# taz.de -- Misshandelte Flüchtlinge in Burbach: Bewährungsstrafe für den He… | |
> Im Flüchtlingsheim Burbach haben Wachleute Geflüchtete gequält. Der | |
> einstige Heimleiter kommt mit einer milden Strafe davon. | |
Bild: Die Flüchtlingsunterkunft in Burbach ist eine ehemalige Bundeswehrkaserne | |
SIEGEN taz | Im [1][Prozess um Misshandlungen in der Flüchtlingsunterkunft] | |
Burbach im Siegerland ist der ehemalige Heimleiter Ricardo S. zu einer | |
Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden. Zudem | |
muss der 38-Jährige eine Geldbuße von 1.200 Euro an die UN-Flüchtlingshilfe | |
zahlen, urteilte das Landgericht Siegen am Dienstag. Ricardo S. hatte sich | |
schon seit Beginn des Verfahrens gegen insgesamt 30 Angeklagte im November | |
geständig gezeigt. Sein Prozess war ebenso wie das drei weiterer ehemaliger | |
ebenfalls geständiger Wachleute abgetrennt worden. | |
Verantworten musste sich der Ex-Heimleiter für [2][systematische | |
Freiheitsberaubung]: 2014 gingen aus der einstigen Bundeswehrkaserne in | |
Burbach Bilder um die Welt, die an das Foltergefängnis Abu Ghraib im Irak | |
erinnerten. Darauf war der mit Handschellen gefesselte Geflüchtete Marwan | |
R. zu sehen, auf den Boden gedrückt von Wachleuten. Einer presst dem damals | |
29-Jährigen seinen Stiefel in den Nacken, hebt seinen Daumen. „Warum | |
schlagen mir?“, fragt auf einem Video der in einem knastähnlichen | |
„Problemzimmer“ festgehaltene Karim M. „Halt die Fresse“, schreien die | |
Wachleute den zur Tatzeit 18-Jährigen an. „Leg dich in deine Kotze und | |
schlaf!“ | |
Heimleiter S. hat im Prozess eingeräumt, die Einrichtung so genannter | |
Problemzimmer gebilligt zu haben. Die schlecht bezahlten | |
Security-Mitarbeiter, von denen manche bei der Polizei wegen Vorstrafen und | |
Drogenkonsums aktenkundig waren, nutzten dies, um Bewohner des Heims selbst | |
bei kleinen Verstößen gegen die Hausordnung einzusperren – etwa weil in den | |
Zimmern Bier getrunken oder geraucht wurde. | |
Mit diesem Bestrafungssystem habe sich Ricardo S. der Freiheitsberaubung in | |
33 Fällen schuldig gemacht, sagte die Vorsitzende Richterin Elfriede | |
Dreisbach zur Urteilsbegründung. Allerdings sei S. zugute zu halten, dass | |
er als gelernter Versicherungskaufmann über keinerlei Erfahrung im Umgang | |
mit Geflüchteten verfügt habe. | |
## Nur zufällig an den Job gekommen | |
Bei der Betreiberfirma des Heims, der Essener European Homecare (EHC), habe | |
er sich als kaufmännischer Mitarbeiter beworben – angeboten worden sei ihm | |
dann ein Job als Heimleiter. Von Fortbildungen sei nie die Rede gewesen. | |
Dabei habe es in der überbelegten Einrichtung, in der bis zu 1.000 Menschen | |
„unterschiedlicher Kulturen und Religionen auf engem Raum“ zusammenleben | |
mussten, „erhebliche Probleme“ bis hin zu Schlägereien gegeben. | |
S. selbst hatte im Prozess beteuert, er habe sich „nicht vorstellen können, | |
dass die Bewohner in die Zimmer geprügelt wurden“. Auch den Einsatz von | |
Schlagstöcken, Pfefferspray und Handschellen habe er den Wachleuten | |
untersagt. Zum damaligen Mindestlohn von 7,50 Euro angeheuert hatte diese | |
die EHC. Kosten sollten Flüchtlingsunterkünfte auch im 2014 rot-grün | |
regierten Nordrhein-Westfalen möglichst wenig. | |
Ein „Organisationsverschulden“ der Firma sei trotzdem nicht feststellbar, | |
so ein Gerichtssprecher. Es habe keine Anweisungen an Heimleitung oder | |
Wachleute gegeben, Menschen einsperren zu lassen oder gar zu prügeln. Bis | |
heute wirbt die Firma deshalb mit dem Slogan „Wirtschaftlichkeit und | |
Soziales dürfen sich nicht ausschließen“ – und betreut laut Eigenwerbung | |
aktuell 80 Heime für Geflüchtete und Obdachlose. | |
22 Jan 2019 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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