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# taz.de -- Polizeiaktion zu „Legal Highs“: Beim Dealer zu Haus
> Die Polizei München hat einen globalen Drogenring zerschlagen. Die
> psychoaktiven Stoffe sind gefährlich – und bringen Geld.
Bild: Direkt aus der „Drogenküche“: Die Polizei München präsentiert besc…
München taz | „Ich bin doch nicht so blöd und nehme das Zeug selbst“, soll
der 32-jährige Haupverdächtige den Ermittlern nach seiner Festnahme gesagt
haben. Stattdessen mixte der Mann sogenannte Neue psychoaktive Stoffe (NpS)
und verkaufte sie im Internet beziehungsweise ließ sie verkaufen:
Kriminaldirektor Jörg Beyser vom bayerischen Landeskriminalamt (LKA)
berichtet am Mittwochvormittag in München von einem „Händlerring“, an dem
mindestens 42 Personen beteiligt gewesen seien und der mehr als 20.000
Kunden gehabt habe. Laut bayerischem Innenministerium läuft somit derzeit
das größte Ermittlungsverfahren wegen der neuartigen Drogen im gesamten
Bundesgebiet.
Dementsprechend stolz kam Minister Joachim Herrmann (CSU) denn auch zum
LKA, um zu loben, dass man diese riesige „Drogenküche zerschlagen“ habe.
Herrmann warnte: „Wer NpS konsumiert, spielt mit seiner Gesundheit und
seinem Leben.“
Seit einigen Jahren breiten sich diese Substanzen aus, die früher
[1][„Legal Highs“ genannt wurden], aber nicht mehr legal sind. Sie bestehen
aus meist in China hergestellten chemischen Stoffen, die mit Kräutern und
Lösungsmitteln gemixt werden. Unter harmlos klingenden Bezeichnungen wie
[2][„Kräutermischung“ oder „Badesalz“] werden sie meist im Internet
vertrieben, sagt Walter Bogenreuther, Kommissariatsleiter Rauschgift bei
der Kripo Ansbach. Manche Stoffe können schwere Psychosen oder
Halluzinationen auslösen, andere wirken wie Haschisch, aber um ein
Vielfaches verstärkt.
Das LKA macht es anschaulich auf diesem Pressetermin und zeigt die
Originalzutaten aus der Drogenküche des 32-Jährigen. Er ist ein Deutscher,
der aus Dinkelsbühl im Kreis Ansbach stammt und sich mit den Gewinnen ein
Luxusleben in München gegönnt hat, so die Ermittler. Große Ballen aus
Damianakraut, welches eigentlich als Heilmittel dient, liegen da beim
BKA, Lösungsmittel in Eimern sowie die im Chinalabor hergestellten Drogen,
gepresst zu weißen Blöcken.
## Kunden zahlten bar beim Postboten
Es folgt die abgepackte Ware: glitzernde Tütchen, die wie die Verpackungen
von Sammelkarten für Kinder aussehen. Ein Clown mit einer roten Nase ist
darauf abgebildet, darauf steht „Psycho“. 30 Euro kostete eine
Fünfgrammpackung, sagt Bogenreuther. Die Konsumenten rauchen das Gemisch,
von dem sie nicht wissen, was es enthält. 2016 sind 40 Menschen in Bayern
daran erwiesenermaßen gestorben, 2017 waren es 37 und 2018 schließlich 8.
Den Rückgang erklärt das LKA damit, dass eine bestimmte Substanz, die
häufig tödliche gewirkt hatte, vom Markt verschwunden sei.
Der Kopf des Drogenrings habe eine Art mittelständisches Unternehmen
aufgebaut, sagt LKA-Präsident Robert Heimberger. Jener Mann, der geständig
ist, produzierte die Drogen in Dinkelsbühler und Münchner Wohnungen. Die
viele Kilogramm schweren Brocken gingen an „Umverpacker“, hauptsächlich
nach NRW und Niedersachsen. Diese füllten das Material fein in die Drei-
oder Fünfgrammtüten. Per Nachname wurden sie verschickt, die Kunden zahlten
bar beim Postboten.
Eine Gruppe aus Internetadministratoren wiederum pflegte die 30
Verkaufswebsites, es gab etwa Sonderangebote „3 für 2“. Man musste sich um
Kundensupport, Rücknahmen und Umtausch kümmern. Andere Mitarbeiter waren
beauftragt, das auf den vielen Konten eingehende Drogengeld zu waschen. So
wurden auf einem Konto etwa innerhalb von fünf Monaten 10.000
Zahlungseingänge registriert. Diese „Finanzagenten“, so BKA-Mann
Heimberger, erhielten monatlich 5.000 Euro.
Von März 2017 bis März 2018 dauerten die Ermittlungen, jetzt sitzen vier
Beschuldigte in Haft. Die Ermittler haben ein üppiges Zahlenwerk
recherchiert: So wurde in diesem Zeitraum mehr als eine Tonne Drogen
verkauft, für 10 Millionen Euro. Der Haupttäter gab an, monatlich 60.000
Euro verdient zu haben. Was er damit gemacht hat, wird ebenfalls gesagt und
gezeigt, fünfstellige Restaurantrechnungen wurden entdeckt. Beim LKA sind
nun haufenweise Vuitton- und Gucci-Sonnenbrillen zu sehen, ein riesiger
Flachbildschirm, viel Rosenthal-Porzellan und Versace-Klamotten.
14 Mar 2019
## LINKS
[1] /Gesetzentwurf-der-Bundesregierung/!5301115
[2] /Legal-high-Drogen/!5040193
## AUTOREN
Patrick Guyton
## TAGS
Drogen
Bayern
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Polizei
Drogen
Boris Palmer
Siemens
Bandidos
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