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# taz.de -- Kommentar Friedensgespräche für Jemen: Frieden gibt es nur mit de…
> In Schweden verhandeln diejenigen, die den Jemen in einen sinnlosen Krieg
> gestürzt haben. Nur sie können ihn auch beenden.
Bild: Jemen, Marib: Anas al-Sarrari sitzt in einem Rollstuhl in seinem Haus. De…
Kriege können auf verschiedene Arten beendet werden. Etwa, wenn eine
überlegene Kriegspartei der unterlegenen ihre politische Ordnung für die
Nachkriegszeit aufzwingt. Das ist ein mögliches Szenario in Syrien, das
Baschar al-Assad mit Hilfe Russlands und des Irans fast vollständig wieder
militärisch kontrolliert und das er politisch von aller Opposition säubert.
Es wäre ein Szenario, das zunächst zwar die Kriegshandlungen beendet, aber
ob dies politisch nachhaltig ist, darf bezweifelt werden.
Die zweite Art, wie ein Krieg beendet werden kann, erleben wir derzeit
möglicherweise im Jemen. Dort reift scheinbar langsam bei beiden
Kriegsparteien, der Regierung von Abed Rabbo Mansur Hadi und seinen
saudischen Unterstützern und den Huthi-Rebellen und ihren iranischen
Sponsoren, die Einsicht, dass dieser Krieg nicht militärisch gewonnen
werden kann. Nach fast vier Jahren sinnlosen Krieges [1][sitzen sie nun in
Schweden am Verhandlungstisch], in der Hoffnung, dort jeweils mehr
erreichen zu können als auf dem Schlachtfeld.
Das Problem mit solchen Friedensverhandlungen ist stets, dass die Täter des
Krieges hier die einzige Hoffnung für dessen Ende darstellen. Denn im Falle
Jemen werden die Verhandlung genau von jenen Kriegsparteien geführt, die
das Land in die derzeit größte humanitäre Krise der Welt geführt haben.
Eigentlich gehörten sie alle vor ein internationales Gericht. Aber diese
menschengemachte humanitäre Katastrophe [2][kann nur von Menschen beendet
werden]. Leider sitzt die jemenitische Zivilbevölkerung in Schweden nicht
mit am Tisch.
Diese Zivilbevölkerung war immer nur eine Trumpfkarte im zynischen Spiel
der Kriegsparteien. Die Regierung und ihre saudischen Verbündeten hatten
offensichtlich kein Problem damit, die Einwohner der von den Huthi-Rebellen
kontrollierten Gebiete auszuhungern.
Das ist das größte Verbrechen dieses Krieges: Alle zehn Minuten verhungert
nach UN-Angaben im Jemen ein Mensch. Aber auch die Huthi-Rebellen sind
skrupellos. Sie benutzten die Bilder von verhungernden Kindern für ihre
eigene Propaganda und erhofften sich vom Aufschrei der internationalen
Hilfsorganisationen einen Vorteil, um ihre Position in diesem Krieg zu
verbessern.
## Seit vier Jahren Krieg
Wie wenig sich beide Seiten tatsächlich um die Kinder scheren, haben sie
immer wieder deutlich gemacht. Die Saudis bombardieren Schulen und die
Huthis rekrutieren Kindersoldaten. Das Ergebnis: Zwei Millionen
jemenitische Kinder haben seit Jahren keine Schule von innen gesehen.
Jetzt sitzen die Täter also statt in einem internationalen Gerichtssaal am
Verhandlungstisch in Schweden. Und auch dort denken sie zuerst an sich
selbst und bringen zunächst ihre Kämpfer in Sicherheit. Sie haben sich
bereits geeinigt, Verwundete auszufliegen und gefangene Soldaten
auszutauschen. Wieder stehen die Belange der Zivilbevölkerung erst in
zweiter Reihe. Man kann hoffen, dass die Unterhändler als nächstes einen
Waffenstillstand rund um den seit Wochen schwer umkämpften Hafen von
Hudaida aushandeln. Über diesen werden 80 Prozent der Hilfslieferungen
abgewickelt, von denen zwei Drittel der jemenitischen Bevölkerung abhängig
sind.
Das wäre dann das erste Verhandlungsergebnis, das für die Menschen im Land
tatsächlich einen Unterschied macht. Wenn dann noch die Saudis aufhören zu
bombardieren und die Huthis keine Raketen mehr nach Saudi-Arabien schießen,
dann wäre tatsächlich eine Deeskalation erreicht, auf deren Grundlage die
eigentlichen Friedensverhandlungen um die politische Zukunft des Landes
beginnen können. Aber davon sind der Jemen und seine Unterhändler noch
meilenweit entfernt.
Ach ja, es gibt noch einen dritten Weg, einen Krieg zu beenden.
Internationale Sanktionen gegen alle Kriegsparteien und ein Stopp von
Waffenlieferungen. Damit hätte man das jemenitische Desaster vielleicht
schon vorher aufhalten können. Denn dass der Krieg jetzt fast vier Jahre
andauert, liegt auch daran, dass man international in die andere Richtung
gesehen hat. Schließlich ist Saudi-Arabien gut fürs Waffengeschäft und die
jemenitischen Flüchtlinge kommen nicht nach Europa. Vielleicht gehört die
internationale Gemeinschaft hier also auch auf die Anklagebank. Aber mit
Anklagen beendet man keinen Krieg: Das können wie gesagt nur jene, die ihn
angerichtet haben.
9 Dec 2018
## LINKS
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## AUTOREN
Karim El-Gawhary
## TAGS
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Saudi-Arabien
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