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# taz.de -- Autonomes Fahren: Freihandfahren mit Haftungsfallen
> Was passiert, wenn ein autonomes Auto einen Menschen überrollt? Ob Halter
> oder Hersteller dann in der Pflicht ist, ist bei Experten hoch
> umstritten.
Bild: Jetzt fährt der Computer. Und was ist, wenn es kracht?
Berlin taz | In den USA ist es bereits passiert. Ein selbstfahrendes Auto
überfährt eine Frau und verletzt sie tödlich. Spätestens dieser Vorfall hat
gezeigt: Auch wenn das Versprechen lautet, dass selbstfahrende Autos
deutlich weniger Unfälle verursachen als Menschen am Steuer – es wird
weiterhin Unfälle geben. Und da stellt sich die Frage: Wer haftet in so
einem Fall, wer wird bestraft?
Die rechtlichen Risiken rund ums autonome Fahren sind zwei von acht
zentralen Punkten, die Expert:innen ab Donnerstag auf dem
Verkehrsgerichtstag in Goslar diskutieren – neben Themen wie
[1][Abbiegeassistenten für Lkw] und Fahrverboten für Dieselfahrzeuge.
Was die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen eines Unfalls so
kompliziert macht, ist unter anderem die Bandbreite der möglichen Ursachen.
Selbst wenn man die Übergangsphase, in der teils der Mensch, teils die
Technik das Fahrzeug steuert, außen vor lässt, gibt es ganz
unterschiedliche Möglichkeiten.
So ist denkbar, dass ein Programmierfehler in der Software zu einem Unfall
führt, gegebenenfalls in Kombination mit einem Hacking-Angriff. Auch ein
Hardware-Defekt, entweder in der verbauten IT-Hardware oder in den
klassischen Autoteilen, etwa bei einem Motorschaden, könnte zu einem Unfall
führen oder ein Ausfall der Netzinfrastruktur, über die die Fahrzeuge
kommunizieren.
„Man muss unterscheiden, wer bei einem Unfall zahlt und wer bestraft wird“,
sagt Markus Schäpe, der beim ADAC die juristische Zentrale leitet. Seine
Position: Zahlen werde auch bei selbstfahrenden Autos weiterhin der Halter.
Denn der schafft, alleine dadurch, dass er das Fahrzeug auf die Straße
bringt, eine Gefahrenquelle.
Marion Jungbluth, Leiterin des Teams Mobilität und Reisen beim
Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), fordert dagegen ein Umdenken:
„Wir plädieren für eine Gefährdungshaftung der Hersteller, um dafür zu
sorgen, dass die Produkte sicher auf die Straße kommen.“ So sieht es auch
Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub VCD. „Das ist nötig, wenn das autonome
Fahren eine Chance haben soll.“ Jungbluth betont, dass es keine
Haftungslücken geben dürfe. In jeder möglichen Unfallkonstellation müsse
klar sein, wer zahle – auch dann, wenn unklar ist, in welcher Komponente
des Fahrzeugs der Fehler lag.
## Fehlerquellen gibt es viele
Ein Punkt könnte sich damit künftig als zentral herausstellen: die
Update-Praxis der Hersteller. Ein Blick auf aktuelle vernetzte Geräte wie
Smartphones zeigt: Der größte Teil ist mit veralteten Versionen und damit
mit ungestopften Sicherheitslücken unterwegs. Die Hersteller selbst haben
kein großes Interesse daran, die Geräte lange aktuell zu halten –
schließlich möchten sie lieber neue verkaufen.
Nun kann ein Auto mit Sicherheitslücken ungleich größeren Schaden anrichten
als ein Smartphone. Doch derzeit ist noch keine gesetzliche Grundlage
vorgesehen, die die Hersteller explizit zum Bereitstellen von
Sicherheits-Updates verpflichtet. „Es wäre aber sehr wünschenswert, wenn es
dafür eine gesetzliche Regelung gibt“, sagt Schäpe.
Er setzt dafür 10 bis 12 Jahre an, das sei derzeit die übliche Lebensdauer
eines Fahrzeugs. Verbraucherschützerin Jungbluth geht noch weiter:
Sicherheits-Updates müsse es über die übliche Lebensdauer hinaus geben, so
lange, wie die Nutzer:innen ein Fahrzeug einsetzen wollen. Beschränken
dürfe man höchstens nicht sicherheitsrelevante System-Updates, die zum
Beispiel das Entertainment-System betreffen.
Sie fordert zudem: Daten, die das Fahrzeug protokolliert, um etwa nach
einem Unfall die Ursachenforschung zu ermöglichen, dürften keinesfalls beim
Hersteller, einer Versicherung oder dem TÜV liegen, sondern nur bei einer
unabhängigen Stelle. Sonst bestehe die Gefahr, dass die Daten im eigenen
Interesse verwendet würden.
24 Jan 2019
## LINKS
[1] /Abbiegeassistenten-fuer-Lkws/!5567895
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Selbstfahrendes Auto
Deutscher Verkehrsgerichtstag
Unfallhaftung
Verkehr
Abbiegeassistent
Universität Bremen
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