# taz.de -- Deutsche Renten für NS-Kollaborateure: Belgien fordert Stopp von Z… | |
> 74 Jahre nach Kriegsende erhalten 18 belgische NS-Kollaborateure eine | |
> Rente aus Deutschland. Das belgische Parlament fordert den Stopp. | |
Bild: Rekrutierungsstelle der Waffen-SS in Belgien, zwischen 1940 und 1944 | |
Berlin taz | Das belgische Parlament fordert die deutsche Bundesregierung | |
auf, Zahlungen an ehemalige belgische Nazi-Kollaborateure einzustellen. | |
Eine entsprechende Entschließung wurde bereits am Mittwoch im Auswärtigen | |
Ausschuss der Abgeordnetenkammer einstimmig beschlossen. 18 | |
Leistungsempfänger in Belgien, alle über 90 Jahre alt, beziehen nach | |
Angaben des Bundessozialministeriums seit Jahrzehnten Zusatzrenten aus | |
Deutschland, in Großbritannien erhalten 34 Personen Leistungen nach dem | |
Bundesversorgungsgesetz. Die Beträge sollen monatlich zwischen 435 und 1275 | |
Euro liegen, [1][berichtet die Deutsche Welle in Bezug auf den Historiker] | |
und Nationalsozialismusforscher Alvin De Coninck. | |
Anspruch auf deutsche Opferrenten hätten in Belgien sowohl deutschsprachige | |
Ostbelgier, die zwangseingezogen wurden, als auch Flamen und Wallonen, die | |
sich freiwillig den deutschen Streitkräften anschlossen, sagte Christophe | |
Brüll, Historiker an der Universität Luxemburg, der Nachrichtenagentur AFP. | |
Für den Rentenbezug muss eine Kriegsverletzung nachgewiesen werden, | |
verurteilte Kriegsverbrecher sind von den Bezügen ausgeschlossen. | |
Der Antrag im belgischen Parlament wurde von der regionalistisch-liberalen | |
Démocrate Fédéraliste Indépendant und der sozialdemokratischen Partei PS | |
gestellt. Darin wird von einer „völlig unannehmbaren Situation“ gesprochen. | |
Es sei ungerecht, dass belgische Kollaborateure Renten bezögen. Dies würde | |
der Erinnerung an den Nationalsozialismus und dem europäischen | |
Friedensprojekt widersprechen. | |
„Die Namen dieser Personen sind dem deutschen Botschafter hier bekannt, | |
werden jedoch nicht an die Bundesregierung weitergegeben“, heißt es im | |
Beschluss weiter. Die Antragsteller vermuten deshalb, dass die Empfänger | |
ihre Leistungen steuerfrei erhalten. „Den belgischen Behörden eine Liste | |
über die Rentenberechtigten und die Höhe der Rentenleistungen zu | |
übermitteln wäre auch aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich“, | |
[2][heißt es in einem Dokument aus dem vergangenen Jahr] des | |
wissenschaftlichen Diensts des Bundestags. | |
## „Führererlass“ Adolf Hitlers | |
Das betreffende Bundesversorgungsgesetz wurde bereits im Januar 1998 auf | |
Initiative des damaligen Grünen-Abgeordneten Volker Beck geändert, damit | |
ausländische NS-Kollaborateure keine deutschen Renten mehr erhalten können. | |
„Leistungen sind zu versagen, wenn der Berechtigte während der Herrschaft | |
des Nationalsozialismus gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder | |
Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat“, heißt es darin. „Der Gesetzeswortlaut | |
ist heute eigentlich in Ordnung, nur um die Anwendung kümmerte sich im | |
Sozialministerium nie jemand aktiv“, sagte Beck am Freitag [3][zur | |
Bild-Zeitung (kostenpflichtiger Inhalt)]. | |
„Nach dem 1950 in Kraft getretenen BVG werden Leistungen an Kriegsopfer | |
erbracht. Das BVG ist anzuwenden bei gesundheitlichen Schäden u.a. durch | |
militärischen oder militärähnlichen Dienst, unmittelbare Kriegseinwirkung | |
oder weitere dort aufgeführte Sachverhalte“, teilte ein Sprecher des | |
Bundessozialministeriums der taz mit. Unter den aktuellen | |
Leistungsberechtigten in Belgien würden sich keine ehemaligen Mitglieder | |
der Waffen-SS befinden. | |
Im Juni 2018 fragte die Linken-Politikerin Ulla Jelpke [4][in einer | |
Fragestunde des Bundestags,] wie die Bundesregierung auf die „Problematik | |
von deutschen Rentenleistungen für ehemalige belgische | |
Waffen-SS-Freiwillige und andere, in Belgien teilweise als | |
Militärkollaborateure verurteilte Personen“ reagieren wolle. Der | |
Bundesregierung lagen damals keine Erkenntnisse darüber vor, ob die damals | |
noch 22 Leistungsempfänger Mitglieder der Waffen-SS waren. 2012 sollen noch | |
über 2500 Belgier gelebt haben, die Renten aus Deutschland bezogen. | |
Freiwillige Angehörige der Waffen-SS, Wehrmacht und anderen | |
NS-Kampfverbänden aus dem Ausland galten als Bedienstete des „Deutschen | |
Reichs“ und haben dementsprechend das Recht auf Rentenzahlungen erhalten. | |
Dies geht auf einen „Führererlass“ Adolf Hitlers zurück, der damit | |
ausländische Freiwillige belohnen wollte, die ihm „Treue und Gehorsam“ | |
geschworen hatten. Mitte der 1990er Jahre habe es allein in Lettland noch | |
rund 1500 ehemalige Waffen-SS-Angehörige gegeben, die Leistungen nach dem | |
Bundesversorgungsgesetz bezogen, so der Historiker Martin Göllnitz | |
gegenüber der Deutschen Welle. In Belgien wurden nach dem Zweiten Weltkrieg | |
über 80.000 NS-Kollaborateure verurteilt. | |
22 Feb 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dw.com/de/deutsche-renten-an-belgische-ss-freiwillige/a-47604523 | |
[2] https://www.bundestag.de/blob/563960/adf12df46799850a9d91d6058c826268/wd-6-… | |
[3] https://www.bild.de/bild-plus/politik/inland/politik-inland/hitler-rente-ss… | |
[4] http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19035.pdf#P.3338 | |
## AUTOREN | |
Frederik Schindler | |
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