# taz.de -- Forderungen an den Berliner Senat: Mehr tun gegen Antisemitismus | |
> Um Antisemitismus zu bekämpfen, sollte das Land einen eigenen Beauftragen | |
> einrichten, fordert ein Bündnis. Bis Februar soll darüber entschieden | |
> werden. | |
Bild: Demonstration am Brandenburger Tor im November | |
Das Land Berlin muss deutlich mehr gegen Antisemitismus unternehmen: So | |
sollte die Aufklärung darüber Querschnittsthema im Bildungsbereich von der | |
Kita bis zur Universität werden; die Hochschulen müssten sich viel | |
umfassender in Forschung und Lehre damit befassen; der Senat sollte die | |
Stelle eines Landesantisemitismusbeauftragten mit Budget einrichten. Diese | |
Forderungen präsentierte der Berliner Arbeitskreis gegen Antisemitismus | |
nach einjähriger Arbeit am Freitag vor Journalisten. | |
Dem Arbeitskreis gehören Vertreter jüdischer Institutionen und Gemeinden, | |
von Gedenkstätten, Wissenschaftseinrichtungen und zivilgesellschaftlichen | |
Organisationen an. Er war auf Initiative der Staatssekretärin für | |
bürgerschaftliches Engagement, Sawsan Chebli (SPD), nach mehreren | |
antisemitischen Vorfällen gegründet worden. | |
Die Forderungen sollen in das so genannte Handlungskonzept Antisemitismus | |
einfließen, das der Senat laut Chebli bis Ende Februar 2019 fertiggestellt | |
haben will. Sie geht davon aus, dass vieles daraus übernommen wird. Bereits | |
im Mai hatte das Abgeordnetenhaus die Einsetzung eines „Ansprechpartners“ | |
für Antisemitismus vom Senat gefordert. | |
„Der Antisemitismus ist lauter, aggressiver und unverhohlener geworden“, | |
stellte Chebli fest; Tabus würden aufgebrochen, sagte sie und verwies auf | |
erstarkte rechte Radikale wie „Höcke und Co.“ Antisemitismus sei eine | |
Gefahr für die Demokratie, weil er „elementare Bereiche des Zusammenlebens“ | |
beeinträchtige. Den Antisemitismus unter Muslimen dürfe man nicht schön | |
reden, betonte sie. Aber man dürfte nicht der AfD auf den Leim gehen und | |
die Kriminalisierung der Muslime forcieren: Antisemitismus gebe es auch in | |
anderen Bevölkerungsgruppen. | |
Die Zahl antisemitischer Angriffe sei „dramatisch hoch“, sagte Deidre | |
Berger, Direktorin des American Jewish Comittee Berlin. In Berlin führte | |
sie das aber auch auf das erhöhte Bewusstsein bei Betroffenen wie Polizei | |
zurück, die gemeldete Fälle korrekt einordne. Deidre forderte den Senat | |
auf, die jährliche, überwiegend antisemitische Al Quds-Demo zu verbieten | |
oder zumindest mit scharfen Auflagen zu versehen. | |
Ein zentraler Bereich, um gegen Antisemitismus vorzugehen, sei die Bildung, | |
erklärte Elke Gryglewski, stellvertretende Direktorin des Haus der | |
Wannseekonferenz. Gedenkstätten wie diese ermöglichten, die Kontinuität des | |
Antisemitismus zu erkennen, den es lange vor dem Holocaust in Deutschland | |
und Europa gab. „Jedes Kind, das will, muss eine entsprechende Gedenkstätte | |
besuchen können.“ Lehrer sollten deswegen besser über deren Angebote | |
informiert, bürokratische Hürden abgebaut werden. Und künftig müsse das | |
Thema nicht mehr nur in der Oberschule und nicht mehr nur auf Fächer wie | |
Geschichte und Ethik beschränkt behandelt werden. | |
Ausgebaut werden müssen auch Kontaktmöglichkeiten. Vielen Berlinern sei die | |
Jüdische Kultur unbekannt, sagte Sergey Lagodinsky von der Jüdischen | |
Gemeinde zu Berlin; es gebe schlicht zu wenig Juden, um diese zu | |
vermitteln. Deswegen brauche es weitere „Botschafter“: etwa Lehrer und | |
Museen. Um Antisemitismus erfolgreich zu bekämpfen, müsse die Aufklärung im | |
„Mainstream“ landen. Ziel sei es letztlich, dass „Juden überall in der | |
Stadt mit Kippa ohne Angst unterwegs sein können“, sagte Chebli und fügte | |
hinzu: „Dafür zu sorgen, ist unsere verdammte Verpflichtung.“ | |
14 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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