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# taz.de -- Kolumne Lost in Trans*lation: Wo bleibt die Empörung?
> Leid zu vergleichen mag nicht richtig sein. Aber die Doppelstandards bei
> Frauenmorden und Morden an Trans-Personen zu zeigen, ist wichtig.
Bild: Wie groß der Skandal ist, hängt oft davon ab, ob das Opfer eine Cis- od…
Vor zwei Jahren sagte ich auf einer Konferenz, dass die Reaktionen auf
Frauenmorde und Morde an trans Personen sehr unterschiedlich sind. Eine
andere Teilnehmerin von einer feministischen Organisation meinte: „Es ist
falsch, die Schmerzen gegeneinander auszuspielen.“
Ja, wir sollten auf keinen Fall das Leid miteinander vergleichen. Aber was
wir schon tun sollten: die Doppelstandards zeigen, die immer noch
vorherrschen. So wurde im türkischen Izmir kürzlich eine trans Frau namens
Hande Şeker in ihrer Wohnung erschossen. Der Täter war Polizist. Laut der
Anwaltskammer Izmir kam er als Freier in Şekers Wohnung, schoss um sich,
tötete dabei Hande Şeker und verletzte noch eine andere trans Frau, die
sich in der Wohnung befand. Laut Aussage der Verletzten soll der Polizist
beim Fliehen die Haustür abgesperrt haben, um zu verhindern, dass die
Verletzte sich Hilfe von draußen holen konnte.
Der Beamte, der bei der Polizeidirektion in Izmir arbeitete, wurde
inzwischen vom zuständigen Gericht für schuldig befunden und inhaftiert.
Interessant daran: Die Anwältin Deniz Yenikaya, die der LGBTI+-Kommission
von Izmir angehört, erzählte der queeren Plattform KaosGL, dass sie keinen
Einblick in die Akten zu dem Fall erhielt und dagegen klagen werde. Damit
die Identität des Polizisten nicht öffentlich werde, veranlasste die
Staatsanwaltschaft offenbar in Windeseile die Geheimhaltung seiner Akte.
## Transfeindlichkeit ist der gemeinsame Nenner
Das hielt regierungsnahe Medien nicht davon ab, über den Fall zu berichten.
Ein transfeindlicher Artikel nach dem anderen erschien, der Mord wurde als
„Streit“ dargestellt, die Frau beschuldigt, ihr Name veröffentlicht,
während der Polizist keine Erwähnung fand. Es ist klar, warum der Täter so
geschützt wird: Er ist Polizist, wird bald freikommen und
höchstwahrscheinlich auf ein anderes Revier versetzt, wo er seiner Arbeit
weiter nachgehen darf. Schockierend ist dabei vor allem, wie wenig sich die
türkische Gesellschaft dafür interessiert.
Während [1][Femizide, wenn es um cis Frauen] geht, inzwischen große
Empörung auslösen können, werden [2][Morde an trans Frauen] verschwiegen,
kleingeredet oder als Nachbarschaftsstreit dargestellt. Denn der gemeinsame
Nenner aller gesellschaftlichen Schichten ist Transfeindlichkeit.
Wenn es schon keine Entschädigung dafür gibt, dass Journalist*innen seit
Jahren trans Frauen zur Zielscheibe erklären: Wie schön wäre es, wenn sie
Morden an trans Frauen nachgingen, wenn sie ihre sexistische und
hassschürende Sprache änderten, aufhörten, trans Personen bei der Rasur
oder beim Make-up vor dem Spiegel zu zeigen und eigenartige Artikel zu
produzieren, nur damit es ein trans Thema gibt.
Wenn morgen wieder eine trans Frau getötet wird, werden sich die
Schlagzeilen nicht ändern. Denn was beständig bleibt, ist der Hass. Ich
möchte allen trans Personen, die Sexarbeit nachgehen müssen, um überleben
zu können, ein freies und langes Leben wünschen.
18 Jan 2019
## LINKS
[1] /Kommentar-Femizide-in-Deutschland/!5548734
[2] /Kolumne-Habibitus/!5550011
## AUTOREN
Michelle Demishevich
## TAGS
Lost in Trans*lation
Schwerpunkt Femizide
Schwerpunkt Türkei
Österreich
taz.gazete
Lost in Trans*lation
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