# taz.de -- Die ITB und ihre Partnerländer: Grüne unter grünem Druck | |
> Die Internationale Tourismusbörse wirbt dieses Jahr mit Malaysia. Dort | |
> werden Lesben gefoltert. Grüne Abgeordnete zwingen die zuständige grüne | |
> Senatorin zum Handeln. | |
Bild: Malaysia präsentiert sich in diesem Jahr als Partnerland der ITB in Berl… | |
Klar, Menschenrechte sind wichtig.Aber doch nicht so wichtig, dass man | |
irgendetwas ändern müsste, heißt es dieses Jahr sinngemäß auf der | |
Internationalen Tourismusbörse (ITB). Die bedeutendste Reisemesse der Welt, | |
die am Dienstagabend in Berlin eröffnet wurde, offenbart diese Bigotterie. | |
Denn das Partnerland der Messe ist, wieder einmal, menschenrechtlich | |
fragwürdig: Malaysia. | |
Dort wurden im vergangenen Jahr zwei lesbische Frauen mit Schlägen | |
bestraft. Tatbestand: gleichgeschlechtlicher Sex in einem Auto. Sie wurden | |
im August durch ein islamisches Scharia-Gericht zu sechs Stockhieben | |
verurteilt. Rund 100 Menschen sahen dem Spektakel belustigt zu. | |
Diese gewaltsame Bestrafung der Frauen durch staatliche Mitarbeiter ist | |
Folter. Doch obwohl Folter niemals zulässig und durch die | |
Staatengemeinschaft geächtet ist, hält die Berliner ITB an ihrem | |
Partnerland fest. Das kritisierte der Berliner Nollendorfblogger Johannes | |
Kram: „Wer Partnerland von uns werden will, muss sich an ein paar ethische | |
Minimalstandards halten, zu denen gehört, dass keine Homosexuellen | |
staatlich gefoltert werden“, sagte er im September. „Ist das zu viel | |
verlangt?“ Er verlangte, Malaysia den Partner-Status abzuerkennen. | |
Die Affäre ist pikant, weil die Messe Berlin, die die Tourismus-Show | |
veranstaltet, zu 99,7 Prozent dem Land Berlin gehört. Und weil die grüne | |
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop im Aufsichtsrat der Messe sitzt. Sie könnte | |
etwas ändern. Deswegen forderte Kram die Senatorin auf, sich im | |
Aufsichtsrat dafür einzusetzen, dass die Messe nur noch Länder auswählt, | |
die die Menschenrechte nicht mit Füßen treten. | |
## „Wir schätzen Dialog“ | |
Doch es passierte wenig. Die Senatorin habe, sagt eine Sprecherin, das | |
Thema „in der Aufsichtsratssitzung kritisch angesprochen“ und darum | |
gebeten, dass die Geschäftsführung etwas mache. Doch sie konnte sich | |
offensichtlich nicht durchsetzen: „Wir halten an unserer Entscheidung | |
fest“, sagt ein Sprecher der Messe, „da wir Dialog und offenen Umgang mehr | |
schätzen als Verwehrung oder Boykott.“ | |
Blöd nur, dass sich der Berliner Senat besonders verpflichtet hat, die | |
Menschenrechte zu schützen. In der Koalitionsvereinbarung heißt es, man | |
werde „die Interessen von LSBTTIQ* auch international unterstützen“. | |
Deswegen treiben grüne Mitglieder des Abgeordnetenhauses die Senatorin aus | |
der eigenen Partei vor sich her. Sie wollen ihr Folter nicht durchgehen | |
lassen: „Wir fordern den Senat auf, gemeinsam mit der Messe Berlin | |
verbindliche Kriterien für die Auswahl der Partnerländer der ITB zu | |
entwickeln“, sagt Anja Kofbinger, queerpolitische Sprecherin. Einen | |
gleichlautenden Antrag hat sie gestern mit Sebastian Walter in die Fraktion | |
eingebracht. Das Papier muss in den kommenden Tagen mit der SPD und Linken | |
abgestimmt werden. | |
Sollte es durchgehen, würden die Parlamentarier die Senatorin Pop zwingen, | |
endlich zu handeln. Die Menschenrechtsfrage auf der Reise-Messe zu klären, | |
ist dringend notwendig. Denn im kommenden Jahr soll das ITB-Partnerland | |
Oman sein. Dort wird Homosexualität mit bis zu drei Jahren Haft bestraft. | |
6 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Markus Kowalski | |
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