# taz.de -- Der ultimative KandidatInnencheck: CDU sucht den Superstar | |
> AKK, Merz und Spahn im taz-Test: Wer ist am stylishsten? Wer kann | |
> Konservatismus? Wer wagt mehr Populismus? | |
Bild: Wer ist wohl die oder der Konservativste, Populistischste, Stylishste, Sc… | |
[1][Annegret Kramp-Karrenbauer], auch AKK genannt, 56 Jahre | |
Beruf, Funktion(en): [2][Generalsekretärin der CDU], davor von 2011 bis | |
Februar 2018 Ministerpräsidentin des Saarlands. | |
Einkommen: Nicht schlecht, aber [3][unterhalb ihrer Konkurrenten Merz und | |
Spahn]. Als CDU-Generalsekretärin wird Kramp-Karrenbauer bislang direkt von | |
der Partei bezahlt, die genaue Summe ist nicht bekannt. | |
Style: Aufgepeppter Spieß von der Stange, manchmal hübsch bunt. | |
Herkunft: Kleinstädtisches Kleinbürgertum mit klassischer Rollenverteilung | |
und saarländischer Prägung – Vater Sonderschullehrer, Mutter Hausfrau. In | |
Völklingen geboren und in Püttlingen aufgewachsen, einer Kleinstadt mit gut | |
18.000 EinwohnerInnen. Hier lebt sie mit ihrer Familie heute noch. | |
In der CDU: Seit 1981, und damit fast ihr ganzes Erwachsenenleben – und | |
zwar nicht nur in der Freizeit sondern auch, was die Lohnarbeit angeht. | |
Zumindest [4][sind bei Wikipedia] keine Jobs zu finden, die nicht mit ihrer | |
Partei in Verbindung stehen – von der Grundsatz- und Planungsreferentin der | |
CDU Saar direkt nach dem Studium bis zur Generalsekretärin. | |
Im Parlament: Von 1984 bis 2000 und nochmals von 2009 bis 2011 Mitglied im | |
Stadtrat von Püttlingen. Von März bis Oktober 1998 Mitglied des | |
Bundestages. Von 1999 bis März 2018 Mitglied des saarländischen Landtags. | |
Seitdem mandatslos. | |
Populistischster Spruch: „Wenn wir diese Definition [der Ehe als | |
Gemeinschaft von Mann und Frau] öffnen in eine auf Dauer angelegte | |
Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere | |
Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten | |
oder von mehr als zwei Menschen.“ (2015) | |
Stärkster Satz: „Der eine traut's sich zu. Die andere hat's bewiesen. Das | |
ist der Unterschied.“ (2018) | |
Peinlichste Momente: Steigt gerne im während des saarländischen Karnevals | |
im Saarland als Landtagsputzfrau Gretel in die Bütt – was allerdings nur | |
NichtkarnevalistInnen peinlich finden. | |
Konservativgrad: AKK gilt als die Mittigste der drei KandidatInnen mit | |
großer Nähe zu Merkel. Aber das stimmt nur sehr bedingt. Zwar ist sie eher | |
im sozialen Flügel der Partei zu Hause. Fortschrittlich ist sie deshalb | |
aber noch lange nicht, im Gegenteil: gesellschaftspolitisch tickt die | |
schwer katholische AKK sehr konservativ. Sie lehnt [5][die Ehe für alle | |
ab], zweifelt den Doppelpass an, will ein soziales Pflichtjahr wieder | |
einführen. Schon als saarländische Ministerpräsidentin schlug sie gegenüber | |
unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen einen härteren Kurs ein – sie | |
wollte eine Altersbestimmung per Röntgentest. | |
Für den Parteivorsitz nominiert von: CDU Saar | |
Prominente bekennende UnterstützerInnen: Peter Altmaier | |
(Bundeswirtschaftsminister), Daniel Günther (Ministerpräsident), Tobias | |
Hans (Ministerpräsident), Herbert Reul (NRW-Innenminister), Thomas de | |
Maizière (Ex-Bundesminister), Norbert Blüm (Ex-Bundesminister) | |
Tendenz: Könnte knapp werden. | |
Was wird aus ihr, wenn sie verliert? Vielleicht sucht sich einen Job | |
außerhalb der Politik, Menschen mit einem Magister in Politikwissenschaft | |
sind bekanntlich vielseitig einsetzbar. Oder sie steigt erst einmal | |
verstärkt in die Familienarbeit ein. Ihr Mann, ein Bergbauingenieur, der im | |
Augenblick die Hausarbeit schmeißt, könnte im Gegenzug aufstocken. Dass AKK | |
Generalsekretärin unter Merz wird, ist jedenfalls ausgeschlossen. Sie | |
selbst hat angekündigt, im Fall einer Niederlage nur noch ehrenamtlich für | |
die CDU zu arbeiten. Die Posten der stellvertretenden Parteivorsitzenden | |
sind übrigens auch ehrenamtlich. | |
***** | |
[6][Friedrich Merz], 63 Jahre | |
Beruf, Funktion(en): Rechtsanwalt, Lobbyist, Mitglied in diversen | |
Verwaltungs- und Aufsichtsräten,Vorsitzender der Atlantik-Brücke, Mitglied | |
im Präsidium des CDU-Wirtschaftsrats. | |
Einkommen: Kann nicht klagen. Nach eigenen Angaben ist er Millionär. Merz: | |
„Ich würde mich zu der gehobenen Mittelschicht in Deutschland zählen.“ | |
Style: Dezenter Millionärschick. Etwas konservativ, aber auch ein bisschen | |
leger. Manchmal sogar ohne Krawatte! | |
Herkunft: Nordrhein-Westfalen. Merz ist stolz darauf, „in achter Generation | |
in Brilon im Sauerland geboren und aufgewachsen“ zu sein. Alter | |
erzkonservativer Politadel: Josef Paul Sauvigny, der Großvater | |
mütterlicherseits, war von 1917 bis 1937 Bürgermeister von Brilon, zunächst | |
für die katholische Zentrumspartei. 1933 trat er der SA der Reserve bei, | |
1938 der NSDAP. Außerdem war er noch unter anderem in der | |
NS-Volkswohlfahrt, dem NS-Rechtswahrerbund und dem NS-Reichskriegerbund | |
aktiv. Merz: „Nach allem, was ich aus meiner Familie weiß, war mein | |
Großvater eine beeindruckende Persönlichkeit.“ Der Vater von Merz, der | |
lange Jahre dem Vorstand der CDU im Hochsauerlandkreis angehörte, trat 2007 | |
aus Protest gegen die Regierungspolitik Angela Merkels aus der CDU aus – | |
nach 51-jähriger Mitgliedschaft. | |
In der CDU: Seit 1972. Als Schüler engagierte er sich in der Jungen Union | |
für sein leuchtendes Vorbild Franz Josef Strauß und gegen die Ostpolitik | |
Willy Brandts. | |
Im Parlament: Von 1989 bis 1994 gehörte Merz dem Europaparlament an, | |
wechselte dann in den Bundestag, dessen Mitglied er bis 2009 war. Als | |
Nachfolger Wolfgang Schäubles übernahm er 2000 den Vorsitz der | |
Unionsfraktion, den er aber 2002 an Angela Merkel abgeben musste. | |
Populistischster Spruch: „Die Steuererklärung muss auf einen Bierdeckel | |
passen.“ (2003) | |
Stärkster Satz: „Das traue ich mir zu, die AfD zu halbieren – das geht.“ | |
(2018) | |
Peinlichste Momente: Im Dezember 2000 behauptete Merz in einem Interview, | |
in seiner Jugend ein richtig wilder Friedrich gewesen zu sein: „Ich hatte | |
schulterlange Haare, bin mit dem Motorrad durch die Stadt gerast, mein | |
Stammplatz mit zwei Freunden war die Pommesbude auf dem Marktplatz bei uns | |
um die Ecke, ich habe angefangen zu rauchen und Bier zu trinken.“ | |
Klassenkameraden erinnerten sich anders: „Schulterlange Haare? Merz? Nie im | |
Leben!“ Er habe auch kein Motorrad gehabt, nicht einmal ein Mofa oder | |
Moped. | |
Dem Berliner Obdachlosen Enrico J., der sein verlorengegangenes Notebook | |
gefunden hatte, ließ Merz 2004 als Finderlohn ein vom ihm verfasstes Buch | |
zukommen. Dessen Titel: „Nur wer sich ändert, wird bestehen. Vom Ende der | |
Wohlstandsillusion – Kursbestimmung für unsere Zukunft“. Kam nicht ganz so | |
gut an. Das Buch habe er sofort in die Spree geschmissen, [7][sagte Enrico | |
J. im taz-Interview]. | |
Konservativgrad: Er selbst beschreibt sich als jemanden, der von seiner | |
„ganzen Überzeugung und Neigung her ein Wirtschaftsliberaler, ein | |
Wertkonservativer und ein sozialpolitisch engagierter Mensch“, sei. Wobei | |
Letzteres eher nicht das Erste wäre, was zu ihm einfällt. | |
Für den Parteivorsitz nominiert von: CDU-Kreisverband Fulda, | |
CDU-Kreisverband Hochsauerland | |
Prominente bekennende UnterstützerInnen: [8][Wolfgang Schäuble | |
(Bundestagspräsident)], Günther Oettinger (EU-Kommissar), Roland Koch | |
(Ex-Ministerpräsident), Petra Roth (Ex-Oberbürgermeisterin) | |
Tendenz: Könnte knapp werden. | |
Was wird aus ihm, wenn er verliert? Dann dürfte sich Merz wieder auf das | |
konzentrieren, was er am besten kann: kräftig Kasse machen – getreu des | |
Titels seines 2008 – kurz vor seinem ersten Rückzug aus der Politik – | |
veröffentlichten Buchs: „Mehr Kapitalismus wagen“. | |
***** | |
[9][Jens Georg Spahn], 38 Jahre | |
Beruf, Funktion(en): Bankkaufmann, Bundesminister für Gesundheit | |
Einkommen: Als Minister verdient er derzeit 15.311 Euro brutto im Monat, | |
dazu kommt eine steuerfreie, jährliche Pauschale von 3.681 Euro | |
Style: Hipster mit Herkunft | |
Herkunft: Nordrhein-Westfalen, Westmünsterland, genau: Ottenstein, ein | |
Stadtteil von Ahaus. | |
In der CDU: Seit 1997. Mit 15 Eintritt in die Junge Union, mit 17 in die | |
CDU. Seither: JU-Kreisvorsitzender, CDU-Kreisverbandschef. Seit 2014 | |
CDU-Präsidiumsmitglied (qua Kampfkandidatur) | |
Im Parlament: Von 1999 bis 2009 Mitglied im Rat der Stadt Ahaus, danach bis | |
2015 Mitglied im Kreistag von Borken. 2002 war er der jüngste direkt | |
gewählte Bundestagsabgeordnete. Seitdem viermal direkt wiedergewählt. War | |
von 2015 bis 2018 Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium. | |
Populistischster Satz: „Wenn es um das Leben von Tieren geht, da sind | |
einige, die jetzt für Abtreibungen werben wollen, kompromisslos.“ (2018) | |
Stärkster Satz: „Wenn man mit 38 noch blutjung ist in der CDU, dann ist das | |
vielleicht Teil des Problems.“ (2018) | |
Peinlichster Moment: Twitter-Selfie von Ehemann Daniel, zu Hause bei Trumps | |
neuem Botschafter in Deutschland Richard Grenell, dessen Partner Matt | |
Lashey und Hundedame Lola. | |
Konservativgrad: Er wird zum konservativen Flügel der CDU gezählt, was er | |
auch immer wieder mit flotten reaktionäre Sprüche über Flüchtlinge und | |
MigrantInnen zu untermauern versucht. Allerdings war der „konservative | |
Rebell“ für den rechten Parteiflügel, der ihn eine Zeitlang bejubelte, | |
stets nur eine Notlösung. Denn hier steht letztlich dann doch ein | |
heterosexueller dreifacher Familienvater, der die „traditionellen Werte“ | |
beschwört, deutlich höher im Kurs als der mit einem Mann verheiratete | |
Spahn. | |
Für den Parteivorsitz nominiert von: CDU Borken | |
Prominente bekennende UnterstützerInnen: Daniel Funke (Ehemann und Leiter | |
des Bunte-Hauptstadtbüros), Georg Spahn (Vater), Ulla Spahn (Mutter). | |
CDU-Kreisverband Steinfurt I – Borken I. | |
Tendenz: Dritter von mindestens vier KandidatInnen; ein Achtungserfolg, der | |
ihm noch nützen dürfte. | |
Was wird aus ihm, wenn er verliert? Dann bleibt er | |
Bundesgesundheitsminister – und wartet auf seine nächste Chance. | |
7 Dec 2018 | |
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