# taz.de -- Nachruf auf Zdravko Grebo: Tod einer linken Ikone | |
> Der bosnische Juraprofessor und Aktivist Zdravko Grebo kämpfte für | |
> Demokratie und gegen Nationalismus – vor allem während des Krieges. | |
Bild: Sarajevo im Jahr 1995: Dort hob Zdravko Grebo 1993 das Sarajevo Filmfesti… | |
Sarajevo taz | Es waren Hunderte an diesem Freitag, die Zdravko Grebo, der | |
vor drei Tagen gestorben war, die letzte Ehre erweisen wollten. Auf dem | |
atheistischen Teil des Friedhofs Bare in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo | |
herrschte Schweigen, als die Musik von Pink Floyd, The Wall, erklang. | |
[1][Die linke Ikone Sarajevos wurde zu Grabe getragen.] | |
Der 1947 in Mostar geborene Zdravko Grebo war als Juraprofessor kein | |
Fachidiot. 1993 hob er das Sarajevo Filmfestival aus der Taufe – während | |
der Belagerung der Stadt, als die Granaten fielen und das Publikum in den | |
Kellerkinos keineswegs vor ihnen sicher war. Immer wieder erhob er seine | |
Stimme für eine nicht nationalistische Position in dieser gebeutelten, von | |
Feinden umgebenen Stadt. Die ethnischen Teiler, die Säuberer, die | |
Verbrecher, verachtete er zutiefst. | |
„Und trotzdem hat er immer eine menschliche Position bewahrt“, sagt Fra | |
Ivan Starcevic, ein Franziskanermönch, selbst Teil der heutigen | |
Zivilgesellschaft, der trotz der Sympathien Grebos für den jugoslawischen | |
Kommunismus mit ihm gerne zusammentraf. „Nur dass er ein bisschen viel | |
geraucht und getrunken hat“, moniert der Mönch. | |
„Er war ein 68er“, schmunzelt Nerzud Curak, Politikprofessor und ein Freund | |
des Verstorbenen. Für ihn ist Grebo ein Revolutionär geblieben, ein Held, | |
der 1968 aufstand, um gegen soziale und politische Missstände im Staat | |
Titos zu demonstrieren, aber zum Sozialismus hielt, als der in Gefahr war. | |
„Ich weiß noch ganz genau, auf dem letzten Kongress des Bundes der | |
Kommunisten im Januar 1990 nahm er das Mikrofon und warnte vor dem Zerfall | |
Jugoslawiens, wenn keine Kompromisse gefunden werden könnten“. | |
## Kultur gegen Barbarei | |
Im April 1992 war Grebo einer der Organisatoren der großen Demonstration | |
Hunderttausender für den Frieden. Die von serbischen Nationalisten | |
abgegebenen Schüsse trafen zwei Frauen, die ersten Opfer des Krieges. „Sie | |
wollten den Krieg“, stand damals für Grebo fest. | |
Doch die Künstler Sarajevos leisteten auf ihre Art Widerstand. „Mit der | |
Kultur gegen die Barbarei“, sagte er dem Verfasser im belagerten Sarajevo. | |
Nach dem Krieg gehörte er zu jenen, die versuchten, die alte Atmosphäre der | |
Stadt zu bewahren. Doch immer mehr Mitstreiter verließen die Sarajevo und | |
gingen ins Ausland. Sie konnten und wollten nicht zusehen, wie ihre Kinder | |
in einer von den Nationalisten bestimmten Atmosphäre aufwachsen sollten. | |
Grebo versuchte an der Universität demokratische Positionen zu verteidigen | |
und seine Studenten für diese Werte einzunehmen. Weiterhin kritisierte er | |
die sozialen Missstände in dem nun entstandenen Raubtierkapitalismus. „Ein | |
Kampf, der ja nie aufgehört hat“, sagte er bei einem der letzten Treffen im | |
Gespräch mit dem Autor. Der Krieg sei ja nicht wirklich zuende, sondern | |
ginge seiner Meinung nach weiter, mit anderen Mitteln, bis heute. | |
Er hoffte auf eine europäische Integration des Landes und war von der | |
laschen Haltung der internationalen Staatengemeinschaft gegenüber den | |
nationalistischen Parteien tief enttäuscht. „Die Führungen dieser Parteien | |
wollen nicht nach Europa, sie wollen nicht die Herrschaft des Rechts, sie | |
fürchten, dann im Knast zu landen.“ Im vergangenen Jahr war er von seiner | |
Krankheit gezeichnet. „Er war ein guter Mensch,“ sagt der Taxifahrer, der | |
vor dem Friedhof gewartet hat. „ Er hatte ein Herz für die kleinen Leute.“ | |
1 Feb 2019 | |
## LINKS | |
[1] http://novasloboda.ba/preminuo-zdravko-grebo/ | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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