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# taz.de -- Opposition will Stimmrecht schon im Mai: Behinderte Menschen sollen…
> FDP, Linke und Grüne ziehen vor das Verfassungsgericht. Menschen mit
> Betreuer sollen schon an der Europawahl im Mai teilnehmen dürfen.
Bild: Die mehr als 80.000 Betroffenen sollen schon bei der Europawahl Ende Mai …
Berlin taz | FDP, Linke und Grüne wollen vor dem Verfassungsgericht
durchsetzen, dass Menschen mit gerichtlich bestellter Betreuung schon an
der Europawahl Ende Mai teilnehmen können. Die drei Oppositionsfraktionen
hätten entschieden, eine einstweilige Anordnung beim
Bundesverfassungsgericht zu beantragen, und planten eine
Normenkontrollklage, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der
Grünen, Britta Haßelmann, am Mittwoch im Bundestag.
Auch die Koalition will den mehr als 80.000 Betroffenen das Wahlrecht
gesetzlich zusichern, aber erst nach der Europawahl Ende Mai. Das sei
„diskriminierend und nicht verfassungsgemäß“, sagte Haßelmann. Was die
Koalition tue, grenze an „Arbeitsverweigerung“ und eine „Missachtung des
Gerichtes“, ergänzte FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae. Deshalb müsse man
„rettende Sofortmaßnahmen“ ergreifen.
Es geht um [1][Menschen mit Behinderung oder psychisch Kranke, für die in
allen Angelegenheiten ein rechtlicher Betreuer bestellt ist] – und die nach
derzeitigem Recht von Wahlen ausgeschlossen sind. Im Jahr 2013 betraf das
nach Angaben des Bundesverfassungsgerichts 82.220 Menschen. Auch
Straftäter, die bei Begehung der Tat schuldunfähig waren und deshalb in der
Psychiatrie untergebracht sind, dürfen nicht wählen. Karlsruhe hatte Ende
Februar entschieden, dass der Wahlrechtsausschluss unrechtmäßig ist.
Eine Reform zugunsten der Betroffenen hatte schon seit Herbst auf Eis
gelegen. Die Neuwahl des Europaparlaments nahe mit großen Schritten und es
wäre „nur ein Knopfdruck notwendig“, um die betreuten Menschen zu
beteiligen, sagte Thomae. Eile ist geboten: Die Wählerverzeichnisse für die
Europawahl werden laut Bundeswahlleiter bis zum 14. April erstellt.
## Entscheidung wohl in drei bis vier Wochen
Man rechne mit einer Entscheidung des Gerichts über die einstweilige
Anordnung in den kommenden drei bis vier Wochen, sagte der rechtspolitische
Sprecher der Linken im Bundestag, Friedrich Straetmanns. Aus Sicht der drei
Oppositionsfraktionen muss die Entscheidung aus Karlsruhe von Ende Februar
nicht nur für die nächste Bundestagswahl, sondern auch für die Europawahl
gelten, da die jeweiligen Gesetze wortgleich seien. Wenn das
Verfassungsgericht so rechtzeitig vor der Europawahl seine Entscheidung
verkünde, dann könne damit nur ein Arbeitsauftrag für das Parlament
verbunden sein, betonte Straetmanns.
Union und SPD hatten in ihrer Einigung festgehalten, durch eine Änderung
des Europawahlgesetzes wenige Wochen vor der Europawahl „würde in die
laufenden Wahlvorbereitungen eingegriffen werden“. Denn auch das passive
Wahlrecht sollen Betroffene ausüben dürfen, sich also wählen lassen können.
Davon wären auch Verfahren zur Kandidatenaufstellung betroffen.
Das Thema beschäftigt die Große Koalition schon länger. Die damalige
Sozialministerin, Andrea Nahles, veröffentlichte im Juli 2016 eine Studie
zum Wahlrecht von Menschen mit Behinderung, die ihr Ministerium in Auftrag
gegeben hatte. Sie sehe die Studie „als eindeutigen Auftrag, die geltenden
Regelungen des Wahlrechtsausschlusses gemeinsam mit den Expertinnen und
Experten neu zu bewerten“, sagte Nahles damals. Passiert ist seither wenig.
In vielen europäischen Staaten existiert ein Wahlausschluss wie in
Deutschland nicht. In der deutschen Gesetzgebung gibt es Widersprüche: So
dürfen etwa Demenzkranke, die über eine Vollmacht von Angehörigen betreut
werden, ihr Wahlrecht behalten.
20 Mar 2019
## LINKS
[1] /Kommentar-Ende-Wahlrechtsausschluss/!5572160
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
Opposition
Wahlrecht
Klage
Menschen mit Behinderung
Leben mit Behinderung
Leben mit Behinderung
Wahlen
psychische Gesundheit
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