# taz.de -- Die Mahnwache für die Potse: Ein Haus vieler Generationen | |
> Jung und Alt zusammen: Max (22) und Leila (20) und Grog (50) halten | |
> gemeinsam Mahnwache für den Erhalt des Jugendzentrums Potse. | |
Bild: Aktuelle Aktion am Jugendzentrum Drugstore an der Potsdamer Straße | |
Die Potse nennt sich Jugendzentrum. Der angetroffene Altersdurchschnitt bei | |
der Mahnwache am Donnerstag verwundert deshalb ein wenig. Die Mahnwache – | |
das sind drei ältere Herren vor der Tür, zwei junge Menschen unter der | |
Bushaltestelle (es schneit gerade!), Lebensmittel und Getränkekannen, die | |
sich an der Hauswand reihen. | |
Max, 22 Jahre alt, und Leila, 20, verlassen die Bushaltestelle, als der | |
Schnee eine Pause einlegt. Beide wollen ihre Nachnamen für sich behalten. | |
Sie haben in der Potse Musik gemacht, jetzt frischen sie die | |
Kreideschriften auf dem Gehweg auf: #potsebleibt, #mahnwache. | |
Nachdem Potse-Aktivisten ihre Schlüssel nicht wie vereinbart am 31. | |
Dezember zurückgegeben hatten, v[1][eranstalteten sie am Mittwoch eine | |
Kundgebung]. Danach begann eine Mahnwache. Ende unbekannt. | |
Einer der älteren Herren, er nennt sich Grog, erzählt, weshalb er als | |
50-Jähriger bei Eiseskälte für den Erhalt eines Jugendzentrums protestiert. | |
Er trägt Dreadlocks, einen langen Vollbart und einen Lederhut mit Nieten. | |
Seit 34 Jahren sei er verbunden mit diesem Ort, mit 16 sei er zum ersten | |
Mal ins Drugstore gekommen. Später seien seine Kinder hier ein- und | |
ausgegangen. | |
## „Stück persönliche Vergangenheit“ | |
Grog ist sein Künstlername, er ist Gitarrist. Er sagt: „Es geht um ein | |
Stück persönliche Vergangenheit, die mir genommen wird.“ Und erzählt kurz | |
seine Geschichte: „Ich wollte immer Gitarre spielen, aber habe mich nicht | |
getraut. Hier im Proberaum habe ich eine Gitarre in die Hand genommen. Und | |
niemand hat mich blöd angeschaut.“ Der Ort hat ihm die Scheu genommen, die | |
Angst vor negativen Urteilen. Scheitern erlaubt. | |
Auf einem der Plakate zum Vervollständigen, am Mittwoch aufgehängt und am | |
Donnerstag schon vollgeschrieben, steht: „Wir brauchen Jugendzentren, weil | |
sie die Möglichkeiten offenhalten, sich kreativ zu entwickeln.“ Immer | |
wieder bleiben Vorbeigehende stehen und lesen diese Plakate. | |
Und dann kommt Heidemarie Wenzel, 75 Jahre alt, pensionierte Lehrerin, | |
weiße Haare, türkiser Stirnband, türkise Handschuhe. Seit fast 40 Jahren | |
wohnt sie in Schöneberg. Sie hat eine Tüte und drei Becher Kaffee dabei. In | |
der Tüte: Bohneneintopf, Kohlsuppe und Paprikagemüse. Sie habe die | |
Potse-Aktivisten Mittwochabend im Fernsehen gesehen und sich gedacht: „Da | |
muss man sich kümmern. So geht man nicht mit jungen Leuten um.“ Zehn | |
Minuten nachdem sich Wenzel verabschiedet hat, kommt eine andere Frau mit | |
Lebensmitteln vorbei. | |
Ein Streifenwagen fährt langsam auf dem Busstreifen vorbei. Die Beamten | |
schauen skeptisch drein. Grog sagt dazu nur: „Wir haben mehr Sitzfleisch | |
als die.“ | |
3 Jan 2019 | |
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## AUTOREN | |
Volkan Ağar | |
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