# taz.de -- Kommentar Tourismus in Venedig: Von wegen Touristen-Drehkreuze | |
> Sicherheitsbarrieren sollen dem Massentourismus endlich entgegenwirken. | |
> Unsere Autorin hat genug von diesen jubelhaften Sensationsnachrichten. | |
Bild: Zum Schreien: Neu aufgestellte Touristenbarrieren in Venedig | |
Ich kann die Jubelarien nicht mehr hören. Dieses „Juhu, endlich wird etwas | |
gegen den Massentourismus unternommen“. Hinter der Sensationsnachricht, | |
dass Venedig Drehkreuze für Touristen einführt, verbirgt sich nichts | |
anderes als die PR-Abteilung des Unternehmers Luigi Brugnaro, dieses Trumps | |
für Arme, der Venedig seit 2015 regiert. | |
De facto ist nichts anderes passiert, als dass die Motorboote von den | |
Adriastränden ihre Tagestouristen nicht mehr in San Marco an der Riva degli | |
Schiavoni unweit des Markusplatzes ausspucken dürfen, sondern an den | |
Fondamente Nuove. Was zur Folge hat, dass am 1. Mai nun auch noch | |
Cannaregio, eins der letzten normalen Stadtviertel, niedergetrampelt wird. | |
Der beschränkte Zugang zu Venedig sieht so aus, dass ein paar | |
Gemeindepolizisten hinter Absperrungen stehen, die die Touristenströme | |
„umleiten“ sollen: ein Unterfangen, so aussichtsreich wie der Versuch, | |
Wasser bergauf zu drücken. | |
Das politische Programm der venezianischen Bürgermeister der letzten 30 | |
Jahre lautet: „Venezianer raus, Touristen rein“. Dieses Ziel ist bald | |
erreicht: Den knapp 53.000 Einwohnern stehen 33 Millionen Touristen | |
gegenüber, die sich von Venedig einen Instagram-Hintergrund erwarten. An | |
Venedig verdienen Kreuzfahrtgesellschaften, Reisegruppen und Multis wie | |
Airbnb. | |
„Privatizzare Venezia“ hieß das Manifest des Philosophen-Bürgermeisters | |
Massimo Cacciari. Gesagt, getan. Seitdem wurden mehr als 100 Palazzi | |
verkauft. Bei der Ausrottung der letzten Venezianer war nicht mal die Pest | |
von 1630 so effektiv wie Airbnb: Es gibt keine Beschränkungen, anders als | |
in Palma de Mallorca, wo die Vermietung durch Airbnb gerade ganz verboten | |
wurde. In Venedig reicht ein formloser Antrag. Wenn das nicht reicht, dann | |
bauen chinesische Finanziers neue Hotels in Mestre: 4.800 Betten – und | |
ebenso viele Tagestouristen. | |
Natürlich könnte man in Zeiten der Onlinebuchung den Tourismus auf | |
einfachste Weise kontrollieren: Das ist aber nicht erwünscht. Venedig ist | |
Neoliberalismus pur. | |
1 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Petra Reski | |
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