# taz.de -- Internationale Tourismusbörse startet: Urlaub als alltägliches Ko… | |
> Reisen bleiben beliebt. Das zeigen die Tourismuszahlen. Doch was tun | |
> gegen zuviel davon? Die Internationale Tourismusbörse diskutiert. | |
Bild: Reisende auf den Ramblas in Barcelona: Ein Touristischer Rat soll helfen,… | |
BERLIN taz | Klar, es gibt Ausnahmen. In diesem Jahr sind das aus | |
verschiedenen Gründen die USA und Großbritannien. Aber ansonsten ist der | |
Trend weltweit gleich – und ungebrochen: Die Tourismusbranche wächst und | |
wächst. Mindestens so schnell wie im Vorjahr und meist schneller als die | |
gesamte Wirtschaft. „Ich erwarte wieder ein Wachstum von rund vier | |
Prozent“, sagt Gloria Guevara Manzo kurz vor der Eröffnung der diesjährigen | |
Internationalen Tourismusbörse (ITB) am Mittwoch in Berlin. Manzo ist | |
Präsidentin des globalen Branchenverbandes World Travel & Tourism Council | |
(WTTC). | |
Auf der weltweit führenden Reisemesse präsentieren rund 10.000 Unternehmen | |
aus 181 Ländern und Regionen ihre Produkte und die aktuellsten Trends der | |
Branche, mehr als 100.000 Fachbesucher_innen und zehntausende private | |
Interessierte werden erwartet. | |
Besonders spannend dürfte der begleitende Kongress sein. Denn während die | |
großen Touristikkonzerne und -anbieter sich über das Wachstum freuen, | |
diskutieren die Touristikmanager_innen vieler Städte und anderer | |
sogenannter Hot Spots, [1][wo die Grenze des Verträglichen liegt] – und wie | |
sie am besten einzuhalten ist. | |
Jede_r zweite Befragte war schon einmal verärgert über die Touristendichte | |
am Urlaubsort. Das zeigt eine ITB-Marktstudie in Zusammenarbeit mit dem | |
Internetunternehmen, das Angebote von mehr als 2.000 Reise-, Unterhaltungs- | |
und lokalen Unternehmen veröffentlicht, die am Mittwoch genauer vorgestellt | |
werden soll. Bei den Chines_innen waren es sogar 84 Prozent, bei den | |
Französ_innen 61 Prozent und bei den Deutschen 60 Prozent. Die allermeisten | |
von ihnen hätten einen anderen Ort bevorzugt, wenn sie über das Aufkommen | |
Bescheid gewusst hätten, viele wären bereit, auch mehr Geld auszugeben, um | |
weniger andere Reisende anzutreffen. | |
## Kein Luxus mehr | |
Tourismusexpert_innen wie Cornelia Kühhas von der Naturfreunde | |
Internationale halten das auch für ein hausgemachtes Problem. „Eine Ursache | |
liegt auch in unserem Konsumverhalten“, sagt sie. „Urlaub wird mehr und | |
mehr zum alltäglichen Konsumgut, während er früher noch häufig als Luxus | |
empfunden wurde.“ Sie hat Verständnis dafür, dass die Einheimischen in | |
beliebten Reisezielen wie Berlin, Venedig oder Barcelona Tourist_innen | |
wenig freundlich begegnen. | |
Verzicht auf Reisen ist aber nicht die einzige Lösung, um Konflikte in | |
immer stärker frequentierten Hotspots zu vermeiden oder zu entspannen. Die | |
Weltorganisation für Tourismus, eine Sonderorganisation der Vereinten | |
Nationen, UNWTO, veranstaltet auf dem ITB-Kongress deshalb ein Panel | |
„Overtourism Revisited“, auf dem Maßnahmen und Praktiken gegen den Overkill | |
vorgestellt und diskutiert werden sollen. Die Hoffnung vieler Anbieter: mit | |
digitalen Technologien lassen sich Besucherströme besser leiten. | |
## ITB legt Fokus aufs Land | |
Beispiele, wie die Städte mit der Herausforderung umgehen, gibt es bereits | |
eine ganze Reihe. Venedigs Bürgermeister etwa will Tagesgäste nur gegen | |
Eintritt in seine versinkende Stadt lassen. In Amsterdam können | |
Einheimische Vermieter_innen von Ferienwohnungen melden. Auch andere | |
indirekte Ansätze wie Steuern oder Wegleiten von den überfüllten Plätzen | |
werden genutzt. Barcelona hat einen Touristischen Rat gebildet. Harte | |
Maßnahmen wie höhere Preise oder gar Kontingente sind bislang unüblich – | |
was auch daran liegt, dass die Bürgermeister_innen und | |
Tourismusmanager_innen das Kind nicht gleich mit dem Bade ausschütten | |
wollen. „Wir wollen ja nicht gleich so aussehen, als seien wir überlastet“, | |
hatte Mato Frankovic, Stadtoberhaupt von Dubrovnik, auf dem ITB Kongress | |
2018 gewarnt. | |
In diesem Jahr soll der Fokus von den Städten auf Landschaften und | |
ländliche Regionen ausgeweitet werden. Vor allem in Nationalparks und | |
anderen Naturschutzgebieten kämpfen die Manager- und Ranger_innen mit | |
gigantischen Besuchermengen, die es erschweren, eben diesen Schutz der | |
Natur auch zu leisten. Zugleich wissen sie: Ohne Tourismus könnten viele | |
dieser Gebiete gar nicht exisitieren. | |
Viel Redebedarf also. Aber immerhin ein gemeinsamer Tenor: So wie bisher | |
geht es nicht weiter. | |
6 Mar 2019 | |
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[1] /Widersprueche-im-Tourismus/!5574029 | |
## AUTOREN | |
Beate Willms | |
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