# taz.de -- Streamingdienst löscht Comedy-Folge: Kunstfreiheit mit Einschränk… | |
> Der Comedian Hasan Minhaj übt in seiner Show Kritik am saudischen | |
> Kronprinzen. Netflix verpasst die Chance, Haltung zu zeigen, und beugt | |
> sich Riad. | |
Bild: Comedian Hasan Minhaj hat sich bisher noch nicht zu dem Vorfall geäußert | |
In den letzten Jahren hat Netflix es immer wieder geschafft, mit einem | |
Angebot an progressiven Produktionen zu glänzen. [1][In Serien wie „Dear | |
White People“] oder [2][„Sense8“ wurden Rassismus, Diversity und | |
nicht-heteronormative Sexualität] thematisiert. Auch in non-fiktiven | |
Formaten ging es oft um politische Themen. | |
Jetzt hat Netflix diesen fortschrittlichen Ruf in den Sand gesetzt, als es | |
davor zurückschreckte, für eins dieser Formate einzustehen: Eine Folge der | |
Show „Patriotic Act with Hasan Minhaj“ wurde nach Aufforderung der Behörden | |
in Saudi-Arabien vom Netz genommen, weil sie gegen ein Gesetz zur | |
Cyberkriminalität des Königreichs verstoße. | |
Was für ein Armutszeugnis. | |
In der fraglichen Episode nimmt der US-amerikanische Comedian Hasan Minhaj | |
den Fall Kashoggi zum Anlass, Saudi-Arabien, den Kronprinzen Mohammad bin | |
Salman und den Krieg im Jemen auseinanderzunehmen. Er kritisiert, [3][dass | |
der Prinz lange als Reformer galt] und nennt ihn einen Modernisierer der | |
„saudischen Diktatur“. | |
Heuchelei im Silicon Valley | |
„Wir unterstützen mit Nachdruck weltweit die Kunstfreiheit und haben die | |
Folge in Saudi-Arabien nur entfernt, nachdem wir eine rechtskräftige | |
Aufforderung erhalten haben“, [4][verteidigte sich Netflix dem | |
Online-Magazin TheWrap gegenüber]. | |
Dabei hätte der Streamingdienst hier die Chance gehabt, Haltung zu zeigen. | |
Mit der Löschung der Folge bestätigt er stattdessen einen der Kritikpunkte | |
von Minhaj: In den USA hüte man sich vor Konflikten mit dem Königreich. | |
Denn die USA profitieren nicht nur vom Öl- und Waffenhandel mit Mohammad | |
bin Salman. Der Kronprinz ist auch einer der Hauptinvestoren im Silicon | |
Valley. | |
Fast 11 Milliarden Dollar zahlte er laut Minhaj seit 2016 an | |
US-amerikanische Start-Ups. Unter anderem zum Beispiel an die Firma WeWork, | |
die weltweit Büroräume vermietet und zuletzt Schlagzeilen machte, [5][weil | |
sie ihren Mitarbeiter*innen nur noch vegetarisches Essen zahlt]. Die | |
Heuchelei der Firma kommentiert Minhaj mit den Worten: „Ihr seid also gegen | |
Schlachthäuser – es sei denn, sie sind im Jemen?!“ | |
Dass die Folge im Rest der Welt online bleibt, ist nur ein schwacher Trost, | |
denn gerade die saudische Bevölkerung sollte die berechtigte Kritik an | |
ihrem Prinzen zu sehen bekommen. Bisher kann sie das noch, [6][denn auf | |
YouTube lässt sich die Folge auch in Saudi-Arabien finden]. Zumindest | |
solange YouTube nicht auch einknickt. | |
2 Jan 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kolumne-Die-Couchreporter/!5416509/ | |
[2] /Petition-der-Woche/!5419903/ | |
[3] /Feminismus-in-Saudi-Arabien/!5465259/ | |
[4] https://www.thewrap.com/netflix-pulls-patriot-act-with-hasan-minhaj-episode… | |
[5] /Vegetarische-Ernaehrung-in-Unternehmen/!5522775/ | |
[6] https://www.youtube.com/watch?v=LUhbZdvtzcw | |
## AUTOREN | |
Maxie Römhild | |
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