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# taz.de -- Wagenknechts Rückzug von „Aufstehen“: Denunziatorische Ausfäl…
> Die Bewegung „Aufstehen“ hat sich auf Bundesebene zerlegt. Der grüne
> Mitgründer Ludger Volmer sucht nach Gründen des Scheiterns.
Bild: Da waren sie noch ein Herz und eine Seele: Ludger Volmer und Sahra Wagenk…
Berlin taz | Er war der Grüne an Sahra Wagenknechts Seite. Gemeinsam mit
der Vorsitzenden der Linksfraktion präsentierte [1][Ludger Volmer] Anfang
September des vergangenen Jahres in der Bundespressekonferenz das
„Aufstehen“-Projekt. Es sollte der Startschuss einer „überparteilichen
Sammlungsbewegung“ sein. Nicht weniger, als die „die Politik zurück zu den
Menschen“ und „die Menschen zurück in die Politik“ zu bringen, versprach…
die GründerInnen. Gut ein halbes Jahr später ist davon nicht mehr viel
übriggeblieben.
Jetzt hat Volmer, neben Ex-Bundestagsvizepräsidentin [2][Antje Vollmer] das
prominenteste grüne Gesicht bei „Aufstehen“, eine bittere Bilanz verfasst.
Ein „sektiererisches Anhimmeln von Sahra durch ihre Boyfans“ habe ebenso zu
dem Desaster beigetragen wie „strategische Manöver einer Strömung der
Linkspartei“. Der von Wagenknecht-PrätorianerInnen dominierte
„Aufstehen“-Trägerverein habe eine „Blockadepolitik bis zur offenen
Sabotage“ betrieben.
Die mehrseitige Abrechnung des früheren Grünen-Vorsitzenden, die der taz
vorliegt, ermöglicht einen aufschlussreichen Blick in das Innenleben des
bisherigen Führungszirkels des Projektes. Volmer gehörte dem zentralen
Arbeitsausschuss von „Aufstehen“ an, der etwa zwei Dutzend Personen
umfasste. Auch war er Teil des sechsköpfigen politischen Vorstands.
Neben ihm saßen in diesem provisorischen Gremium noch der aus der SPD
ausgetretene Bundestagsabgeordnete [3][Marco Bülow], der grüne
Ex-Bundestagsabgeordnete Hendrik Auhagen und die Düsseldorfer
Basisaktivistin Sabrina Hofmann. Hinzukamen mit Wagenknecht und dem
Bundestagsabgeordneten Fabio De Masi zwei Mitglieder der Linkspartei.
Bereits am vergangenen Freitag hatten Volmer, Bülow, Auhagen und Hofmann
eine noch von sieben weiteren bisherigen „Aufstehen“-AktivistInnen
unterzeichnete [4][„Erklärung zur Situation von Aufstehen“] veröffentlich…
in der sie das Scheitern der Sammlungsbewegung auf Bundesebene verkündeten.
Nun legt Volmer nach. „Von Blockierern und Blockadebrechern“ hat er sein
Traktat überschrieben – und lässt keinen Zweifel daran, wer für ihn zu
Ersteren und wer zu Letzteren gehört.
## Parteiunabhängig oder Vorfeldorganisation?
Seit Monaten habe es hinter den Kulissen bereits heftigen Streit gegeben,
der sich darin ausgedrückt habe, „dass die Umsetzung von Entscheidungen des
pluralistisch besetzten politischen Vorstandes durch den Trägerverein der
Bewegung – dominiert von Mitgliedern und erklärten Anhängern der
Linkspartei – blockiert wurde“. So habe denn auch der Rücktritt von Sahra
Wagenknecht am 9. März die Auflösung des „Aufstehen“-Vorstands „nicht
eingeleitet, sondern besiegelt“. Danach sei den anderen nur noch der
politische Abgang geblieben.
Eigentlich sollte der von Volmer attackierte Trägerverein nur dazu dienen,
„die Sammlungsbewegung wirtschaftlich und technisch zu unterstützen“. Auf
der [5][„Aufstehen“-Homepage] ist denn auch zu lesen: „Im Trägerverein
werden keine politischen Entscheidungen getroffen“. Doch in der Praxis
scheint der Verein, dessen Vorsitzender der Berliner Dramaturg Bernd
Stegemann ist, das eigentliche Machtzentrum von „Aufstehen“ zu sein.
Hintergrund des permanenten Konflikts zwischen dem politischen Vorstand und
dem Trägerverein war laut Volmer, dass es eine Kontroverse gegeben habe,
„ob Aufstehen eine sich von unten frei entfaltende, parteiunabhängige
Bewegung mit offener strategischer Zielsetzung oder eine politische
Vorfeldorganisation einer bestimmten Strömung der Partei Die Linke sein
sollte“.
Dieser Streit wurde offenkundig mit harten Bandagen ausgefochten. Volmer
beklagt eine „massive Denunzierung und Beleidigung von Mitgliedern des
Vorstandes und Arbeitsausschusses“. Der 67-jährige Politpensionär spricht
von einer „destruktiven Gemengelage“, für die Wagenknecht eine „nicht
unerhebliche Verantwortung“ trage: „Ein deutliches Wort an ihre Boyfans
etwa hätte deren denunziatorische Ausfälle stoppen können.“
## „Widerliche Erfahrung“
Volmers Anschuldigungen ähneln den Aussagen von [6][Florian Kirner], einem
weiteren inzwischen ehemaligen Mitglied des „Aufstehen“-Arbeitsausschusses.
Der Liedermacher und Kabarettist, auch bekannt als „Prinz Chaos II.“,
rechnete bereits am vergangenen Freitag via Facebook ab. „Das Projekt
Aufstehen, dessen Führung dann noch dazu auf ganzer Linie versagt hat, war
effektiv auf den Sand des politischen Betrugs gebaut“, wetterte er.
Auch Kirner unterstellt den Linkspartei-Mitgliedern in der Führung von
„Aufstehen“, dass es ihnen vor allem darum gegangen sei, „sich Hilfstrupp…
für den parteiinternen Fraktionskampf zu organisieren“. Dabei seien sie
nicht zimperlich gewesen: „Verleumdungen gegen unliebsame Akteure wurden
gezielt und flächendeckend in Umlauf gebracht.“
Was Wagenknecht anbetrifft, sei ihm „unklar, inwieweit sie all diese
Machenschaften in ihrem direkten Umfeld klar hat, ob sie das unterstützt,
einfach laufen lässt, nicht wahrhaben will oder ausblendet“, so Kirner. Für
ihn persönlich sei „Aufstehen eine schockierende und in weiten Teilen
widerliche Erfahrung“ gewesen.
Sahra Wagenknecht hat sich bisher nicht öffentlich zu den Querelen
innerhalb von „Aufstehen“ geäußert. Ihren Rückzug aus der Spitze des
Projekts begründete sie in einem am 10. März veröffentlichten Statement
damit, ihres Erachtens sei „der Zeitpunkt gekommen, an dem wir
Berufspolitiker uns stärker zurücknehmen und denjenigen mehr Verantwortung
übergeben sollten, die die Bewegung an der Basis ohnehin tragen“. Sie werde
allerdings „weiterhin am Erfolg von Aufstehen mitarbeiten“.
21 Mar 2019
## LINKS
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[5] https://aufstehen.de/organisation/
[6] https://www.tagesspiegel.de/politik/aufstehen-vor-dem-aus-sahra-wirkte-im-g…
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Sahra Wagenknecht
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