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# taz.de -- Wahlkampf in Hamburg: Ein bisschen Schulkrieg
> Die CDU lässt mit der Debatte um das Turbo-Abitur den alten Streit um die
> Schulstruktur aufleben. Die SPD sieht die Dringlichkeit des Themas nicht.
Bild: Thema aus der Mottenkiste: Aktivist*innen der Initiative „G9-Jetzt-HH�…
Hamburg taz | Mit einer Debatte über den „Wunsch nach längerem Lernen am
Gymnasium“ hat Hamburgs CDU-Fraktions-Chef André Trepoll in der
Bürgerschaft am Mittwoch den Vorwahlkampf eröffnet. Bereits seit Dezember
ist bekannt, dass die Partei, die bei 14 Prozent dümpelt, mit dem Thema
Turbo-Abitur in den Wahlkampf ziehen will. Groß ist die Hoffnung, das
Wunder von Schleswig-Holstein zu wiederholen: Dort hatte im Frühjahr 2017
CDU-Mann Daniel Günther auf die Meinungsforscher vertraut, die Abschaffung
des Turbo-Abiturs versprochen – und die Wahl gewonnen.
Trepoll, von anderen Parteien und auch aus eigenen Reihen für seinen
Vorstoß kritisiert, landete nun seinerseits einen Coup dank
Meinungsforschung: Laut einer Abendblatt-Umfrage von dieser Woche sind 76
Prozent der Hamburger dafür, zum Abitur nach neun Jahren (G9) am Gymnasium
zurückzukehren. Drum meldete er das Thema zur aktuellen Stunde an.
„Die Frage nach längerem Lernen, nach weniger Lernstress, auch die
beschäftigt die Menschen in unserer Stadt“, sagte der CDU-Mann und hielt
ein Pappschild mit „76 %“ hoch. Das sei eine bemerkenswerte Zahl. Die
G9-Frage sei keine Struktur- sondern eine Qualitätsfrage. „Diese Diskussion
wollen wir mit der Stadt führen.“ Der Bürgermeister wolle Bildung aus dem
Wahlkampf halten. Ihm selbst dagegen werde gesagt, er wolle einen „neuen
Schulkrieg“ auslösen. Doch „so geht es nicht“, sagte Trepoll. Debatten
müssten sein.
SPD-Fraktions-Chef Dirk Kienscherf konterte auch mit Umfragen: Das Thema
Bildungspolitik sähen die Hamburger im Wahlkampf gar nicht als dringend an,
„weil die gespürt haben, dass wir viel in Bildung investiert haben“. Die
CDU suche nach einem „Strohhalm“, um von den 14 Prozent wegzukommen. Auch
Schulsenator Ties Rabe (SPD) fragte: „Ist denn G8 wirklich so schlimm?“ Er
habe den Eindruck, es sei wie beim Brexit: „Man zündelt halt gern.“
Trepoll musste sich anhören, er bringe den vor zehn Jahren beschlossenen
„Schulfrieden“ in Gefahr. Denn das Abitur nach neun Jahren gibt es ja an
den 58 Stadtteilschulen der Stadt. Diese Verabredung hatte auch die CDU mit
auf den Weg gebracht und unterstützt. Beim CDU-Parteitag im Dezember, hatte
Schul-Fachfrau Birgit Stöver eindringlich gewarnt, eine Rückkehr zu G9 am
Gymnasium würde zu einem „Run“ führen, der dieses zu „einer Art
Gesamtschule“ mache und „der Einheitsschule Vorschub“ leiste.
In der Hoffnung, aus dem Umfragetief rauszukommen, „kapern Sie mal eben das
eigene Bildungsressort“, hielt Linken-Fraktions-Chefin Sabine Boeddinghaus
Trepoll vor.
In der Tat kam Stöver erst ganz am Ende zu Wort. Sie reihte sich aber in
die Linie ihres Fraktionschefs ein. „So wie es ist, kann es nicht bleiben.“
Viele Eltern beklagten am Gymnasium eine zu hohe Belastung für ihre Kinder
und sähen „die Stadtteilschule leider noch nicht als Alternative“.
Grund für eine Attacke der Linken auf die CDU. „Warum stellen Sie sich
nicht hinter die Stadtteilschule und werben für diese Schulformen“, fragte
Boeddinghaus. „Sie macht ’ne super Arbeit und führt genauso zum Abitur.“
Boeddinghaus kündigte an, sie werde 2019 ein ganz neues Schulgesetz
vorstellen, für ein inklusives Schulwesen in Hamburg, das die Zeit bis zum
Abitur flexibler gestaltet. Denn auch das jetzige Zwei-Säulen-Modell sei
„hoch selektiv“, weil jährlich hunderte Schüler das Gymnasium verlassen
müssen. Die segensreiche Wirkung des Schulfriedens sei „eine Mär“. Wenn S…
und Grüne nun mit CDU und FDP über eine Verlängerung des Schulfriedens
verhandelten, sollten sie daran denken, “wie sozial ungerecht dieses System
ist“.
17 Jan 2019
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Wahlkampf
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