| # taz.de -- Linken-Chefin Sahra Wagenknecht: Das Ende einer steilen Karriere | |
| > Sahra Wagenknecht wird nicht mehr als Fraktionschefin antreten. | |
| > Offizieller Grund: Stress und Krankheit. Doch es gibt wohl auch | |
| > politische Gründe. | |
| Bild: Will nicht länger Fraktionsvorsitzende sein: Sahra Wagenknecht | |
| Berlin taz | Es gab in der politischen Karriere von Sahra Wagenknecht seit | |
| Langem immer nur eine Richtung: bergauf. An ihr, der Erfolgreichen, die | |
| Parteitage zum Jubeln brachte, Säle in der Provinz füllte, in Talkshows | |
| glänzte, führte kein Weg vorbei. Jetzt endet ihre politische Karriere, | |
| vielleicht. [1][Am Sonntag verkündete sie], dass sie bei der von ihr | |
| mitbegründeten „Aufstehen“-Bewegung aussteigen wird – zumindest aus deren | |
| Führung. | |
| Noch weit einschneidender ist, was Wagenknecht am Montagmittag ihren | |
| verblüfften GenossInnen erklärte: Sie wird nicht mehr als Fraktionschefin | |
| an der Seite von Dietmar Bartsch kandidieren. „Wie ihr wisst, musste ich | |
| knapp zwei Monate lang meine politische Arbeit krankheitsbedingt ruhen | |
| lassen. Inzwischen geht es mir wieder gut. Allerdings hat mir die lange | |
| Krankheit, deren Auslöser in erster Linie Stress und Überlastung waren, | |
| Grenzen aufgezeigt, die ich in Zukunft nicht mehr überschreiten möchte.“ | |
| Eingeweiht war in diesen Plan kaum jemand – sie hatte offenbar nur Dietmar | |
| Bartsch vorab informiert. Auch Parteichefin Katja Kipping, [2][in der | |
| Migrationsfrage Wagenknechts Gegenspielerin], wusste Montagmittag noch | |
| nichts von dem Rückzug ihrer Konkurrentin. Der Coup hat alle überrascht. | |
| „Es gab im Fraktionsvorstand sehr emotionale Reaktionen auf ihre | |
| Ankündigung“, sagte Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der | |
| Fraktion, am Montagnachmittag. | |
| Matthias Höhn, ein Vertrauter von Bartsch, hatte am Montagmittag noch | |
| gehofft, dass Wagenknechts Rückzug bei „Aufstehen“ auch den schwelenden | |
| Zoff in der Partei beruhigen würde. „Der Streit um Aufstehen war für Partei | |
| und Fraktion kraftraubend. Dass dieser zentrale Konflikt nun wegfällt, | |
| trägt zur Befriedung bei“, sagte er der taz. Andere glaubten, dass das Aus | |
| bei „Aufstehen“ ein Schachzug von Wagenknecht war, um ihren Job als | |
| Fraktionschefin zu sichern. Alles Irrtümer. | |
| ## Nun gibt es ein Machtvakuum | |
| Wagenknecht wird, ihrer Erklärung zufolge, bis zur Neuwahl Fraktionschefin | |
| bleiben. „Um einen ordentlichen Übergang zu gewährleisten, werde ich meine | |
| Aufgaben als Fraktionsvorsitzende bis zur Neuwahl wahrnehmen“, so ihre | |
| Erklärung. Doch ihr politischer Einfluss in der Fraktion dürfte schwinden. | |
| Sie ist fortan eine „lame duck“, nicht mehr gebunden an die | |
| Fraktionsdisziplin, von der sie nie viel hielt, aber auch ohne Einfluss auf | |
| die künftige Linie der Fraktion. | |
| Allerdings ist jetzt viel möglich. Die Wahl einer neuen Fraktionsspitze | |
| würde eigentlich im Herbst oder Winter stattfinden, sie kann aber auch | |
| vorgezogen werden. Mit Wagenknechts angekündigtem Verzicht auf eine erneute | |
| Kandidatur kann in den nächsten Tagen die gesamte Statik der inneren | |
| Machtarchitektur der Linkspartei ins Rutschen geraten. Ob das sogenannte | |
| Hufeisen – das Bündnis der Reformer um Dietmar Bartsch und der Parteilinken | |
| um Wagenknecht – ohne Wagenknecht funktionsfähig bleibt, ist zumindest | |
| fraglich. | |
| Es gibt in der Fraktion nun ein Machtvakuum. Parteichef Bernd Riexinger | |
| hofft, dass „Sahra Wagenknecht der Linken als wichtiges Gesicht weiter zu | |
| Verfügung steht“. Doch auch der im Januar notdürftig hergestellte | |
| Burgfrieden zwischen Bartsch, Wagenknecht und der Parteispitze um Katja | |
| Kipping und Bernd Riexinger wird diesen abrupten Rückzug kaum überdauern | |
| können. Angesichts der Europawahl und der drei Wahlen im Osten kämen | |
| interne Machtkämpfe zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. | |
| Oskar Lafontaine trat vor genau 20 Jahren, am 11. März 1999, von allen | |
| Ämtern zurück. Schwer vorstellbar, dass Wagenknecht das vergessen hat. Ist | |
| dieser Termin nur ein Kuriosum? Oder zeigt er, dass Wagenknecht ihre | |
| politische Agenda nicht daran ausrichtet, wie sie ihren Rückzug für alle | |
| Beteiligten erträglich organisiert, sondern eher nach dem Wunsch nach dem | |
| größtmöglichen symbolischen Knalleffekt? | |
| 11 Mar 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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