# taz.de -- Sexualisierte Gewalt auf Zeltplatz in NRW: Vorbestrafter Polizist a… | |
> In NRW wurde gegen 15 Polizisten wegen sexualisierter Gewalt an Kindern | |
> ermittelt. Einer von ihnen ist bei der Polizei Lippe. | |
Bild: Auf dem Campingplatz in Lügde wurden hunderte Beweise sichergestellt. Di… | |
BERLIN taz | Eine vom NRW-Innenministerium beauftragte Untersuchung hat | |
ergeben, dass in den vergangenen zehn Jahren gegen 15 Polizisten in | |
Nordrhein-Westfalen wegen Kindesmissbrauchs oder Kinderpornografie | |
ermittelt wurde. Die Überprüfung fand im Rahmen der Ermittlungspannen bei | |
der Aufklärung des tausendfachen Kindesmissbrauchs [1][auf einem | |
Campingplatz in Lügde] im Landkreis Lippe statt. | |
In allen Fällen handelte sich um disziplinar- oder strafrechtliche | |
Verfahren. In 14 der Fälle sind die Polizisten vorläufig oder endgültig | |
nicht mehr im Dienst. Das Landesamt für Aus- und Fortbildung der Polizei | |
(LAFP), das die Untersuchung durchführte, gab bei der „Erstauskunft“ an, | |
das Landeskriminalamt und das LAFP selbst noch nicht überprüft zu haben. | |
Die Untersuchung wurde in Auftrag gegeben, nachdem am Samstag bekannt | |
geworden war, dass ein bei der Kreispolizei Lippe angestellter Polizist | |
wegen des Beschaffens und Besitzes von Kinderpornografie vorbestraft ist. | |
Dies war im Zuge einer Sonderermittlung festgestellt worden, nachdem vor | |
drei Wochen 155 von der Polizei sichergestellte Beweismaterialen im Fall | |
Lügde aus den Räumen der Kreispolizei Lippe in Detmold [2][verschwunden | |
sind]. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Beweismaterial nicht | |
gestohlen wurde, sondern aufgrund nachlässigen Umgangs unauffindbar ist. | |
Die Polizei Lippe erklärte, dass der vorbestrafte Polizist nicht mit dem | |
Fall betraut gewesen sei und einer „engen Dienst- und Fachaufsicht“ | |
unterstehe. Sein Dienstort sei zudem nicht Detmold gewesen. Laut einem | |
Sprecher des NRW-Innenministeriums hatte der Mann, „genauso wie jeder | |
andere, der die Polizeibehörde betreten hat“, Zugriff auf die Beweismittel, | |
da diese nicht ausreichend gesichert waren. Mit dem Auswerten der Dateien | |
war ein Polizeianwärter beauftragt worden, der behauptet, sie innerhalb von | |
fünf Stunden gesichtet zu haben. | |
## Vorbestrafter Polizist klagte gegen seine Entlassung | |
Ein Kollege entdeckte 2011 zufällig kinderpornografisches Material auf dem | |
Laptop des Mannes, der damals bei der Polizei Gütersloh arbeitete. In | |
seiner Wohnung wurden daraufhin mehr als 3.000 Fotos mit | |
kinderpornografischen Inhalten gefunden. Der Mann wurde 2012 vor dem | |
Amtsgericht Bielefeld zu einer Geldstrafe in Höhe von 3.200 Euro | |
verurteilt. | |
Sein Arbeitgeber wollte den Polizeikommissar nach dem Urteil entlassen. | |
Dieser klagte gegen die Entlassung, die erst ab einer Freiheitsstrafe von | |
einem Jahr gesetzlich vorgeschrieben ist. Das Verwaltungsgericht Minden | |
entschied, dass es ausreichend sei, den Beamten zu degradieren. 2015 wurde | |
er nach Lippe versetzt und arbeitet dort als Streifenpolizist. Auch gegen | |
zwei weitere Beamte der Polizei Lippe wurde in der Vergangenheit wegen | |
Sexualdelikten ermittelt. | |
Michael Mertens, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) | |
in Nordrhein-Westfalen sagt, er verstehe, dass die Polizeibehörde den Mann | |
entlassen wollte: „Aber ein Gericht hat darüber entschieden und dieses | |
Urteil musste die Polizei umsetzen.“ Er wirft Innenminister Reul vor, dass | |
er Informationen ohne Kontext öffentlich mache, wodurch er die gesamte | |
Polizei in ein schlechtes Licht rücke. Die vom Innenministerium angeordnete | |
Untersuchung aller Polizist*innen in Nordrhein-Westfalen sei für die | |
lückenlose Aufklärung im Fall Lügde nicht hilfreich. | |
## Anwalt will NRW und Niedersachsen verklagen | |
Ende Januar wurde bekannt, dass auf einem Campingplatz in Lügde seit 2008 | |
[3][mindestens 31 Kinder in über 1.000 Fällen missbraucht wurden], unter | |
anderem für den Dreh von pornografischem Filmmaterial. Drei Männer sitzen | |
in Untersuchungshaft, gegen vier weitere Personen wird ermittelt. Vor einer | |
Woche fanden Ermittler zudem in einem Wohnwagen, dem mutmaßlichen Tatort, | |
131 bisher unentdeckte CDs, eine Festplatte und einen Computer. | |
Roman von Alvensleben, der Anwalt eines 10-jährigen Opfers, teilte | |
vergangene Woche mit, die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen | |
verklagen zu wollen. Er sagte dem Spiegel: „Hätten die Behörden nur | |
ansatzweise ihre Arbeit ordentlich gemacht, wäre meiner Mandantin und | |
anderen Kindern ihr Leid erspart geblieben.“ | |
13 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Rebecca Stegmann | |
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