# taz.de -- Kommentar Republika Srpska: Nepotismus zum Feiertag | |
> Serbische Nationalisten gedenken in Bosnien verurteilter | |
> Kriegsverbrecher. Immerhin: Ihre Unterstützung in der Bevölkerung | |
> schwindet. | |
Bild: Hier wird ein Staat gefeiert, der durch ethnische Säuberungen entstanden… | |
Scheinbar war alles ganz clever ausgedacht. Weil es in Bosnien Tradition | |
ist, vom katholischen Weihnachtsfest am 25. Dezember über Neujahr bis hin | |
zum orthodoxen Weihnachten am 6. Januar durchzufeiern, glaubte die | |
Führungsriege der serbischen Nationalisten, leichtes Spiel zu haben. | |
Sie ließ den seit Monaten [1][von Demonstranten besetzten Hauptplatz] von | |
Banja Luka am 25. Dezember räumen. Die Stadt ist Regierungssitz der | |
Republika Srpska, dem von Serben beherrschten Teilstaat in Bosnien und | |
Herzegowina. Dessen serbisch-nationalistische Regierung war brutal gegen | |
die trotz der Feiertage ausharrenden Demonstranten vorgegangen, die nach | |
wie vor Aufklärung über den Mord an dem Studenten David Dragičević fordern. | |
Dessen Vater Davor [2][musste untertauchen]. | |
Der Platz sollte frei gemacht werden für die offizielle Feier am 9. Januar, | |
an dem sich die Gründung der Republika Srpska jährt. Natürlich waren alle | |
gekommen, die bei den Nationalisten Rang und Namen haben, vorneweg | |
[3][Milorad Dodik], der starke Mann, der wie Wladimir Putin von einem | |
Staatsamt ins andere wechselt, jedoch immer an der Macht bleibt in einem | |
Staat, der durch die Verbrechen der ethnischen Säuberungen entstanden ist. | |
Sie gedenken der Gründungsväter und -mütter der „Republik“, die vom | |
UN-Tribunal in Den Haag als Kriegsverbrecher verurteilt worden sind. Kein | |
Wort des Bedauerns gegenüber den Zehntausenden von ermordeten Nichtserben, | |
den Massenvergewaltigungen, dem Aufbau von Konzentrationslagern und der | |
Vertreibung von fast zwei Millionen Menschen. | |
## Die Zeiten wandeln sich | |
Im Abkommen von Dayton waren die ethnischen Säuberungen sogar international | |
anerkannt worden. Das politische Ziel des Jugoslawien-Krieges, die | |
Zerschlagung der multinationalen und multireligiösen Gesellschaft, ist fast | |
gelungen. Auch der kroatische nationalistische Führer Dragan Covic feierte | |
in Banja Luka mit, er hat die gleichen Ziele. | |
Doch die Zeiten wandeln sich. Nur ein paar Tausend Menschen aus der | |
Bevölkerung kamen zu den „Feierlichkeiten“. Autokratie und Nepotismus sind | |
zu bedrückend, selbst die bislang loyale Klientel sucht und findet Auswege. | |
Zehntausend junge Serben haben das Land in Richtung der westlichen | |
Demokratien verlassen. | |
Und die Demonstranten haben einen neuen Platz neben der großen Kirche | |
gefunden. Sie sind es, die bleiben wollen und kämpfen deshalb weiter gegen | |
das System, das ihnen keine Zukunft bietet. | |
10 Jan 2019 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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