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# taz.de -- Bremer Bauwagen-Siedlung „Querlenker“: Wagenburg muckt auf
> Die Obdachlosen-Siedlung am Güterbahnhof ist geräumt. Jetzt fürchten auch
> die Bauwagen-Bewohner, verdrängt zu werden.
Bild: Inzwischen werden Obdachlose am Güterbahnhof nicht mehr von der Stadt ge…
Bremen taz | Nach den Obdachlosen fürchten auch die Bewohner*innen der
Wagenburg „Querlenker“ ihre Verdrängung vom ehemaligen Güterbahnhof. Die
Bauwagen-Siedlung liegt nur ein paar Meter hinter dem Künstlerhaus
Güterbahnhof, wo über 200 Künstler*innen arbeiten, und ist die zweitgrößte
ihrer Art in Deutschland. Sie besteht seit mittlerweile zehn Jahren.
Neben den „Querlenkern“ lebten bis vor kurzem noch obdachlose Menschen,
darunter viele aus Rumänien und Bulgarien. Die Wirtschaftsförderung Bremen
(WFB), die das Gelände verwaltet, hatte am 4. Februar im Auftrag des
Wirtschaftsressorts und in Begleitung der Polizei am Güterbahnhof
Flugblätter verteilt – mit der Aufforderung, das Gelände innerhalb von 14
Tagen zu verlassen. Wer gleichwohl den Platz betrat, dem drohte eine Strafe
von 500 Euro.
Laut einer Stellungnahme der Querlenker wurde drei Tage später, am 7.
Februar, die Allgemeinverfügung herausgeben, dass die Brache zu verlassen
sei. Schon an jenem Tag kam es zu Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs durch
die Polizei, berichten die Querlenker.
Sie werden bislang von der WFB geduldet. Jedes Jahr erhalten die
Bewohner*innen der Bauwagen-Siedlung einen Pachtvertrag – auf eine
Verlängerung für 2019 warten sie jedoch bis heute. Die WFB verweist auf
Nachfrage auf das Wirtschaftsressort. Dort heißt es, dass eine Verlängerung
noch ausstehe, weil man noch auf die Genehmigung vom Ordnungsamt warte.
Dies sei eine gängige Praxis, sagte eine Ressortsprecherin.
Die Bewohner*innen der Bauwägen machen sich dennoch Sorgen: „Mit Blick auf
die Verdrängung hier auf der Brache und die Infragestellung alternativer
Wohnräume in Bremen insgesamt, fragen wir uns als Wagenplatz Querdenker
natürlich, ob wir die Nächsten sein werden, die dieser Entwicklung zum
Opfer fallen sollen“, heißt es in einer Stellungnahme der Querlenker. Sie
kritisieren die zuständigen Behörden und fordern, eine „akzeptable und
soziale Lösung“ zu finden. Außerdem verlangen sie „sichere Räume“ für
Frauen und Minderjährige. Dazu braucht es ihrer Meinung nach eine bessere
Infrastruktur auf städtischen Plätzen, etwa durch das Aufstellen von
Mülltonnen und mobilen Toiletten oder den Zugang zu sauberem Wasser.
Das Problem sei, dass in den letzten Monaten zu viel passiert sei, sagt
Bertold Reetz, der bei der Inneren Mission für die Wohnungslosenhilfe
verantwortlich ist. Im Oktober hatten mehrere Baracken am Güterbahnhof
gebrannt. Zudem gebe es nur eine Zufahrt für die Rettungskräfte, heißt es
aus dem Innenressort. Außerdem wurde jüngst ein Obdachloser von einem Zug
überrollt. „Wenn es Sicherheitsbedenken gibt, kann man diesen nicht
widersprechen“, so Reetz. „Aber es sollte eben auch Plätze geben, wo die
Obdachlosen geduldet werden.“
## Alternativen für die die Obdachlosen
Auch CDU-Innenpolitiker Wilhelm Hinners sagt, dass es keine Verdrängung
geben dürfe: „Damit ist den Menschen ja nicht geholfen.“ Gleichzeitig kann
er die Haltung von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) nachvollziehen: Die
Menschen rund um den Bahnhofsvorplatz und die umliegenden Grünflächen
sollten sich sicherer fühlen können. Für die jetzt vertriebenen Obdachlosen
brauche es Alternativen mit festen Unterkünften, so Hinners.
Jene Obdachlosen, die zuvor am Güterbahnhof lebten, sind derweil in einer
Notunterkunft in der Neuwieder Straße in Tenever untergekommen. Einfach sei
das für die Menschen nicht gewesen, schließlich hätten sie ihr Hab und Gut
verloren, so Reetz. Nun werde geprüft, wer von ihnen Ansprüche aus dem
deutschen Sozialsystem hat.
In Bremen geht man Schätzungen zufolge von rund 500 obdachlosen Menschen
aus, die Hälfte sind EU-Bürger*innen, überwiegend aus Rumänien und
Bulgarien. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht besonders hoch, dass die
Obdachlosen an den Güterbahnhof zurückkehren können: Die WFB teilt mit,
dass „das Gelände zunächst eingezäunt werde, um die Verkehrssicherheit und
unbefugtes Betreten zu verhindern“. Reetz sagt, dass die obdachlosen
EU-Ausländer lieber am Güterbahnhof leben würden, als zurück in ihre Heimat
zu gehen.
19 Feb 2019
## AUTOREN
Stefan Simon
## TAGS
Bauwagen
Bremen
Obdachlosigkeit
Wagenburg
Sicherheitsbehörden
Bauwagen
Wohnungsmangel
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