# taz.de -- Schadensersatz für Lebensverlängerung: Leben ist wohl kein Schaden | |
> Ein Mann fand, dass sein dementer Vater zu lange leiden musste, indem er | |
> per Magensonde am Leben erhalten wurde. Der BGH ist skeptisch. | |
Bild: Klagte, weil sein Vater künstlich am Leben erhalten wurde: Heinz Sening | |
Karlsruhe taz | Für eine unnötige Verlängerung des Leidens am Lebensende | |
gibt es vermutlich keinen Schadenersatz. Zu diesem Ergebnis tendiert der | |
Bundesgerichtshof in einem Fall aus Bayern. Der Staat dürfe nicht | |
feststellen, wann Leben „lebensunwert“ geworden ist, sagte die Vorsitzende | |
Richterin Vera von Pentz. | |
Konkret ging es um einen dementen Mann, der seit 2006 im Pflegeheim mit | |
einer Magensonde ernährt wurde und im Oktober 2011 starb. Er konnte nicht | |
mehr kommunizieren und sich nicht bewegen. | |
Der Sohn des Mannes fand, dass sein Vater zu lange leiden musste. | |
Spätestens Anfang 2010 hätte die Magensonde abgeschaltet werden müssen. Als | |
Erbe verlangte er vom behandelnden Hausarzt 150.000 Euro Schadenersatz. Das | |
OLG München billigte ihm Ende 2017 40.000 Euro Schmerzensgeld zu. Der Arzt | |
hätte erkennen müssen, dass die weitere Sondenernährung fragwürdig wurde. | |
Er hätte deshalb mit dem Betreuer des Mannes über einen Abbruch der | |
Behandlung sprechen müssen. | |
Das Münchner Urteil wird wohl keinen Bestand haben. Der BGH bezweifelt, ob | |
hier überhaupt ein Schaden vorliegt. „Ist das Weiterleben eines Menschen | |
ein Schaden?“, fragte Richterin von Pentz. Der Betroffene könne das für | |
sich zwar so wahrnehmen und dürfe auch seinem Leben ein Ende setzen. | |
Der Staat habe aber keine Möglichkeit festzulegen, wann Leben nicht mehr | |
lebenswert ist. Ohne feststellbaren Schaden könne es aber auch keinen | |
Schadenersatz geben. Der BGH wird seine Entscheidung in einigen Wochen | |
verkünden. | |
12 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
BGH | |
Sterbehilfe | |
BGH-Urteil | |
Sterbehilfe | |
Alten- und Pflegeheime | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Urteil lebensverlängernde Maßnahmen: Leben ist trotz Leid kein „Schaden“ | |
Ärzte haften nicht, wenn sie Patient*innen durch künstliche Ernährung | |
länger als medizinisch sinnvoll am Leben halten. Das entschied der | |
Bundesgerichtshof. | |
Prozess zu Sterbehilfe: Sterben bleibt erlaubt | |
Der Gerichtshof für Menschenrechte entschied, dass europäische Staaten den | |
Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen selbst regeln dürfen. | |
Schlagloch Pflegeheime: Wie wollen wir sterben? | |
Sterbehilfe muss geregelt werden. Wichtiger aber wäre eine Debatte über die | |
bessere Ausstattung von Pflegeheimen – und unseren Anteil daran. | |
Vorsorge für den Notfall: Patientenverfügungen für Altersheime | |
Ärzte, Juristen und Ethiker testen in einem Modellprojekt, wie | |
Altenheimbewohner überzeugt werden können, eine Patientenverfügung zu | |
erstellen. |