# taz.de -- Doping im Langlauf: Blutdoping auf der A8 | |
> Der österreichische Langläufer Johannes Dürr bekennt sich öffentlich zum | |
> Doping. Die Behörden ermitteln. Doch welche Rolle spielte sein Verband? | |
Bild: Dürr bei der Olympiade in Sotschi 2014. Heute sei er clean, sagt er – … | |
Wien taz | In Österreich und Deutschland suchen Behörden und | |
Anti-Doping-Funktionäre die Helfer des Dopingbetrügers Johannes Dürr (31). | |
Der Langläufer des Österreichischen Ski Verbands (ÖSV) war am Tag vor dem | |
50-km-Langlauf-Marathon [1][der Winterspiele in Sotschi 2014 des Dopings | |
mit Epo überführt worden.] | |
Dürr gab am vergangenen Donnerstag in der ARD-Dopingdokumentation „Gier | |
nach Gold“ an, vor den Spielen auch Eigenblutdoping betrieben zu haben. Und | |
zwar an verschiedenen Orten in Österreich und Deutschland, einmal im | |
Hotelzimmer, das andere Mal im Auto in der Nähe der A8 in Bayern. Auch | |
ÖSV-Betreuer hätten ihm dabei geholfen. Namen nannte Dürr nicht. Es handelt | |
sich mutmaßlich um Trainer, Physiotherapeuten und Ärzte. Ihnen drohen in | |
Österreich und Deutschland Gefängnisstrafen. | |
Am Tag nach der Ausstrahlung der ARD-Doku erschien das Buch „Der Weg | |
zurück“ (Insel 2019), in dem der Schriftsteller Martin Prinz Dürrs Weg | |
dokumentiert. Schon als hochbegabter Jugendsportler habe er – legale – | |
Vitamininfusionen bekommen. Die jungen Sportler würden in eine Atmosphäre | |
der Mitwisserschaft und des Schweigens eingewoben, in den Zimmern der | |
Athleten türmten sich Medikamentenschachteln. Eines Tages sei ein | |
ÖSV-Betreuer zu ihm gekommen und habe ihm in konspirativer Attitüde | |
mitgeteilt, jetzt könnte Dürr an Epo herankommen. | |
Da war die „Gier nach Gold“ wohl schon so groß, dass Dürr das Angebot | |
annahm. Dürr sagt, er sei nun clean, und er will als ÖSV-Staffelläufer an | |
der Nordischen Ski-WM in Seefeld, die am 20.Februar beginnt, teilnehmen. | |
Ein wohl auch selbsttherapeutische Unterfangen, um dem Sportlerleben einen | |
versöhnlichen Schluss anzuhängen. Kann er auch ohne Doping in die Nähe der | |
Weltspitze gelangen? | |
## Verband spricht von Einzeltätern | |
Aber kann der ÖSV einen Läufer, der ihn der Beihilfe zum Doping bezichtigt, | |
für ein Großereignis nominieren? Auch dürfte Dürr in der Kollegenschaft | |
kaum willkommen sein. Sei es, weil er selber betrogen hat oder weil er ein | |
aus eigener Erfahrung authentifiziertes Betriebsgeheimnis des | |
Langlaufzirkus öffentlich gemacht hat. | |
Die Einleitung der nun eingeleiteten Ermittlungen muss Dürr jedenfalls | |
erwartet haben. Die Behörden sind von Gesetzes wegen angehalten, bei | |
derartigen Hinweisen tätig zu werden. Ob Dürr den Ermittlern Namen nennt | |
und welche Folgen daraus erwachsen, ist nicht abzusehen. Österreichs | |
Anti-Doping-Agentur prüft außerdem, ob das Eigenblutdoping im Rahmen des | |
bereits sanktionierten Epo-Betrugs stattfand oder einen eigens zu | |
bestrafenden Tatbestand darstellt. | |
Der Anti-Doping-Beauftragte des immer wieder von Skandalen gebeutelten ÖSV, | |
Wolfgang Schobersberger, widersprach in der ARD-Dokumentation Dürrs | |
Darstellung: „Mir sind solche Fälle nicht bekannt. Einzeltäter wird es | |
immer geben, die entziehen sich aber meiner Kenntnis.“ ÖSV-Präsident Peter | |
Schröcksnadel behauptete, der ÖSV habe Dürr bereits wegen gleichlautender | |
Äußerungen „in einem Buch“ verklagt und es laufe ein Verfahren. Doch das | |
Buch von Prinz/Dürr kann Schröcksnadel nicht gekannt haben. Es erschien | |
erst nach der Ausstrahlung der ARD-Doku. | |
## Russische Athleten rehabilitiert | |
Eine zentrale Frage bleibt bisher unbeantwortet: Warum flog Dürr | |
ausgerechnet am Vorabend auf, da er zum großen Schlag ausholte? Er | |
beteuert, er habe sich dank fachmännischer Beratung an die „Regeln“ des | |
Dopingbetrugs gehalten, um nicht entdeckt zu werden. Ging beim Dopingtest | |
alles mit rechten Dingen zu, falls man hier von rechten Dingen sprechen | |
kann? Oder lief eine Intrige? Sotschi ging ja als Schauplatz des russischen | |
Staatsdoping in die Sportgeschichte ein. | |
Den 50-km-Langlauf gewann damals der Russe Alexander Legkow vor zwei | |
Landsleuten. 39 russische Athleten wurden später vom IOC wegen Dopings in | |
Sotschi gesperrt. Das Schweizer Bundesgericht wies nun am vergangenen | |
Wochenende eine Beschwerde des IOC gegen das Urteil des Internationalen | |
Sportschiedsgerichts Cas zurück. [2][Dieser hatte 28 Russen | |
freigesprochen,] der prominenteste von ihnen ist Legkow. | |
20 Jan 2019 | |
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[1] /Doping-in-Sotschi/!5047837 | |
[2] /Kommentar-Doping-Urteil/!5479277 | |
## AUTOREN | |
Johann Skojek | |
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