens | |
für einen weichen Brexit herbeiführen könnte; er war allerdings auch schon | |
David Camerons glückloser Europaminister, und seine Dementis sind | |
eindrucksvoll: Die Nähe zu May kuriere jeden von der Ambition, diesen Job | |
machen zu wollen, sagte er am Sonntag. | |
Für Sonntagabend waren alle einflussreichen konservativen Köpfe nach | |
Chequers, den Landsitz der Premierministerin, geladen; ab Montag geht die | |
Initiative wieder an das Parlament über. Wer findet zuerst einen Ausweg – | |
die Minister oder die Abgeordneten? Klar ist nur: Mays Brexit-Strategie ist | |
tot. Noch aber versperrt der Scherbenhaufen allen Alternativen den Weg. | |
24 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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