# taz.de -- Bürgermeister bittet Touristen zur Kasse: Drei Euro für Venedig | |
> Luigi Brugnaro nimmt für seine Stadt künftig Eintritt. Mit der Maßnahme | |
> will er Besucherströme drosseln – und Millionen machen. | |
Bild: Hat schon das Snacken auf dem Markusplatz verboten: Bürgermeister Luigi … | |
ROM taz | Luigi Brugnaro, Bürgermeister von Venedig, ist ein Mann mit | |
Ideen. Sein vorerst letzter Einfall trug ihm jetzt Aufmerksamkeit weit über | |
Italien hinaus ein: Brugnaro möchte ein Eintrittsgeld für die Lagunenstadt | |
einführen. | |
Ab 1. Mai muss jeder Besucher drei Euro lockermachen, wenn er Sankt Markus | |
oder die Rialtobrücke aus der Nähe sehen will. Und im folgenden Jahr sind | |
mindestens sechs Euro, an Tagen mit hohem Andrang gar acht oder zehn | |
fällig. Der 57-Jährige rechtfertigt die Maßnahme mit der Notwendigkeit, die | |
Besucherströme zu drosseln. | |
Brugnaro nämlich geht es um einen Tourismus, der „die Stadt respektiert“ �… | |
und das ist in seinen Augen ein Tourismus, der Geld bringt. In die Politik | |
fand der Erste Bürger Venedigs erst 2015, vorher hatte der studierte | |
Architekt es mit einer Zeitarbeitsfirma zum Millionär gebracht. Auch sein | |
[1][Herangehen an die Fragen des Massentourismus] – Venedig kommt auf etwa | |
20 Millionen Besucher jährlich – darf man wohl „unternehmerisch“ nennen. | |
So sind ihm jene Reisenden zuwider, die mit Schlafsack unterwegs sind, die | |
„mit Brötchen und einer Wasserflasche“ anreisen. Ihnen macht er seit 2017 | |
mit einer städtischen Verordnung das Leben sauer. Denn wer sich am | |
Markusplatz auf die Gehsteigkante setzt und frech im Freien ins Brötchen | |
beißt, muss mit einer Geldbuße von bis zu 200 Euro rechnen. Auch der Genuss | |
alkoholischer Getränke im Freien ist untersagt, genauso wie ein Nickerchen | |
auf einer Parkbank. Außer Geldstrafen droht den Übeltätern auch der | |
Platzverweis aus der Stadt. | |
## Nicht Brugnaros erster merkwürdiger Einfall | |
Brugnaro, gewählt als Frontmann eines Mitte-rechts-Bündnisses, zu dem auch | |
Silvio Berlusconis Forza Italia zählt, geht es aber nicht allein um | |
Touristen, die Geld in die Stadt bringen. Der Mann ist auch | |
Ordnungsliebhaber – deshalb musste vor wenigen Monaten ein Vater 66 Euro | |
Strafe zahlen, da sein fünfjähriger Sohn es gewagt hatte, mit einem | |
Tretroller auf dem Markusplatz zu fahren. | |
Kinder muss man halt manchmal vor Versuchungen bewahren. Das machte | |
Brugnaro schon 2015 deutlich, als er unmittelbar nach seinem Wahlsieg | |
[2][49 Kinderbücher aus den Kitas entfernen ließ]. Diese hatten den | |
„Makel“, die Kleinen mit Gendergedanken und neuen Familienformen wie der | |
Homo-Ehe vertraut zu machen. Schon damals durfte der treusorgende | |
Stadtvater sich über ein weltweites Medienecho freuen, denn niemand anderer | |
als [3][Elton John hatte lautstark gegen den Akt der Zensur protestiert]. | |
Verbieten ließ Brugnaro gleich darauf eine Fotoausstellung im Dogenpalast. | |
Sie zeigte großformatige Bilder von Kreuzfahrtschiffen vor Venedigs Kulisse | |
– und wies so auf die Gefahr hin, die von den Kolossen für die Stadt | |
ausgeht. Die Freiheit des Kreuzfahrtgewerbes in der Lagune aber mag der | |
Bürgermeister nicht zur Disposition stellen, auch wenn sich die Frage | |
stellt, ob diese Sorte Tourismus „die Stadt respektiert“. Geld bringt er | |
auf jeden Fall – auch Kreuzfahrtpassagiere werden die neue Tourist Tax | |
zahlen. | |
27 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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