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# taz.de -- Kampf gegen Mikroplastik: Der Kunststoff-Bumerang
> Hamburg will ein Verbot der giftigen Minikügelchen in Zahnpasta und
> Kosmetika durchsetzen und startet eine Initiative im Bundesrat.
Bild: Reinigen mit Gift? Viele Kosmetika enthalten Mikroplastik
Hamburg taz | Hamburg sagt Mikroplastik den Kampf an. Mithilfe einer
Bundesratsinitiative sollen Kunststoffpartikel in Reinigungs-, Hygiene- und
Kosmetikprodukten verboten werden. Einen entsprechenden Antrag will
Umweltsenator Jens Kerstan am Freitag zusammen mit dem rot-rot-grün
regierten Thüringen in die Länderkammer einbringen.
„Es wäre viel einfacher, wenn die Hersteller endlich auf Mikroplastik
verzichten würden“, sagte Kerstan am Mittwoch bei der Vorstellung der
Initiative. „Aber Freiwilligkeit hat hier bislang wenig bewirkt, deshalb
wollen wir jetzt über den Bundesrat ein Verbot der Kunststoffteilchen in
Kosmetika erreichen.“
Die nur unter dem Mikroskop erkennbaren Plastikperlen in Kosmetika seien
eine tückische Gefahr für die Umwelt, sagte Kerstan. „Sie sind oft so
winzig, dass die heutigen Kläranlagen sie nicht vollständig herausfiltern
können. Eine Umrüstung wäre teuer und müsste von den Wasserkunden
finanziert werden.“
Über Abwässer und Klärschlämme gelangt das Plastik in Gewässer und Böden.
„Über Aufnahme durch Lebewesen wird es Teil der Nahrungskette und damit
auch zu einer Belastung der menschlichen Nahrungsgrundlagen sowie
möglicherweise der menschlichen Gesundheit“, heißt es in dem Antrag.
Die Belastung von Wasser und Böden in norddeutschen Flüssen und Meeren ist
extrem hoch. Nach zwei wissenschaftlichen Expeditionen der Hamburger
Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) mit einem Forschungsschiff
im Sommer 2016 resümierte Forschungsleiterin Gesine Witt: „Was wir gefunden
haben, ist ein brisanter Giftcocktail.“ Nachgewiesen wurden hohe
Konzentrationen von Mikroplastik an fast allen untersuchten Stellen der
Nord- und Ostsee sowie den Mündungen der Flüsse Weser, Elbe und Trave.
Im Wasser nicht abbaubare Kunststoffe wirken auf dort treibende Schadstoffe
wie Polychlorierte Biphenyle (PCB) oder das Insektizid DDT wie Magnete. Sie
vereinigen sich zu Giftklumpen. In den Sedimenten werden diese von Muscheln
und Würmern aufgenommen und gelangen über Krabben und Fische letztlich in
die menschliche Nahrung. Einige dieser Stoffe können auch menschliche
Körperzellen durchdringen, sagt Witt: „Sie sind eindeutig krebserregend.“
Notwendig sei es, diese Stoffe durch weniger schädliche zu ersetzen. „Man
sollte auf plastikhaltige Kosmetikprodukte verzichten. Es gibt auch welche
mit unschädlichen Inhaltsstoffen“, sagt Witt.
Mit Beiersdorf und Unilever haben zwei der weltweit größten
Kosmetikkonzerne ihren Sitz in Hamburg. Beiersdorf gibt an, seit 2015
Mikroplastik „überwiegend“ durch biologisch abbaubare Stoffe zu ersetzen.
Unilever nutzt nach eigenem Bekunden seit Anfang 2015 weltweit kein festes
Mikroplastik mehr.
Nach einer Schätzung des Fraunhofer-Instituts werden in Deutschland pro
Jahr etwa 330.000 Tonnen Mikroplastik freigesetzt. Laut Umweltbehörde
gelangen durch Kosmetikprodukte pro Jahr rund 922 Tonnen Mikroplastik in
die Kanalisation. Die mit Abstand meisten Mikroplastikteilchen aber
entstehen durch den Abrieb von Reifen.
14 Feb 2019
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Hamburg
Mikroplastik
Bundesrat
Umweltverschmutzung
Plastik
Meeresverschmutzung
Kosmetik
Kunstrasen
Plastik
Mikroplastik
Schwerpunkt Klimawandel
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